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14.12.18 / Dynamit aus der Luft / Von Armut und Erfindungsreichtum – Der Autor John Steinbeck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-18 vom 14. Dezember 2018

Dynamit aus der Luft
Von Armut und Erfindungsreichtum – Der Autor John Steinbeck
Harald Tews

Südlich von San Francisco gibt es eine Gegend, die nach einem Schriftsteller bezeichnet wird. Steinbeck Country nennt man auch den Land­strich um den früheren Fischerort Monterey und der Stadt Salinas. Hier spielen die Geschichten, mit denen der vor 50 Jahren gestorbene John Steinbeck zu Ruhm und Nobelpreis gekommen ist: der Schelmenroman „Tortilla Flat“, die kleine Erzählung „Von Mäusen und Menschen“, der mit Henry Fonda verfilmte Roman „Früchte des Zorns“ oder das heitere Episodenwerk „Die Straße der Ölsardinien“. 

Diese Bücher bilden das Rück­grat des Werkes von Steinbeck, dem die Literaturkritik ansonsten nicht jene Anerkennung zollt wie für seine etwa gleichaltrigen US-Kollegen und Nobelpreisautoren Hemingway oder Faulkner. Als Steinbeck 1962 mit dem Preis ge­adelt wurde, galt er als Kompromisskandidat. Eine der Favoriten war die Dänin Tanja Blixen („Jenseits von Afrika“), die aber kurz vor der Entscheidung des Preiskomitees verstarb.

Der Preis verhalf Steinbeck zu einer weltweiten Popularität. Wer­ke wie „Von Mäusen und Menschen“, das über eine tragisch endende Freundschaft zwischen zwei geistig und körperlich grundverschiedenen Wanderarbeitern erzählt, zählt hierzulande zur Schullektüre. Sein Hauptwerk „Früchte des Zorns“ brachte es allein in den USA auf eine Auflage von mehr als 14 Millionen Exemplaren. Diese Popularität hat es auch John Fords überragender und mit zwei Oscars prämierter Verfilmung zu verdanken, die 1940 nur ein Jahr nach der Buchveröffentlichung entstand.

Überhaupt entstanden in der Zeit, als es Steinbeck und den USA schlecht ging, die besten seiner Werke. Zu Beginn der 1930er Jahre, als es in den USA mit der „Großen Depression“ wirtschaftlich den Bach hinunterging, muss­te sich der 1902 im kalifornischen Salinas geborene Sohn eines deutschstämmigen Arbeiters selbst mit Gelegenheitsarbeiten durchschlagen. Nur mit Unterstützung von Familienmitgliedern konnte er seine ersten Werke schreiben. Als er durch seine Ro­manerfolge finanziell übern Berg war und die Nähe zur Politik suchte – mit Präsident Lyndon B. Johnson stand er auf gutem Fuß –,

ging es kreativ mit ihm bergab. 

Der Erfolg machte den anfangs mit den Kommunisten sympathisierenden Sozialkritiker zum Ka­pitalisten und der Krieg den Sozialromantiker zum Patrioten. Tiefpunkt war 1942 sein Propagandaroman „Der Mond ging unter“, in dem Widerständler von alliierten Flugzeugen aus mit Dynamit versorgt wurden, das sie gegen die feindlichen Deutschen einsetzen sollten. Diese Anleitung zur Sabotage haben die Briten 1944 in die Tat umgesetzt, als sie über Hessen mittels Minifallschirmen eine Art Molotowcocktail für Attentäter abwarfen. Steinbecks Vorschlag, Hitler-Deutschland mit Falschgeld zu überschwemmen, wurde hingegen vom Militär abgelehnt.

Fast zur alten Frische lief Steinbeck 1952 mit dem Roman „Jenseits von Eden“ auf, der vor allem durch die legendäre Verfilmung mit James Dean populär wurde. Sein letzter vollendeter Roman „Der Winter unseres Missvergnügens“, der die Schattenseiten des Kapitalismus thematisiert und im Titel auf den Anfang von Shakespeares „Richard III.“ anspielt, ist zum 50. Todestag Steinbecks – er starb am 20. Dezember 1968 in New York – in deutscher Übersetzung bei Manesse erschienen (608 Seiten, mit Anmerkungen sowie einem Nachwort von Ingo Schulze, 25 Euro).