24.04.2024

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18.01.19 / »Heimat ist Heimat«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-19 vom 18. Januar 2019

»Heimat ist Heimat«
Dagmar Jestrzemski

Helmut Ehlert erblickte 1932 in Zwirballen/Spatzen, Kreis Pillkallen/ Schlossberg, das Licht der Welt. Sein Vater war dort Schmied. Ehlert hat noch viele detailreiche Erinnerungen an Ostpreußen – an seine Kindheit in der Großfamilie auf dem elterlichen Hof und an die monatelange Flucht 1944/45 mit Pferd und Wagen quer durch das nördliche Ostpreußen bis nach Hinterpommern. Im Dorf Goten, Landkreis Lauenburg, wurde der Flüchtlingstreck von russischen Panzern aufgehalten. Was danach an Gräueltaten geschah, hat sich tief ins Gedächtnis des damals Zwölfjährigen eingebrannt. 

Seinen Kindern hat Helmut Ehlert viele Geschichten aus Ostpreußen erzählt. Seine Tochter Sigrun Dudwiesus hat alles in lebendiger Darstellung aus Sicht ihres Vaters nacherzählt und in dem sehr lesenswerten Buch „Ostpreußen – meine unvergessene Heimat“ veröffentlicht. Das Buch in Großdruck ist mit zahlreichen privaten Fotos sowie Fotos vom Bildarchiv Ostpreußen ausgestattet. Auf einer Landkarte im Einband kann man den langen Weg nachverfolgen, den Ehlert mit seinen beiden Geschwistern, der Mutter, dem Großvater und einer Tante im Flüchtlingstreck zurück-gelegt hat. Vom Dorf Goten über Stettin und Frankfurt an der Oder bis ins holsteinische Schenefeld reicht der Verlauf der Bahnstrecke, die sie zurücklegten, nachdem sie von den Polen im April 1946 ausgewiesen worden waren. 

Der Neuanfang in der Gemeinde Schenefeld nordwestlich von Hamburg war alles andere als leicht. Da von der sechsköpfigen Familie nur die Mutter in der Lage war, bei den Bauern zu arbeiten, wollte niemand sie freiwillig aufnehmen, sodass der Bürgermeister eine Zwangseinweisung veranlasste. Wie sehr auch der Lehrer den jungen Helmut als armen Flüchtling benachteiligte, kam später in der Elmshorner Berufsschule ans Licht. Auf die Frage des Direktors, wie er zu dem schlechten Abgangszeugnis der Volksschule gekommen sei, erklärte er diesem: „Der Volksschullehrer hat nur nach Speck und Wurst, die er von den Bauernjungen bekam, die Noten verteilt. Neben mir saß ein Bauernjunge, der nur abgeschrieben hat. Ich habe dann sein Zeugnis bekommen und er meines.“ 

Seit 1952 arbeitete Ehlert als Schmied und Schlosser auf der Deutschen Werft in Hamburg-Finkenwerder und zeitweilig auf den Howaldswerken auf Steinwerder. Als sich die Auftragslage für deutsche Schiffsneubauten in den 1960er Jahren verschlechterte, zeichnete sich das Ende der beiden Hamburger Großwerften ab. 1983 war endgültig Schluss. Beim Forschungszentrum DESY in Hamburg-Bahrenfeld fand der Autor wieder Arbeit und war dort anschließend noch elfeinhalb Jahre als Operator tätig. 

Helmut Ehlert ist seit 61 Jahren verheiratet und hat drei Kinder. Im Schlusskapitel berichtet Sigrun Dudwiesus über eine lang ersehnte gemeinsame Reise in die Heimatgegend ihres Vaters im Jahr 1997. „Wenn ich nicht schlafen kann, denke ich noch immer an meine Kindheit in Ostpreußen, an die Felder, die Tiere, den Fluss, den heißen Sommer und die schneereichen Winter, an die endlose Weite und die Freiheit“, bekennt er. „Hier in Schleswig-Holstein bin ich nie richtig heimisch geworden, obwohl es uns hier gut geht. Aber Heimat ist Heimat.“