19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.12.18 / »Kant-Haus« in Judtschen als Museum eröffnet / Putins Verfügung von 2016 wurde umgesetzt – Feierliche Eröffnung fand im August statt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-18 vom 14. Dezember 2018

»Kant-Haus« in Judtschen als Museum eröffnet
Putins Verfügung von 2016 wurde umgesetzt – Feierliche Eröffnung fand im August statt
Manuela Rosenthal-Kappi

Es riecht nach frischer Farbe und Lack, alles ist hell, luftig und sauber. Beim Betreten des „Kant-Hauses“, das im August dieses Jahres feierlich als Museum eröffnet wurde, werden die Gäste von freundlichem Museumspersonal empfangen. 

Um das ehemalige Pfarrhaus, in dem der junge Immanuel Kant von 1747 bis 1750 als Hauslehrer beim Pastor Daniel Ernst Andersch und beim Schulmeister Johann Jacob Chalet arbeitete, gab es bereits viel Lärm und zuletzt einen Skandal, der am Ende half, den Wiederaufbau des Gebäudes zu beschleunigen. 2015 wurde das damals noch baufällige Kant-Haus mit dem Spruch „Kant ist ein Trottel“ beschmiert. 

Als Täterin wurde eine Schülerin ermittelt. Der Skandal fand  in den Massenmedien Niederschlag und rüttelte offenbar die Verantwortlichen in Königsberg auf, endlich etwas gegen den weiteren Verfall des Hauses zu unternehmen. Für die Rekonstruktion wurden plötzlich Mittel aus dem Reservehaushalt des Präsidenten, umgerechnet zirka 650000 Euro, lockergemacht. Präsident Wladimir Putin, der bereits 2013 angeregt hatte, die Symbolkraft Kants für die Region stärker zu fördern, verfügte höchstpersönlich, das Pfarrhaus wiederherzustellen. Ein Bild des Präsidenten mit der entsprechenden Verfügung ist in den Räumen ausgestellt. 

Die Museumsräume beherbergen überwiegend Bücher und Bilder des deutschen Philosophen sowie eine Dokumentation der Wiederaufbauarbeiten mit zahlreichen Fotos, Zeichnungen und Erläuterungen. Leider gibt es keine deutschen Texte, sondern neben den russischen nur wenige englische Erklärungen. Es gibt ein interaktives Spiel „Kennt Ihr die Biografie Kants?“ Dabei handelt es sich um einen Bildschirm, auf dem man sich durch zehn Fragen mit jeweils vier Antwortmöglichkeiten durchklickt. Leider richtet sich dieses Spiel bislang nur an Russen, denn es fehlen deutsche oder englische Varianten.

Drei alte Kachelöfen, die aus Insterburg, Tilsit und Gumbinnen stammen, sind in den Räumen ausgestellt. Sie sollen sogar noch funktionstüchtig sein. Vor dem Krieg waren acht solcher Öfen notwendig, um das Pfarrhaus zu heizen.

Kant bewohnte ein kleines Mansardenzimmer in Obergeschoss des Hauses. Zurzeit stehen diese Räume noch weitgehend leer. Man sieht die Fachwerkkonstruktion, und eine Stuhlreihe vor einem Bildschirm lädt dazu ein, sich Dokumentarfilme über Kant anzuschauen. Ein kleinerer Raum dient als Außenstelle des Standesamts. Heiratswillige können sich hier trauen lassen. Die Rekonstruktionsarbeiten hat eine Spezialfirma aus Moskau ausgeführt. Original ist lediglich der Keller des Hauses. Wer sich die schmale Treppe zu den niedrigen Deckengewölben hinunterwagt, atmet den Geruch alter Ziegelmauern ein. 

Das neue Kant-Museum zeichnet sich dadurch aus, dass es das einzige ist, das sich an einem Ort befindet, an dem sich der Philosoph wirklich aufgehalten hat. Laut den Betreibern ist die jetzige Ausstellung eine vorläufige. 2019 soll sie überarbeitet werden, und zum 300. Kant-Geburtstag 2024 sollen zwei Gebäudeflügel fertiggestellt sein, in denen es neben einem Café und einem Konferenzsaal auch Hotelzimmer gibt.