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11.01.19 / Ein »ökonomischer Segen«? / Die Schattenwirtschaft wird durchaus ambivalent beurteilt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-19 vom 11. Januar 2019

Ein »ökonomischer Segen«?
Die Schattenwirtschaft wird durchaus ambivalent beurteilt
Wolfgang Kaufmann

Schwarzarbeit ist in Deutschland zu einem absoluten Massenphänomen geworden. Sie blüht insbesondere dort, wo man viel Personal benötigt, das wenig kosten darf. Durch sie gehen dem Staat und den Sozialsystemen alljährlich Milliardensummen verloren. Doch es gibt auch positive Effekte der Schwarzarbeit, die oftmals übersehen werden.

Nach Schätzungen von Experten der Universität Linz und des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) wurden im Jahre 2018 durch Schwarzarbeit und vergleichbare Formen illegaler Beschäftigung Leistungen im Wert von 323 Milliarden Euro erbracht. Das wäre immerhin ein knappes Zehntel des offiziellen Bruttoinlandsproduktes. Und der Staat sowie die Sozialkassen hätten damit mindestens 60 Milliarden Euro an Steuern und Beiträgen weniger zur Verfügung gehabt als unter regulären Bedingungen. 

Besonders verbreitet ist die Schwarzarbeit derzeit in der Baubranche und im Handwerk, wo mehr als ein Drittel der illegal Beschäftigten arbeiten. Dem folgen das Hotel- und Gaststättengewerbe. Und auch viele der haushaltnahen Dienstleistungen bis hin zur privaten Pflege werden im Rahmen der Schattenwirtschaft erbracht.

Schwarzarbeit ist zumeist ein Reflex auf zu hohe Steuern und Sozialabgaben, übermäßige bürokratische Hemmnisse und/oder zu niedrige Sozialleistungen. Der Linzer Volkswirtschaftler Friedrich Schneider spricht bezüglich der Schwarzarbeit von der „Schweiz des kleinen Mannes“. Die Schwarzarbeit führt zu massiven Wettbewerbsverzerrungen und dazu, dass sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichtet werden oder gar nicht erst entstehen.

Aus diesen Gründen hat sich der Staat die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung auf die Fahnen geschrieben. An vorderster Front agieren dabei die rund 7000 Bediensteten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung sowie kommunale Behörden und neuerdings sogar private Ermittler. Dennoch bleiben die Erfolge eher bescheiden. So gibt es nur relativ wenige Verhaftungen oder Verurteilungen wegen grober Gesetzesverstöße. Das resultiert vor allem aus Personalmangel. Allein die FKS müsste über mindestens 3000 Leute mehr verfügen, um ihr Kontrollnetz hinreichend dicht zu knüpfen. Außerdem sind die Bußgelder zu niedrig oder werden nicht konsequent genug eingetrieben.

Aber vielleicht liegt darin auch eine volkswirtschaftliche Chance. Manche Fachleute wie der führende Schattenökonomieexperte Friedrich Schneider vertreten schon seit Längerem die Ansicht, dass die Schwarzarbeit mehr positive als negative Folgen zeitige. Sie sei quasi der „Schmierstoff für die Wirtschaft“ und ermögliche beispielsweise Dienstleistungen, die sonst niemand erbringen würde oder sich nur die Wenigsten leisten könnten. Darüber hinaus fließe das zusätzlich und in bar Verdiente zum großen Teil in den privaten Konsum, was die Binnennachfrage belebe. Insofern könne man sogar von einem „ökonomischen Segen“ sprechen!

Allerdings gilt das ganz sicher nicht für Schwarzarbeit im Rahmen der grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität. Wenn ausländische Banden Arbeiter aus den Balkanstaaten oder anderen Armutsregionen auf deutsche Baustellen karren und dort zu Dumpinglöhnen schuften lassen, dann geht das Geld fast komplett ins Ausland und kommt kaum jemals der hiesigen Wirtschaft zugute.