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21.12.18 / Verantwortungsbewusste Christen über den Glauben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-18 vom 21. Dezember 2018

Verantwortungsbewusste Christen über den Glauben

Der Sammelband „Rechtes Christentum“ widmet sich einem wichtigen Thema: die Christen und die großen Herausforderungen der Gegenwart. Elf mutige Leute, darunter so vertraute wie Felix Dirsch, Harald Seubert, Stefan Winckler, Martin Lichtmesz und Matthias Matussek, der früher für „Stern“ und „Spiegel“ geschrieben hat, greifen nach dem heißen Eisen. Allein schon die Kapitelüberschriften machen Appetit. 

Dirsch unternimmt den Versuch einer Typologie der „Entwick-lungslinien des Rechtskatholizismus von der Französischen Revolution bis zu aktuellen Diskussionen“, Seubert beschreibt die Stellung des konservativen Protestantismus innerhalb der heutigen evangelischen Kirche. „Lehrer und AfD: ein problematisches Verhältnis?“ fragt Winckler. Dass uns Matussek Autobiografisches bietet, bekennt schon der Titel: „Das katholische Abenteuer“. Weitere Titel, die zumindest erwähnt werden sollen und die für sich sprechen: „Der Untergang des Abendlandes, der Aufstieg des Islams und die Zukunft des Christentums“ (David Engels), „Die Bundesvereinigung ‚Christen in der AfD‘ und ihre Bedeutung innerhalb der Partei“ (Volker Münz), „Christ sein und rechts sein. Versuch einer biblisch-theologischen Grundlegung“ (Thomas Wawerka), „Christlicher Glaube und die Krise des Universalismus in Zeiten der Massenmigration“ (Daniel Zöllner).

Wer aus Nächstenliebe und aufgrund bischöflicher Empfehlung  die Fortbildung eines afrikanischen Arztes in Deutschland mit ermöglicht hat, wird sehr nachdenklich, wenn er erfährt, dass der Schützling seiner Heimat, die ihn so dringend bräuchte, nach bestandenem Examen auf Dauer den Rücken zugewandt hat. Die neue Heimat bietet mehr Annehmlichkeiten.

Mit dieser alltäglichen Erfahrung sind wir mitten im letzten Beitrag, dem von Daniel Zöllner, dem Benjamin unter den Autoren. Hat man im Falle des afrikanischen Arztes gut gehandelt? Niemand gab ihm bisher eine klare Antwort. Vordergründig ja – gemäß den Geboten der Gesinnungsethik. Doch wie urteilt die Verantwortungsethik, die auch an die erste Heimat des jungen Arztes denkt? Zöllner lässt gegen Ende seiner Ausführungen den Phi-losophen Reinhard Merkel zu Worte kommen, der in der Aufnahme einer großen Anzahl von Flüchtlingen in den deutschen Staat die denkbar schlechteste Art sieht, die eigene Verantwortung für den Rest der Welt wahrzunehmen. „So erscheint die ‚Flüchtlingspolitik‘ der Kanzlerin selbst unter der universalistischen Gesichtspolitik als ein ‚moralisches Desaster‘.“ Konkret: Hilfe ist zu versagen, wenn andernfalls die Hilfsbedürftigen in der Heimat ihres Helfers beraubt werden. 

Temperamentvoll und informativ sind die Ausführungen des ältesten Beiträgers, Matthias Matussek. Der Leser erfährt viel über ihn, und, da er mitten im Leben steht, auch das, was er über die Themen der Gegenwart denkt. Schon auf der ersten Seite bekennt er: „Ich bin katholisch, und das ist auch gut so.“ Gleichwohl attackiert er Papst Franziskus und seinen Umgang mit den Missbrauchsfällen in der eigenen Kirche. Kardinal Marx ergeht es nicht besser, der das Kreuz versteckt hat, um die islamischen Gastgeber auf dem Tempelberg in Jerusalem nicht zu verstören. 

Vergegenwärtigen wir uns eine Leseprobe, die nach Form und Inhalt bemerkenswert ist: „Doch das andere, das uns in jeder zweiten Talkshow von blondierten Kabarettnudeln, sozial engagierten Tat-ort-Kommissaren und grünen Kirchenkritiker zur Neuvorlage präsentiert wird, die Kreuzzüge nämlich, die liegen 1000 Jahre zurück. Und jetzt mal unter uns, Herr, im Ernst, es waren doch zuerst die Muslime, die Jerusalem und die heiligen Stätten erobert hatten mit ihren Krummsäbeln? Und gibt es nicht derzeit eher Kreuzzüge gegen uns, auf der ganzen Welt?“

Unter den elf Autoren ist auch eine Frau, Caroline Sommerfeld, gleichsam die Jeanne d‘Arc unter den Männern. Ihre Ausführungen stehen unter der Überschrift: „Gegen Allahu akbar hilft nur Deus vult!“ Un-tertitel: „Christentum und Identitäre Bewegung“. Sie klärt auf, was Identitäre Bewegung meint: Europa hat nicht nur gemeinsame Werte, sondern auch der 1000-jährige Abwehrkampf der christlichen Zivilisation gegen den islamischen Imperialismus gehört zu seiner Identität. Sommerfelds Aufklärung ist zugleich ein Appell: „Gott will es! (Deus vult).“

Man vermisst in der Diskussion, nicht nur im vorliegenden Werk, die Thematisierung dessen, was als Staatsräson Deutschlands ausgegeben wird, nämlich „Israel“. Ein Vorbild? Eine Diskussion zum Thema Immigration, wie sie bei uns geführt wird, wäre dort unvorstellbar. Der Judenstaat und seine führenden Politiker, auch die Linken, denken nicht daran, von seltenen Ausnahmen abgesehen, andere Menschen als Juden in den Judenstaat aufzunehmen.“

Die Beiträge liefern aufschlussreiche Fakten und beachtliche Überlegungen. So erleichtern sie sachorientierte Erkenntnisse und Gespräche. Leider fehlt ein Personenregister, das ihre Interdependenz verdeutlichen würde. Und: Das fünfte Gebot lautet: „Du sollst nicht morden!“ statt „töten“. K. L.

Felix Dirsch, Volker Münz, Thomas Wawerka (Hg.) „Rechtes Christentum? Der Glaube im Spannungsfeld von nationaler Identität, Populismus und Humanitätsgedanken“, Ares Verlag, Graz 2018, gebunden, 252 Seiten, 19,90 Euro