Er gilt als Prototyp des Berufseuropäers. Doch damit soll nun Schluss sein. Die NRW-CDU hat Elmar Brok einen aussichtsreichen Listenplatz für die Europawahl verwehrt. Auf einer Vorstandssitzung des nordrhein-westfälischen Landesverbandes wurde der 72-Jährige, der seit 1980 dem EU-Parlament angehört, nicht mehr für die Liste für die Europawahl nominiert. Die 37 Mitglieder des Landesvorstands haben mehrheitlich gegen ihn gestimmt.
Brok hatte sich wohl verzettelt. Ursprünglich hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender Armin Laschet Brok auf Platz vier der Landesliste setzen wollen. Der aber wollte lieber auf Platz sechs kandidieren und begründete dies mit dem Wunsch nach einem Generationenwechsel. Platz sechs blieb ihm aber verwehrt. Sich um Platz acht zu bemühen, lehnte Brok ab – nur die ersten sieben Ränge der NRW-Liste gelten als sicher. „Mit seinem Verzicht zugunsten jüngerer Kollegen hat er“, so Laschet, „bei der Listenaufstellung eine Eigendynamik ausgelöst, die sich letztlich gegen ihn gewandt hat. Das bedaure ich sehr.“ Mehrere Medien zitierten aus Teilnehmerkreisen, Brok habe den geeigneten Zeitpunkt zum Absprung verpasst.
Theoretisch könnte die Landesvertreterversammlung am 26. Januar das Votum noch ändern. Dazu müsste Brok in eine Kampfkandidatur gehen. „Ich behalte mir vor, ob ich auf der Landesdelegiertenversammlung kandidiere“, sagte Brok, „das muss jetzt mit allen gründlich überlegt werden.“
Kampfkandidaturen sind in der NRW-CDU allerdings verpönt. Und die Zahl der Unterstützer Broks ist gering geworden. Oliver Wittke, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Bezirksvorsitzender im Ruhrgebiet, hat seinen Kandidaten auf Platz vier durchgebracht. Und auf Platz sechs, auf dem Brok stattdessen kandidieren wollte, steht nun der Landtagsabgeordnete Stefan Berger, der vom Bezirk Niederrhein unterstützt wurde. Vorsitzender dort ist Günter Krings, Staatssekretär und Vertrauter von CSU-Innenminister Horst Seehofer und damit quasi kraft Amt ein Merkel-Kritiker.
Der 72-Jährige ist das, was man einen Strippenzieher nennt. Er galt als Vertrauter Helmut Kohls und kommt auch mit Angela Merkel gut aus. EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker ist ein Duz-Freund. „Unumstritten war er freilich nie, vor allem, weil er in alten Zeiten jahrelang das heute undenkbare Kunststück fertiggebracht hatte, als Europaparlamentarier gleichzeitig die Repräsentanz von Bertelsmann in Brüssel zu leiten“, schrieb „Spiegel Online“ nach seiner Wahlniederlage.
Verloren hat nicht nur Brok, verloren haben auch Landeschef Laschet und der Fraktionsvorsitzende im Bundestag Ralph Brinkhaus. Der war einst Praktikant bei Brok und folgte diesem als Vorsitzender des mächtigen Bezirksverbands Ostwestfalen-Lippe. Doch auch die prominente Unterstützung half Brok nichts.P.E.