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11.01.19 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Aufgebauscht / Warum Linksextremismus kein Problem darstellt, wie das Gewissen rein bleibt, und wie man Wahrheit aus dem Nichts erschafft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-19 vom 11. Januar 2019

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Aufgebauscht / Warum Linksextremismus kein Problem darstellt, wie das Gewissen rein bleibt, und wie man Wahrheit aus dem Nichts erschafft

Dass die Warnungen vor einem angeblich grassierenden Linksextremismus völlig übertrieben sind, wissen wir nicht erst seit dem beinahe tödlichen Angriff auf den Bremer AfD-Chef Frank Magnitz und dem Sprengstoff-Anschlag von Döbeln. Schon 2014 stellte die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sachkundig fest, dass das Problem eines linken Extremismus bloß „aufgebauscht“ worden sei.

Aufgebauscht durch Schwesigs Vorgängerin Kristina Schröder von der CDU. Die hatte neben Projekten gegen Rechtsextremismus und Islamismus auch eigens solche zum Kampf gegen Linksextremismus ins Leben gerufen. Schwesig ließ sie gleich nach Amtsübernahme stoppen. Als Grund gab die Sozialdemokratin unter anderem an, dass das Programm gegen Linksextremismus „Gräben vertieft“ und die Arbeit vor Ort behindert habe. 

Gräben? Gegen wen denn? Besonderen Ärger bereitete Schwesig und ihren Genossen Schröders „Extremismusklausel“, nach der Projektgruppen gegen Rechtsextremismus zunächst ein Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung ablegen sollten, ehe sie staatliche Förderung erhalten konnten. Das Bekenntnis sollte auch für alle Organisationen gelten, mit denen die Antragsteller zusammenarbeiten.

Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung? Allein der Gedanke daran hat bei zahlreichen „gegen Rechts“ engagierten Gruppen offenbar einen solchen Brechreiz ausgelöst, dass massenhaft Protestschreie ertönten: Unzumutbar! Schwesig selbst machte sich zum Sprachrohr der Empörung, strich die Klausel umgehend, nachdem sie das Ministerium von Schröder übernommen hatte, und schüttete die „Gräben“ damit wieder zu. Seitdem funktioniert die Arbeit vor Ort auch wieder reibungslos.

Nun also haben ein paar von den „Aufgebauschten“ einen Sprengsatz hochgegen lassen und kurz darauf einen Bundestagsabgeordneten fast totgetreten. Ist Schwesig und Genossen das jetzt irgendwie peinlich? Ach was: Sie hatten schon 2017 nach den G20-Krawallen von Hamburg einen eleganten Dreh gefunden, wie sie sich den Offenbarungseid von der Stirn wischen können. So verkündete der damaligen SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz: „Linke und Gewaltanwendung schließen einander aus.“ Auch Vize-Parteichef Ralf Stegner dekretierte: „Kriminelle Gewalttäter“ seien per se „nicht links“.

Wenn nun aber der polizeiliche Staatschutz vermutet, dass die Täter von Bremen doch „Linksextremisten“ gewesen sein dürften? Ganz einfach: Dann haben die Schläger eben für kurze Zeit Urlaub vom Linkssein genommen und sind erst wieder zu Linken geworden, nachdem sie ihrem Opfer nicht weiter gegen den Kopf treten konnten, weil mutige Bauarbeiter sie vertrieben.

Aus diesem Grunde hat kein Linker weit und breit Veranlassung, sein Gewissen zu befragen, ob die Einstellung der Programme gegen Linksextremismus vielleicht ein gefährlicher Fehler war. Ob die Streichung der „Extremismusklausel“ linksextremen Gruppen zu reichlich Steuergeld verholfen haben könnte. Alles kein Problem, denn wenn was Schlimmes geschieht, waren die linken Täter in dem Moment gar keine Linken, basta. 

Wir sehen: Mit dem Gewissen ist es wie mit einem Taschentuch. Die beste Methode, es dauerhaft porentief rein zu halten, besteht darin, es niemals zu benutzen. Es kommt nur darauf an, dass man die Dinge richtig „aufarbeitet“, und schon passt alles so, wie man es haben will. Unsere Techniken zur „Aufarbeitung“ haben wir zu solcher Perfektion entwickelt, dass wir jede Wahrheit nach Belieben austilgen oder aber aus dem Nichts erschaffen können.

So hat das Kanzleramt zu Chemnitz bekanntlich „Hetzjagden“, die es nicht gab, aus dem Nichts erschaffen. Als Regierungssprecherin Martina Fietz auf die tatsächlichen Jagdszenen im bayerischen Amberg angesprochen wurde, ließ sie dagegen verlauten, es sei „wenig sinnvoll, jetzt auf Begrifflichkeiten einzugehen oder semantische Debatten zu führen“. 

Andere „Debatten“ sind dafür weitaus sinnvoller. So warnten Politiker nach Amberg, wo vier „Südländer“ deutsche Passanten jagten, verprügelten und verletzten, eindringlich davor, ja niemanden unter „Generalverdacht“ zu stellen. Einzelfälle eben.

Ganz anders in Essen und Bottrop, wo fast zur gleichen Zeit ein offensichtlich Geistesgestörter, der wegen Schizophrenie schon in Behandlung war, seinen Wagen in Gruppen ausländisch aussehender Personen steuerte. Das war in den Augen allzeit bereiter Beobachter natürlich ein Symptom des weitverbreiteten Rassismus der Deutschen. Daher organisierten die Gruppen „Essen stellt sich quer“ und „Bündnis buntes Bottrop“ umgehend Kundgebungen gegen Fremdenfeindlichkeit und Fremdenhass. Hätte in Amberg jemand nach der Gewalttat zur Demo aufgerufen, hätten wir das selbstverständlich als „Instrumentalisierung“ verurteilt. In Essen und Bottrop hört man nichts von solchen Vorwürfen gegen die beiden Gruppen.

In Amberg blieb die „Instrumentalisierung“ zum Glück aus. Bürgermeister Michael Cerny gefiel die ganze Aufregung sowieso nicht: „Wir hatten das Pech, in das mediale Neujahrsloch zu fallen. Die Reaktion ist völlig überdimensioniert“, so der CSU-Politiker.

Bei den „Jägern“ handelt es sich um drei Afghanen, einer davon angeblich minderjährig, weshalb seine Abschiebung vom BAMF gestoppt wurde, und zwei, deren Asylverfahren noch laufen, sowie einen Iraner, der sich immer noch im Land befindet, obwohl er seit Februar 2018 ausreisepflichtig ist. Eigentlich vier gute Gründe, die deutsche Asylpraxis öffentlich in Frage zu stellen. 

Doch eine Stadt wie Amberg ist mit derlei Fragestellungen augenscheinlich überfordert. Sie passen nicht zu den eingeübten Frontstellungen. Denn demonstrieren können die Amberger schon, aber eben bloß „gegen Rechts“. So geschehen im vergangenen Oktober, als AfD-Fraktionschefin Alice Weidel eine Rede in Amberg hielt.

Schon im Vorfeld hatten sich alle Stadtratsparteien in einer Erklärung einstimmig gegen den Weidel-Besuch ausgesprochen. Die „Passauer Neue Presse“ nannte die einstimmige Erklärung einen „deutschlandweit einzigartigen“ Protest. Mit dabei waren die CSU, die SPD, die Grünen, die ÖDP, die FDP, die Freien Wähler und die Wählergruppe „ABunt“. Allesamt begrüßten die Ratsfraktionen darin auch das „bürgerschaftliche Engagement“ gegen die Weidel-Rede und sagten ihre Teilnahme zu.

Jenes Engagement übernahm ein „Aktionsbündnis“, das für „Vielfalt“ und so weiter auf die Straße ging, während, so das Bündnis in seiner Erklärung, „andernorts Fremde und Andersdenkende durch die Straßen gejagt“ würden.

Mit „andernorts“ war selbstredend Chemnitz gemeint, also jene „Hetzjagd“ aus dem Phantasie-Labor von Antifa und Kanzleramt. Unsere Wahrheits-Wahrnehmung hat sich in eine erstaunliche Richtung entwickelt: Während wir Angst haben vor dem ausgedachten Gespenst unterm Bett, kuscheln wir auf der Matratze mit dem realen Biest.

Doch ab jetzt lassen wir uns nicht mehr an der Nase herumführen, versprechen CSU-Politiker und fordern: Wenn Typen wie die in Amberg nicht abgeschoben werden könnten, müssten die Gesetze geändert werden.

Abgeschoben? So wie Alassa M.? Der junge Kameruner gilt als Rädelsführer der Tumulte im baden-württembergischen Erstaufnahmelager Ellwangen. Als von dort im Frühjahr 2018 ein Togoer abgeschoben werden sollte, fielen 150 bis 200 Insassen derart über die Polizei her, dass die Beamten sich zu­rückziehen mussten. Erst nach Tagen war die rechtsstaatliche Ordnung wiederhergestellt, Alassa M. wurde abgeschoben. Nun ist er über die offenen Grenzen nach Deutschland zurückgekehrt und hat erneut Asyl beantragt. Das Verfahren läuft.