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21.12.18 / Von der »Schönheit« des Denunzierens / Linksradikale Gruppe bläst im Internet offen zur persönlichen Hatz auf »Gesinnungskranke«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-18 vom 21. Dezember 2018

Von der »Schönheit« des Denunzierens
Linksradikale Gruppe bläst im Internet offen zur persönlichen Hatz auf »Gesinnungskranke«
Günter Scholdt

Bei der Verfolgung Andersdenkender fallen bei manchen Linksradikalen die letzten Hemmungen. Unter dem fadenscheinigen Siegel von „Kunst“ und „Satire“ soll die wirtschaftliche Existenz von Kritikern des Regierungskurses zerstört werden.

Die jüngste Infamie durchgeknallter Aktivisten unter der Firmenbezeichnung „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS) ist beendet. Während ihres mehrtägigen Denunzianten-Festivals wurden Fotos von einer Chemnitzer Demonstration gegen Fremdengewalt per Gesichtserkennungssoftware gemustert, Teilnehmer namentlich ermittelt und in politischen Quasi-Steckbriefen der Öffentlichkeit bekannt gemacht. 

Auch rief man, gesteigert durch Geldprämien, dazu auf, weitere Falschfühler zu identifizieren und diese ihrem Arbeitgeber zu melden. Der perverse Online-Pranger, dessen grotesker „Satire“-Anspruch keine Sekunde des Nachdenkens verdient, ist inzwischen abgeschaltet. Gleichzeitig feierten ihn seine Initiatoren als großen datenmäßigen Fahndungserfolg gegenüber vermeintlich rechtsextremistischen „Gesinnungskranken“. 

Man könnte dies als eine der üblichen Entgleisungen unserer sogenannten „Zivilgesellschaft“ abhaken. Doch gab es ausnahmsweise sogar Bedenken im Mainstream. Selbst Hardlinern der regierungsnahen Medien oder Parteien war dieses brachiale Vorgehen ein wenig peinlich. Ganz so degoutant, so offensichtlich von Stasi- oder Nazi-Praktiken abgekupfert, sollte der Kampf um die Deutungsmacht in diesem Land aus Imagegründen eigentlich nicht erscheinen. Lieber profitiert man (wie beim arbeitsteiligen Polizeiverhör) indirekt von den heimlich alimentierten bad guys „antifaschistischer“ Sudelmoralisten und ihrer Straßengewalt. 

Für sich selbst favorisiert man subtilere Gemeinheiten in der Biedermann-Maske des „good guy“. Unsere „Qualitätsmedien“ scheuten daher meist den offenen Schulterschluss mit dieser Chemnitzer Obszönität. Doch – wie eine analytische Presseschau noch weiter zeigen könnte – blieb eine konzertierte unmissverständliche Absage an solchen totalitären Rück­fall aus, was, platzbedingt hier leider nur stellvertretend am Beispiel der „FAZ“ belegt wird. 

Darin positionierte sich Reinhard Müller am 5. Dezember am deutlichsten: „Sollte das Chemnitzer Beispiel Schule machen, dürfte das Vermummungsverbot wohl nicht zu halten sein. Oder es wird sich niemand mehr versammeln. Schöne neue digitale Welt.“ 

Das ist richtig, gilt jedoch nur fürs systemkritische Lager. Denn das linksgrüne bleibt ja, solange es auf Steine oder Brandsätze verzichtet, gänzlich unbehelligt, für welche Abstrusität auch immer demonstriert wird. Insofern verfehlt sein Schlusssatz den Problemkern. Denn nicht der digitale „Fortschritt“ bedingt den Skandal. Vielmehr liegt die wirkliche Ursache darin, dass wir hierzulande höchstoffiziell eine Schnüffelgesinnung inthronisiert haben, die Unangepasste zu Parias stempelt. 

Einen Tag zuvor hatte Kolja Reichert Stellung bezogen. Er wenigstens spürte den „Beigeschmack der Feme“ (warum nur Beigeschmack?) und stieß sich an der verbalen „Pathologisierung“ der Regierungskritiker als „Gesinnungskranke“. Auch das Anschwärzen beim Arbeitgeber hielt er für anrüchig, nur begründete er diese Schufterei geradezu aberwitzig: „Ob damit der allseitige Rückgang staatlicher Förderung für zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rechtsextremismus aufgewogen werden kann?“ Wo bitte wäre aktuell dergleichen zu beobachten angesichts hunderter von Initiativen gegen ein ominöses „Rechts“? Auf welchem Planeten lebt Reichert? 

Immerhin folgt der Satz: „Das Zentrum klingt jetzt wie eine Gruppe am Übergang zum Extremismus, in dem das Vokabular der Kritik, in diesem Fall der Satire, in ein totalitäres Vokabular der Selbstbehauptung kippt.“ Das kann man weniger verschwurbelt formulieren, aber man ahnt zumindest die Missbilligung. Dass er anschließend den abwegigen Vergleich dieser wiederbelebten Stasi mit AfD-Portalen zugunsten einer neutralen Schule zieht, mindert solchen Eindruck wieder. Denn hier werden nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern geradezu Elefanten mit Ameisen gleichgestellt. 

In Chemnitz wurden Leute lediglich deshalb öffentlich denunziert, weil sie von ihrem Kundgebungsrecht Gebrauch machten. Mit den AfD-Portalen jedoch geht es darum, strukturelle Missstände zu dokumentieren und mit diesem Material  Schulämter zur Wiederherstellung eines verfassungskonformen Unterrichts zu ermahnen. Zudem werden selbst massiv dagegen verstoßende Lehrer nicht öffentlich bloßgestellt, sondern höchstens wieder dafür sensibilisiert, dass sie durch einseitige Anti-AfD-Polemik im Unterricht gegen das von der Kultusministerkonferenz festgelegte „Überwältigungsverbot“ verstoßen. Ohnehin drohen ihnen angesichts der hiesigen parteipolitischen Machtverhältnisse als wahrscheinlichste Folge eher Bonuspunkte für eine Beförderung. Und im günstigsten Fall ermuntert die AfD-Initiative Eltern und Schüler, sich nicht alles gefallen zu lassen. Insofern ist sie Notwehr gegenüber fast schon zur Unterrichtsfolklore gehörenden Denunziationswellen und damit das Gegenteil dessen, was man ihr vorwirft.  

Bleibt noch Stefan Lockes Artikel vom 5. Dezember, geschrieben aus der wertungsmäßigen Distanz eines Kühlhauses – zumindest auf den ersten Blick. Er wirkt zunächst sachlich referierend und berücksichtigt jede Seite per Zitat, wobei allerdings die obskuren tugendterroristischen Ansichten quantitativ klar dominieren. Doch schauen wir uns diesen scheinbar erhöhten Standpunkt einmal näher an: Der Text beginnt mit Sätzen wie: „Heidenspaß oder bitterer Ernst? Wenn es um Aktionen des Berliner ‚Zentrums für politische Schönheit‘ (ZPS) geht, ist die Entrüstung stets groß und die Meinungen gehen weit auseinander.“

Aha, „Heidenspaß oder …“ Das sind offenbar gleichberechtigte Deutungen. Ob Herr Locke das Ganze auch so juxig fände, sollte unter anderen politischen Voraussetzungen er selbst mal zur moralpolitischen Fahndung ausgeschrieben werden? Weiter geht’s in diesem Stil. In Bezug auf eine frühere „Kunst“-Aktion gegen den AfD-Politiker Björn Höcke vom Nachbargarten aus heißt es: „Die Geister schieden sich fortan an der Frage, ob man einem Politiker privat so nahe auf die Pelle rücken dürfe.“ Locke hat dazu offenbar keine Meinung. Stattdessen werden die Chemnitzer Demonstranten per minimalem sprachlichen Dreh pauschal zu Teilnehmern an „Ausschreitungen“. Anschließend wird auf breitem Raum kommentarlos das seltsame Demokratieverständnis dieser Spitzelnaturen referiert. Unhinterfragt bleibt ihre Larmoyanz angesichts vorgeb­licher Bedrohung durch „gewalttätigen Mob“ und politischer Benachteiligung: „Statt uns zu schützen, werden wir als Nichtstörer von der Polizei entfernt, weil wir Störer stören.“ 

Ein klein wenig darf auch die AfD ihren Standpunkt vortragen. „In niederträchtigster Blockwartmentalität“, urteilte AfD-Bundessprecher und Fraktionschef Alexander Gauland, würden Existenzen vernichtet, die lediglich ihr „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“ wahrnähmen. Und ausgerechnet dazu gibt’s dann plötzlich doch einen Locke-Kommentar. Vertrete Gauland doch eine Partei, die „wenige Wochen zuvor ebenfalls Internetpranger eingerichtet hatte, mit denen Lehrer, die sich abfällig über die AfD äußern, gemeldet werden sollen“. 

Bei solchen Einlassungen ist zu fragen, was mehr provoziert: die unverblümte Niedertracht hassvoller Pseudokünstler, die hierzulande unbehelligt ihr Unwesen treiben, oder die verschämte bis beschwichtigende Haltung von Journalisten, wo für ernstzunehmende Demokraten eigentlich nur noch relativierungsfreier Klartext erlaubt ist. Denn wer in nimmermüder Insistenz der AfD selbst bei kleinsten sprachlichen Unge­schicklichkeiten umfangreiche Distanzierungen und Ausgrenzungen abverlangt, doch nach diesem Chemnitzer Exzess nicht mit einer Stellungnahme ohne Wenn und Aber reagiert, verspielt seinen Vertrauensvorschuss als moralische Instanz.