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11.01.19 / Gegenwind / Verleumden, Ausspitzeln und Hinhängen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-19 vom 11. Januar 2019

Gegenwind
Verleumden, Ausspitzeln und Hinhängen
Florian Stumfall

Die Meinungsfreiheit und das Denunziantentum stehen in einem umgekehrten Verhältnis zueinander; je mehr die Freiheit des Denkens und der Rede eingeschränkt wird, umso üppiger gedeiht die Bereitschaft, anzuzeigen und zu verleumden und Menschen mit anderer Meinung in Misskredit zu bringen. Kein Wunder, dass all dies metastatisch um sich greift, spätestens seit die politische Korrektheit zu Maß und Richtschnur des gesellschaftlichen Übereinkommens erklärt worden ist. 

Im Zuge der jüngsten Entwicklung hat diese unschöne Erscheinung einen weiteren bösen Schub erfahren. Vorbei die Zeit, da das Anschwärzen durch gemeine und eifersüchtige Nachbarn oder Konkurrenten geschah, heute hat sich der Staat der Sache angenommen und lenkt das Denunziantentum in geordnete, weil gesetzlich gesicherte Bahnen.

In noch frischer Erinnerung ist das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dessen monströser Name den Zweck der Machenschaft verschleiern soll. Es geht dabei um nichts anderes als um die Zensur missliebiger Äußerungen in den sozialen Medien, zu der deren private Betreiber verpflichtet wurden: Denunziantentum auf staatlichen Befehl. Es ist in den Tagen der parlamentarischen Erörterung darüber viel gestritten worden, aber natürlich ohne jeden Erfolg. Das Zensur-Gesetz wurde erlassen und gilt seither.

Doch damit nicht genug. In Frankreich gibt es neuerdings ein „Anti-Fake-News-Gesetz“ für Wahlkampfzeiten. Präsident Emmanuel Macron hatte dieses Vorhaben angekündigt: „Ich habe entschieden, unsere juristischen Möglichkeiten auszuloten, das demokratische Leben vor diesen falschen Nachrichten zu schützen. Wir werden bald einen Gesetzestext mit dieser Absicht vorstellen.“ Wie immer bei derartigen Unternehmungen ist das Problem, wer denn entscheidet, was falsch und was richtig ist. Nach französischer Tradition macht dies der Staat. 

In Berlin bekundete Justizministerin Katarina Barley (SPD) reges Interesse an dem Gesetzeswerk der Nachbarn. Sie kündigte an, genau zu prüfen, ob „die verfolgten Ziele erreicht werden“. Das heißt, für sie ist nicht von Belang, wo die Meinungsfreiheit bleibt, sondern ob deren Unterdrückung funktioniert.

Wo es um Einschränkung von Bürgerrechten geht, darf die EU nicht fehlen. Anfang Dezember hat die Kommission einen offiziellen Plan vorgelegt, welcher der Bekämpfung von „Desinformation“ vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Frühjahr 2019 dienen soll. Dazu wurde mitgeteilt: „Zum Schutz ihrer demokratischen Systeme und öffentlichen Debatten sowie im Hinblick auf die Europawahlen 2019 und eine Reihe von nationalen und lokalen Wahlen, die in den Mitgliedsstaaten bis 2020 abgehalten werden, legt die EU heute einen Aktionsplan vor, um die Bekämpfung von Desinformation innerhalb und außerhalb Europas zu verstärken.“

Der überwölbende EU-Plan macht indes weder das nationale noch das private Denunziantentum überflüssig, so jedenfalls die Auffassung der selbsterkannten Schnüffel-Polizei. Da gibt es in Chemnitz ein „Zentrum für politische Schönheit“, das im Internet Bilder und Namen von Menschen veröffentlicht, die Teilnehmer einer „rechten“ Demonstration gewesen sein sollen. „Die Einteilung „rechts“ obliegt natürlich auch der linksextremen Sichtweise. Der Bildergalerie folgt die Frage: „Erkennen Sie Ihren Arbeitskollegen?“, wenn ja, gibt es eine Belohnung, zwischen 30 und 115 Euro. Die „Künstler“ des Zentrums fordern unverhohlen auf: „Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten, und kassieren Sie Sofort-Bargeld. Helfen Sie uns, die entsprechenden Problemdeutschen aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst zu entfernen.“ So hat es anno 1933 mit den Juden auch angefangen, der Blockwart feiert Auferstehung. 

Dass die 70 Künstler der schönen Politik weltanschaulich gefestigt sind, darf man voraussetzen, daher gilt die Sorge der Amadeu-Antonio-Stiftung – Ziel laut Selbstdarstellung: „eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken“ –, wie man rechtsextreme Eltern von Kita-Zöglingen erkennen könne. Dazu hat die Stiftung, gefördert vom Bundesfamilienministerium, eine Broschüre vorgelegt, deren geistiger Kern in einem Fallbeispiel dargelegt wird: „Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe, es wird zu Hause zu Haus- und Handarbeiten angeleitet, der Junge wird stark körperlich gefordert und gedrillt. Beide kommen häufig am Morgen in die Einrichtung, nachdem die bereits einen 1,5-Kilometer-Lauf absolviert haben.“ Dieses lächerliche Klischee dient als Feindbild, denn: „Im Fallbeispiel gibt es Hinweise darauf, dass die Kinder in einem rechtsextremen völkischen Elternhaus aufwachsen.“ Im Jargon der Stiftung heißt das „völkische Siedlerfamilien“. Angesichts derartiger Gefahren schreibt Familienministerin Franziska Giffey von der SPD im Vorwort: „Was tun? Wie reagieren, wie vorbeugen?“ 

Eine gute Methode hat sich der Südwestdeutsche Rundfunk ausgedacht. Im Intranet des Senders sind Anweisungen erschienen, wie man gegen Kollegen vorgehen könne, die „unaufgefordert … fremdenfeindliche Propaganda verbreiten“. Das Motto lautet: „Dein Kollege – ein Rassist?“ Ein Beispiel, wie man einem solchen auf die Schliche kommt, ist die Frage: „Hast Du auch Angst, Deine Frau abends noch alleine U-Bahn fahren zu lassen?“ Bejaht der Mann diese Frage, steht außer Zweifel: ein schwerer Fall von Rassismus und Rechtsextremismus. Die investigativen Fragen wurden von zwei Personalräten zusammengestellt, im Verein mit der Integrationsbeauftragten.

Wenn sich bereits ein öffentlich-rechtlicher Rundfunksender an den Säube-

rungen beteiligt, darf die Gewerkschaft Verdi nicht zurückstehen. Sie hat eine „Handlungshilfe“ vorgelegt, zu deren Erklärung es heißt: „Leider muss man davon ausgehen, dass es mit der Zunahme von 

Rechtspopulisten in Deutschland auch in Betriebe und Verwaltungen zu Vorfällen kommt, bei denen man sich einmischen muss.“ Da aber nicht jeder Gewerkschaftler in Deutschland von Hause aus zum Spion geboren ist, bekommt er von Verdi Handreichungen: „Rechtspopulisten erkennt man selten an äußeren, optischen Zeichen – manchmal aber auch daran. Hier ein paar Hinweise, worauf zu achten sich lohnt. Es kommt darauf an, immer ein offenes Ohr und ein offenes Auge dafür zu haben, was die Kollegen/innen umtreibt bzw. was sie so reden, was sie berührt und wo sich etwas verändert …“

Wer ein derartiges System des Verleumdens, Ausspitzelns und Hinhängens in einem noch vor kurzem freien Land einrichtet, der braucht dazu eine gute Erklärung. Die aber ist schnell bei der Hand, wenn man sich der eisernen Regel entsinnt, die seit geraumer Zeit bei so gut wie allen Misshelligkeiten dieser Welt gilt: Schuld tragen immer die Russen, Wladimir Putin im Besonderen. Eines der neuesten Beispiele dafür liefert Kanada. Das dortige Außenministerium hat im Dezember angekündigt, der Regierung in der Ukraine 2,5 Millionen US-Dollar zu überweisen zum Zwecke der Bekämpfung der „russischen Desinformation“ anlässlich der Präsidentschaftswahlen im März.

Die russische Drohkulisse wird derart verstörend ausgeschmückt, dass der gutgläubige Bürger, friedlich vor „Heute“ oder „Tagesschau“ sitzend, sich alles an Einschränkungen seiner persönlichen Freiheit und Rechte gefallen lässt, weil ihm der oft wiederholte Schreckensruf: „Der Russe kommt“ grell in den Ohren klingt. Man sieht: Putin ist an allem schuld, indirekt sogar am Abbau der Meinungsfreiheit in Deutschland.