19.04.2024

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21.12.18 / Moralische Supermacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-18 vom 21. Dezember 2018

Moralische Supermacht
Wolfgang Kaufmann

Im Jahre 1945 sei Deutschland der schuldbeladene Aussätzige im Kreise vieler edler Nationen gewesen, welche den Nationalsozialismus zur Strecke gebracht hätten. Heute hingegen, reichlich sieben Jahrzehnte später, trete die Bundesrepublik als moralische Supermacht auf und lese anderen Ländern die Leviten, wenn diese das Gutsein nicht genauso zur Staatsräson erhöben, wie es das „Vierte Reich“ unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel tue. 

So lautet die Kernaussage des Buches „Der gute Deutsche“ von Josef Joffe. Dabei beschreibt der Herausgeber der „Zeit“ auch die einzelnen Schritte dieser wundersamen Karriere und welche Schattenseiten der Aufstieg vom Schmuddel- zum Wunderkind hatte: Scheckbuchdiplomatie und „unerbittlicher Pazifismus“, moralische Dauerentrüstung, Selbstbeschränkung sogar bei der Wahrnehmung legitimster Eigeninteressen und Entfremdung vom „bösen Übervater Amerika.“

Deshalb legt Joffe den politisch Verantwortlichen in der heutigen Bundesrepublik nahe, endlich den dysfunktional gewordenen moralischen Gestus aufzugeben und die ererbten Schuld- in ganz normale Verantwortungsgefühle umzuwandeln, statt diese noch weiter auf andere Staaten wie beispielsweise Israel zu projizieren. 

Was das konkret bedeuten soll, lässt der Publizist jedoch offen, so wie er überhaupt eine merkwürdige Distanz zur Realität des Jahres 2018 an den Tag legt. Joffe beschränkt sich nämlich darauf, der nunmehr „erwachsen“ gewordenen Bundesrepublik mit auf den Weg zu geben, ihren Selbstwert doch künftig aus den „bestandenen Prüfungen“ seit 1949, dem „humanitären Wertekanon“ unserer Gesellschaft sowie dem von anderen Nationen gezollten Respekt zu ziehen.

Josef Joffe: „Der gute Deutsche. Die Karriere einer moralischen Supermacht“, Bertelsmann Verlag, München 2018, gebunden, 256 Seiten, 20 Euro