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21.12.18 / Christbaumschmuck im Wandel der Zeiten / Sonderausstellung bis zum 3. März im Deutschen Historischen Museum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-18 vom 21. Dezember 2018

Christbaumschmuck im Wandel der Zeiten
Sonderausstellung bis zum 3. März im Deutschen Historischen Museum
Dirk Klose

Auch im Deutschen Historischen Museum (DHM) ist es nun weihnachtlich geworden. Im Zeughaus am Prachtboulevard Unter den Linden wurde zwischen Frühsozialismus und Paulskirchenparlament von 1848 ein Kabinett freigeräumt für die Ausstellung 

„Engel, Hakenkreuz, Felsendom – Christbaumschmuck vom 19. Jahrhundert bis heute“. Aus eigenen Beständen und einer kürzlich erworbenen Sammlung aus Frankfurt zeigt das DHM an rund 500 Stücken, dass Christbaumschmuck keineswegs immer nur Zierde des Weihnachtsbaums war, sondern oft genug auch politisch vereinnahmt wurde. Ungewohnt publikumsfreundlich zeigt sich das Museum insofern, als die zahlreichen Vitrinen mit den Ausstellungsstücken von stilisierten grünen und roten Weihnachtsbäumen eingerahmt sind, was diesem Raum in der Tat so etwas wie ein weihnachtliches Flair gibt. 

Der Tannen- oder Weihnachtsbaum eroberte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr die Wohnstuben, ihn zu schmü-cken wurde bald zur Gewohnheit. Als Schmuck dienten vor allem Glaskugeln und geschnitzte Holzfiguren mit biblischen Motiven, also Krippe, Maria und Josef, Hirten und Engel, die bald an der Spitze standen. Das DHM präsentiert in mehreren Vitrinen einige ältere Stücke, die auch zeigen, dass man sich schon bald nicht mehr nur mit einfachen Glaskugeln begnügte, sondern dass mehr und mehr auch – oft winterliche – Motive wie verschneite Tannen oder Schlittenfahrten darauf Platz fanden. Viele dieser Glaskugeln kamen aus dem thüringischen Lauscha, einer ärmlichen Region mit langer Glasbläser-tradition, die, auch das zeigt das DHM, durch die rasant steigende Nachfrage und technische Innovationen bei der Glasgewinnung aus der ärgsten Not heraus kam. 

Die ursprüngliche „Naivität“ beim Christbaumschmuck ging im 20. Jahrhundert verloren. Zu groß war die Verlockung, das emotionale Weihnachtsfest auch politisch und weltanschaulich zu nutzen. Das DHM bringt dafür Beispiele. Von dem Anthroposophen Rudolf Steiner beispielsweise werden als Baumschmuck 14 anthroposophische Weihnachtszeichen wie Dreieck, Kreis, Halbmond und Quadrat als Symbole fernöstlicher Weisheit gezeigt, heute ganz ungewöhnliche und seltene Ausstellungsstücke. Gleich daneben aus der Zeit des Ersten Weltkrieges ein Karton mit versilberten Baumkugeln, die Handgranaten, Minen und Artilleriegeschossen nachgebildet sind. Wer den europäischen Antikriegsfilm „Merry Christmas“ aus dem Jahre 2005 über den sogenannten Weihnachtsfrieden gesehen hat, weiß um die Mini-Weihnachtsbäume, die den deutschen Soldaten an die Front geschickt wurden. Auch von diesen zeigt das DHM ein Exemplar. 

Extremer wurde die Vereinnahmung im NS-Regime, das teilweise das christliche Fest durch ein nordisches Julfest mit entsprechendem Julschmuck zu ersetzen suchte. Die Ausstellung zeigt pars pro toto eine mit dem Hakenkreuz verzierte Weihnachtsbaumspitze und Kugeln mit Hakenkreuz. Die regelmäßig im Dezember laufende Reichsstraßensammlung des Winterhilfswerks (ab 1939 Kriegswinterhilfswerk) dokumentiert das DHM mit Sammelbüchsen, Abzeichen und einer Übersicht zur Struktur dieser seinerzeit in ganz Deutschland durchgeführten Aktionen. Spender wurden mit kleinen Holzfiguren aus dem armen Erzgebirge, die Hirten, den Weihnachtsmann oder Tieren darstellten, belohnt. Diese hier zu sehenden Figuren ähneln unübersehbar denen, die sonst für Pyramiden und Kurrenden verwendet wurden. Aus neuerer Zeit ist das Erzgebirge mit einem großen Weihnachtsengel präsent, der im offfiziellen Sprachgebrauch der DDR zur „Jahresendflügelfigur“ mutiert sein soll.

Den wohl wertvollsten Weih-nachtsbaumschmuck zeigt die Ausstellung am Beispiel der Feier in jüdischen Familien. An einem stilisierten kleinen Baum sind jüdische Heiligtümer zu sehen, so der siebenarmige Leuchter, die Gesetzestafeln und der Felsendom als kunstvoll gefertigter Glasschmuck. 

Die Ausstellung endet mit einer den Weihnachtsbaum imitierenden großen Installation der Künstler Evi Wiedemann und Ulrich Vogl mit 250 Objekten aus aller Welt. Sie ist Blickfang und Hauptattraktion dieser weih-nachtlichen Schau. Tiger, Elefanten, Rennautos und Flugzeuge zeigen, dass Christbaumschmuck mittlerweile globale Ausmaße erreicht hat. Der Besucher erlebt eine sensibel aufeinander abgestimmte Schau, die sowohl eine naive Freude an Schmuck und Dekor als auch eine agitatorisch eingesetzte Verwendung von Symbolen verrät.


Nähere Informationen über die bis zum 3. März im DHM zu sehende Ausstellung „Engel, Hakenkreuz, Felsendom – Christbaumschmuck vom 19. Jahrhundert bis heute“ sind erhältlich beim Deutschen Historischen Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin, Telefon (030) 20304-0, E-Mail: info@dhm.de, www.dhm.de