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11.01.19 / Weihnachtsbräuche / Ein Beitrag der Hofer Gruppe von Christian Joachim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-19 vom 11. Januar 2019

Weihnachtsbräuche
Ein Beitrag der Hofer Gruppe von Christian Joachim

Unter dem Aspekt: Alt und Neu — Herkunft und Zukunft führte der Vorsitzende Christian Joachim die Anwesenden durch die Brauchtumslandschaften zur Weihnachtszeit in Ost- und Westpreußen. Wie in vielen Gegenden Deutschlands, so wurden auch in Ostpreußen am 4. Dezember, dem Barbaratag, Zweige von Obstbäumen oder Ziersträuchern ins Wasser gestellt, für einige Tage ins Kühle, dann aber in Ofennähe gebracht. In den Weihnachtstagen blühten dann diese Zweige auf.

Die Kinder wussten ganz genau, wenn sie am Abend vor dem 6. Dezember die Schuhe auf das Fensterbrett stellten, dass der Rupprecht oder Nikolaus den artigen Kindern Pfeffernüsse, Äpfel und Süßigkeiten in die Schuhe legte. Vielerorts wurden an diesem Tage oder aber am ersten Adventssonntag von den Kindern die Wunschzettel geschrieben.

Es gab auch alte Bräuche, die sich besonders im ländlichen Bereich gehalten hatten, wie die der Sternsinger, des Schimmelreiterzuges und der Brummtopfspieler.

Die Umzüge der Sternsinger gehen wohl auf alte szenische Spiele zurück. Von der ursprünglichen Handlung waren aber nur noch kümmerliche Reste vorhanden. In manchen Gegenden des Oberlandes wurde dabei auch der Kindermord zu Bethlehem drastisch vorgeführt. Aber auch Reste des mittelalterlichen Kindelwiegens lebten in den ostpreußischen Sternsingerspielen. Im Osten, in der Gegend um Treuburg, schaltete man nach der Begrüßung das schöne, wohl aus dem 17. Jahrhundert stammende, Lied von der Himmelstür ein.

In Masuren wurden neben diesen volkstümlichen kleinen Szenen der Sternsinger in den Häusern auch Krippenspiele in den Kirchen aufgeführt, die angeblich seit Menschengedenken mündlich überliefert und Jahr für Jahr dargeboten wurden. Anderenorts gab es den Schimmelreiter und sein vermummtes Gefolge. In diesen Nächten, so glaubten unsere Vorfahren in alter Zeit, zieht die Wilde Jagd mit Peitschenknall und Hundegebell durch die Lüfte. Auch sonst war es unheimlich in diesen Nächten, in denen sich der Mensch von bösen Geistern bedroht sah und sich auf alle mögliche Art von ihnen zu schützen suchte. In einem Umzug vermummter Gestalten waren alle diese dunklen Vorstellungen Gestalt geworden, und sie waren zugleich gebannt, indem man sie darstellte.

In der Weihnachtszeit erwartete man immer schon mit großer Spannung das Erscheinen der Hell Kriste, wie man den Umzug der Schimmelreiter auch in weiten Gebieten Ostpreußens nannte. 

Andere Sitten und Gebräuche haben sich in der Beibehaltung bestimmter Gerichte und festlichen Backwerks erhalten. Vielerorts aß man zum Fest ein Erbsengericht und fütterte auch das Geflügel mit Erbsen und Erbsenstroh, was Menschen und Tieren Segen bringen sollte.

Im Kreis Preußisch Eylau buk man noch um die Jahrhundertwende Tierfiguren und fütterte damit am Weihnachtstag Vieh und Geflügel. Zu dieser Zeit konnte man die Tiere auch belauschen – man verstand dann ihre Sprache. Aber auch in der Stadt gab es eigene Bräuche. Am Heiligen Abend sammelte sich um drei Uhr die Stadtmusik im Schlosshof zu Königsberg und dann zog sie in Gruppen zu vier bis sechs Mann strahlenförmig nach allen Richtungen in die Stadt, wobei der alte Luther-Choral „Vom Himmel hoch“ geblasen wurde. In Elbing gingen die Adventsmütterchen von Tür zu Tür und sammelten. Auch im Nogat-Weichsel-Delta und in Danzig finden wir vieles von diesen Weihnachtsbräuchen wieder. In Danzig ertönen am ersten Adventssonntag von der Mittagsstunde an die ersten Advents-choräle über die Giebel und Dächer vom Katharinenkirchturm. Am Abend wurde vom Turme mit Posaunen der Advent eingeblasen, und zwar je einmal in jede Himmelsrichtung. Beim vierten Male begleitet das Spiel des Organisten auf allen Glocken die Posaunen. Am Adventsabend waren die Familien beisammen; man knabbert Nüsse und Pfeffernüsse. 

Der 24. Dezember wurde im Nogat–Weichsel–Delta nicht Christ-, sondern Heilig Abend genannt. Die allgemeine Bescherung fand teils am Heiligen Abend, teils am ersten Feiertag statt. Die Kinder wurden am Heilig Abend früher als sonst ins Bett gebracht, und dann bereiteten die Eltern den Weihnachtstisch: für jedermann Gabenteller mit Äpfeln, Nüssen und anderem Naschwerk, aber auch praktische Sachen, wie Strümpfe, Wollsachen und selbstverständlich Spielzeug für die Kinder. Die Kerzen am Weihnachtsbaum wurden dann in der Frühe angezündet. Die Kinder sagten Gedichte auf und dann kam die allgemeine Bescherung. Gelegentlich erschienen Weihnachtsmänner, ermahnten die Kinder und ließen sie Gebete und Verse aufsagen. Danach gab es für die Kinder kleine Geschenke; die „richtigen“ waren auf den Tischen mit Tüchern verdeckt. Zum Dank erhielt der Weihnachtsmann einen Schnaps. 

War die Bescherung am Heilig Abend, wurde sie meist zwischen 17 und 18 Uhr, nach der Versorgung des Viehs, gehalten. An der Bescherung nahmen bei den Bauern auch Knechte und Mägde, in den Kleinstädten das Hauspersonal teil. Diese erhielten praktische Dinge wie Kleider, Unterwäsche, Schuhwerk und so weiter.

Bei Beginn der Dunkelheit zogen in Danzig und auch in den Kleinstädten kleine Kapellen durch die Straßen und spielten Weihnachtslieder. Wer keine Musikinstrumente im Hause hatte, öffnete die Fenster und rief die Kinder in dem Augenblick, da die Kapelle vorbeizog, zur Bescherung.

Der Weihnachtsbaum war eine Fichte oder Tanne und wurde von den preußischen Offizieren in Danzig eingeführt. Ihr Vorgänger war die Weihnachtspyramide, ein mit kleinen Geschenken behängtes baumförmiges Gerüst; sie hielt sich noch lange gegenüber dem grünen Weihnachtsbaum. Bei ärmeren Familien wurde der Baum durch einen in einen Blumentopf gesteckten Tannenzweig ersetzt. Auf der Nehrung nahm man einen Kiefernzweig. Der Schmuck des Baumes änderte sich im Laufe der Zeit. Krippen zählten in der Stadt zu den Ausnahmen und waren auch auf dem Lande selten.

Für alle, die ihre Heimat verloren haben, spielt das Weihnachtsfest eine ganz besondere Rolle, führte der Vorsitzende aus. Das Land haben wir verloren und mit ihm die alten Krippen, die Holzmodel zur Spekulatiusherstellung, die Backrezepte und dünnwandigen Feiertagstassen. Das größte Weihnachtskapital sind jedoch Erinnerung und Tradition. Dinge, die man uns nicht nehmen konnte und die wir nun einsetzen, um den materiellen Verlust durch die Kraft des Gewesenen und Unverlierbaren zu ersetzen. Worte und Melodien, die eine lange Lebensreise nicht zu verschütten vermochte, Rezepte, an die die Großmutter sich noch erinnert, Geschichten, die damals passiert sind, und solche, die sich Dichter gleicher Herkunft ausgedacht haben, die Fischschuppe des Weih-nachtskarpfens im Portemonnaie – damit das Geld das Jahr über nicht ausgeht – und der Brauch, am Heiligen Abend vor der Bescherung die Haustiere zu füttern und zu beschenken.