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21.12.18 / Frankreich wird zum Euro-Risiko / Mit seinen Zusagen an die »gelben Westen« ermutigt Macron andere Schuldensünder – Rom ist begeistert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-18 vom 21. Dezember 2018

Frankreich wird zum Euro-Risiko
Mit seinen Zusagen an die »gelben Westen« ermutigt Macron andere Schuldensünder – Rom ist begeistert
Norman Hanert

Mit den Protesten der „gelben Westen“ ist Frankreich unversehens in die Rolle eines Sorgenkinds der Euro-Zone gerückt. Stark profitieren kann davon die italienische Regierung. 

Bereits mit den Zusagen, die Präsident Emmanuel Macron gegenüber der Protestbewegung gemacht hat, wird Frankreich mit dem nächsten Staatshaushalt die erlaubte Defizitgrenze deutlich überschreiten. Vor Beginn der Protestwelle hatte das Land ein Defizit für 2019 von 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geplant. Parlamentspräsident Richard Ferrand sagte dem „Journal du Dimanche“ vor Kurzem, er rechne nun mit einem Defizit von 3,4 Prozent. 

Zugesagt hat Macron unter anderem einen monatlichen 100-Euro-Aufschlag für die meisten Mindestlohnverdiener, eine steuerfreie Weihnachtsprämie für mittlere Einkommen und den Verzicht auf Steuererhöhungen für Menschen mit geringer Rente. Insgesamt geht es dabei um rund zehn Milliarden Euro. 

Der aus Frankreich stammende EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte, ein Überschreiten der Defizit-Zielmarke durch sein Heimatland könne toleriert werden, solange es sich um ein zeitweises Problem handle. Moscovici dürfte es mit dieser Argumentation der EU-Kommission noch schwerer gemacht haben, Defizitsünder zur Räson zu bringen. 

Bereits seit Wochen schwelt etwa zwischen Rom und der Brüsseler EU-Kommission ein Streit um den nächsten Staatshaushalt für Italien. Die EU will gegen Rom sogar ein Defizitverfahren einleiten. Verletzt nun auch Paris die Regeln des Stabilitätspakts, bedeutet dies Rückenwind für die Pläne der italienischen Regierung. 

Die Regierung in Rom sieht die jüngste Entwicklung in Frankreich offenbar auch als außenpolitische Chance. Italiens Vize-Premier Matteo Salvini sagte vor Korrespondenten der Auslandspresse in Rom: „Europa kann zuallererst durch den Dialog zwischen Berlin und Rom wiederbelebt werden.“ Aus Sicht Salvinis hat die deutsch-französische „Achse“ der europäischen Gemeinschaft „nicht viel Positives gebracht“. Der Lega-Chef sagte, ihm schwebe stattdessen eine deutsch-italienische „Achse“ vor. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint indessen weiterhin auf eine strategische Partnerschaft mit Frankreich zu setzten: Bereits seit 2017 drängt Macron auf einen eigenen Haushalt für die Euro-Zone. Gegen dieses Lieblingsprojekt des Franzosen haben sich Österreich, die Niederlande und auch das Nicht-Euro-Land Polen lange quergestellt. Nach langem Ringen haben sich die deutsche und die französische Regierung jedoch unlängst auf ein solches Budget für die Euro-Länder geeinigt. Es soll innerhalb des EU-Haushalts angesiedelt werden. 

Über den Umfang dieses zusätzlichen Budgets soll erst im Zuge der Verhandlungen über den nächsten EU-Finanzrahmen entschieden werden. Als Zweck des neuen Mechanismus wird die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Annäherung zwischen den Mitgliedstaaten angeführt. 

Mit dem Haushalt für die Euro-Zone entsteht indes vor allem ein weiterer Topf für Transferzahlungen. Auf ihrem jüngsten Gipfel haben die EU-Staats- und Regierungschefs überdies weitere Beschlüsse gefasst, die weitreichende Folgen zeitigen können. Auf den Weg gebracht wurde eine Stärkung des Euro-Rettungsfonds ESM und ein Auffangnetz zur Ab­wicklung von Pleitebanken. Beim Gipfel wurden diese Maßnahmen als Reformschritte zur Stärkung des Euro dargestellt. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings auch, dass aus deutscher Sicht  bei einem Auseinanderbrechen der Währungsunion das Verlustrisiko weiter ansteigt. Diese Entwicklung zeichnet sich auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) immer mehr ab. 

Der EZB-Rat beschloss unlängst das Ende der Nettozukäufe im Zuge ihres Anleihenkaufprogramms ab 2019. Allerdings ist damit das umstrittene Programm, das zu einer Ausweitung der Geldmenge führt, damit keineswegs beendet. Papiere, deren Laufzeit abläuft, sollen weiterhin durch neue Ankäufe ersetzt werden. Der Umfang der Anleihen in der aufgeblähten EZB-Bilanz wird damit zunächst abgebaut werden. Seit März 2015 hat die EZB 2,6 Milliarden Euro in die Märkte gepumpt, indem sie Anleihen von Unternehmen und Staaten angekauft und so deren Schulden in die eigenen Bücher genommen hat. 

Gegen die Anleihekäufe hatten mehrere Euro-Kritiker, darunter Peter Gauweiler (CSU), der AfD-Gründer Bernd Lucke und der Berliner Finanzprofessor und Jurist Markus Kerber geklagt. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer 2017 ebenfalls Bedenken geäußert. Zugleich legten die Karlsruher Verfassungsrichter den Fall aber zur weiteren Prüfung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. 

Dieser urteilte nun, dass die Prüfung „nichts ergeben hat“, was die Gültigkeit des Kaufprogramms „beeinträchtigen“ könnte. Aus Sicht der Luxemburger Richter hat die EZB mit ihren Anleihekäufen weder ihr Mandat überschritten noch gegen das Verbot der Staatsfinanzierung verstoßen.