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04.01.19 / Ankara trocknet Nachbarn aus / Erdogans ehrgeiziges Südostanatolien-Projekt verletzt die UN-Gewässer-Konvention

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-19 vom 04. Januar 2019

Ankara trocknet Nachbarn aus
Erdogans ehrgeiziges Südostanatolien-Projekt verletzt die UN-Gewässer-Konvention
Wolfgang Kaufmann

Wasser war schon immer eine höchst umkämpfte Ressource. Heute nimmt deren Bedeutung noch mehr zu, weil die Bevölkerung oft gerade dort besonders stark wächst, wo die Wasservorkommen begrenzt sind. Hieraus resultiert reichlich Konfliktpotenzial, so beispielsweise zwischen den Anrainerstaaten von Nil, Jordan, Colorado River, Mekong, Indus und Ganges. Besonders kritisch ist die Lage derzeit vor allem an Euphrat und Tigris, wofür die Türkei verantwortlich zeichnet.

Ankara hat mittels des gigantischen Atatürk-Damms den Eu-phrat angestaut, was bereits zu erheblichen ökologischen Schäden führte. Ungeachtet dessen plant die Türkei im Rahmen des Südostanatolien-Projekts, welches den Bau von insgesamt 22 Stauanlagen vorsieht, das Gleiche mit dem Tigris. Besonders wichtig ist hierbei der Ilisu-Staudamm in den Kurdengebieten nahe der türkisch-syrischen Grenze, dessen Inbetriebnahme unmittelbar bevorsteht. Ziel des Ganzen ist zum einen die Deckung des wachsenden Energiebedarfs der Türkei sowie die Industrialisierung weiter Teile der ökonomisch und sozial rückständigen Region Anatoliens. Darüber hinaus soll aber auch die Landwirtschaft profitieren. Insgesamt versprach Ankara die Schaffung von 3,8 Millionen neuen Arbeitsplätzen.

Allerdings müssen infolge der Überflutungen oberhalb der Staustufen Hunderttausende 

Einwohner ihre Sied­lungen verlassen. Gleichzeitig mehren sich inzwischen die Anzeichen für eine Versalzung der Ackerböden durch die Nutzung von Stauseewasser. Darüber hinaus gräbt die Türkei mit dem Projekt Syrien und dem Irak dringend benötigtes Wasser ab.

Gegenwärtig fließen noch pro Sekunde 700 Kubikmeter von dem kostbaren Nass über die Grenze zu den beiden Nachbarstaaten. 500 Kubikmeter – aufzuteilen im Verhältnis von 52 zu 48 – hat Ankara den Syrern und Irakern als Minimum in bilateralen Vereinbarungen zugesichert, um deren Widerstand zu ersticken. Nach der kompletten Realisierung des Südostanatolien-Projektes könnten im Irak dann aber nur noch 60 Kubikmeter pro Sekunde ankommen, was eine eklatante Verletzung der UN-Gewässer-Konvention von 1997 wäre, die das rücksichtsvolle Miteinander der Anrainerstaaten von Flüssen vorschreibt.

Die Landwirtschaft in Syrien und dem Irak leidet jedoch schon jetzt: So musste bereits der traditionelle Reisanbau eingestellt werden; zudem verdursteten zahlreiche Viehherden. Hierdurch vermag Ankara nun gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Der durch die Staudammbauten verursachte Wassermangel führt zu einem spürbaren wirtschaftlichen und politischen Niedergang der Nachbarländer. Das nimmt diesen die Möglichkeit, sich wirksam gegen die türkischen Zumutungen zu wehren – bis hin zum Einsatz militärischer Mittel. 

Zum anderen kann die Regierung des islamischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan erneut die Immigrationswaffe gegen den Westen richten. Wenn noch mehr Menschen die Bürgerkriegsländer Syrien und Irak verlassen, weil ihnen nun auch die natürlichen Lebensgrundlagen entzogen werden, dürfte das zu einer weiteren Destabilisierung von Ländern wie der Bundesrepublik führen, in denen die Emigranten zuallermeist ihr Glück versuchen.

Insofern ist es unverantwortlich, dass sich in der Vergangenheit mehrere große deutsche Firmen wie die Ed. Züblin AG am Südostanatolien-Projekt beteiligten und die zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörende DekaBank Kredite bereitstellte.