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04.01.19 / Kulturgüter werden geflutet / 300 archäologische Fundstätten fallen Staudammbau zum Opfer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-19 vom 04. Januar 2019

Kulturgüter werden geflutet
300 archäologische Fundstätten fallen Staudammbau zum Opfer

Das türkische Südostanatolien-Projekt verursacht nicht nur eine ökologische Katastrophe ersten Ranges, sondern führt auch zur Vernichtung von Kulturgütern aus über 12000 Jahren Menschheitsgeschichte. So versanken bereits ganze antike Städte in den Stauseen. Ein Beispiel hierfür ist die im frühen 

3. Jahrhundert v. Chr. von dem mazedonischen Feldherrn Seleukos I. Nikator gegründete Doppelmetropole Zeugma-Seleukia Apameia am Euphrat, die dem Birecik-Damm zum Opfer fiel.

Der am Ende 313 Quadrat­kilometer einnehmende Ilisu-Stausee wird weitere historische Stätten der Assyrer, Perser, Griechen, Römer und Byzantiner verschlingen, was aber kein großes Problem für Ankara zu sein scheint. Auf jeden Fall trug der türkische Staat dafür Sorge, dass nur wichtige Überbleibsel der islamischen Vergangenheit des Landes wie das 1475 errichtete Zeynel-Bey-Mausoleum überdauern und neue sichere Standorte an anderer Stelle erhalten.

Ein besonders herber Verlust wird die Überflutung von Hasankeyf, dem römischen Ciphas, sein. Die Ortschaft am Tigris ist die einzige komplett erhaltene anatolische Stadt aus dem Mittelalter und war wohl schon vor Jahrtausenden besiedelt, wovon die rund 6000 Wohnhöhlen zeugen, die teilweise noch aus der Stein- oder Bronzezeit stammen. Außerdem gehört Hasankeyf zu den nationalen Kultstätten der kurdischen Minderheit in der Türkei. 

Und auch für die Armenier ist die Stadt von großer Bedeutung, weil hier während des Genozids an ihrem Volk zwischen 1915 und 1917 unzählige Menschen ermordet worden waren. 2004 sollte Hasankeyf daher auf Anregung der EU zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt werden, was die Regierung in Ankara aber zurück­wies, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits plante, die Siedlung untergehen zu lassen.

Insgesamt werden allein durch die Inbetriebnahme des Ilisu-Dammes um die 300 bedeutsame archäologische Fundstätten verschwinden, was zu derart massiven Protesten im In- und Ausland führte, dass sich die meisten westlichen Investoren aus dem Südostanatolien-Projekt zurückzogen. W.K.