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25.01.19 / Weg vom Image der »Mini-Merkel« / Im sogenannten Superwahljahr 2019 versucht sich Kramp-Karrenbauer als Schattenkanzlerin zu profilieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-19 vom 25. Januar 2019

Weg vom Image der »Mini-Merkel«
Im sogenannten Superwahljahr 2019 versucht sich Kramp-Karrenbauer als Schattenkanzlerin zu profilieren
Peter Entinger

Der Versuch der neuen CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, sich als Schattenkanzlerin zu profilieren, scheint an der Basis gut anzukommen.

Kramp-Karrenbauer, die nach gut eineinhalb Jahren als Generalsekretärin durchgestartet war und sich gegen die männlichen Konkurrenten Friedrich Merz und Jens Spahn durchgesetzt hatte, hat immer noch mit Vorbehalten zu kämpfen. Interne Kritiker sehen sie als „Merkel 2“. Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Saarländerin, den Eindruck zu erwecken, dass sie einen eigenen Weg gehen wolle. Frei von jeglicher Fraktions- oder Kabinettsdisziplin und ohne jedes politisches Mandat zieht sie derzeit durch die Ortsverbände und erzählt den verunsicherten Mitgliedern, was sie hören wollen. Sie betont gerne, dass es nun ein Dreieck aus Partei, Regierung und Unionsfraktion gebe, in dem jeder Partner seine spezifischen Aufgaben habe. 

Kramp-Karrenbauer steht unter Druck. Angela Merkel hat für die Union viele Wahlen gewonnen, mit ihrer Politik der Euro-Rettung, der offenen Grenzen und der Energiewende aber auch viele Stammwähler und Anhänger verprellt. Kramp-Karrenbauer wird damit leben müssen, dass sie, obwohl nirgends in der Verantwortung, künftig an jedem Wahlergebnis gemessen wird. 

Und das Jahr 2019 hat es in sich! Bei der Europawahl drohen der CDU nach dem jetzigen Stand massive Verluste, und Bremen, dessen Bürgerschaft am selben Tag gewählt wird, war noch nie ein gutes Pflaster für die Schwarzen. Bei den Landtagswahlen im Herbst in drei mitteldeutschen Ländern kämpft die CDU mit einer starken AfD. Kramp-Karrenbauer spielt auf Zeit. Von einer „Neuvermessung“, die nötig sei, spricht sie derzeit gerne: „Wohlstand und Wachstum in Deutschland sind in die Jahre gekommen.“ Vieles verändere sich. Die CDU müsse deswegen „selbstkritisch überprüfen, was getragen hat und was dazu kommen muss“. 

Die neue Vorsitzende versucht, die Seele der Partei zu umschmeicheln. Die Juristin lässt keinen Zweifel, dass sie der Wirtschaftspolitik in der CDU künftig größere Bedeutung beimessen will. Sie sieht Deutschland und Europa in einem „Systemwettbewerb“ und geht auch auf Konfrontation mit dem Koalitionspartner. Anders als Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will sie Unternehmen möglichst bald entlasten und nicht erst, wenn die wirtschaftliche Lage es erforderlich mache. Und sie setzt auf die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle, während die SPD zumindest die „oberen zehn Prozent“ weiterhin mit der Sondersteuer belasten will. 

Bei denen handele es sich, so Kramp-Karrenbauer, aber nicht um „Superreiche sondern um viele, viele Mittelständler“, die das „Herzstück“ der Union seien. Mit diesen Sprüchen fängt sie Kritiker wie den Mittelstands-Sprecher der CDU, Carsten Linnemann, ein. Der hatte mächtig Wahlkampf für ihren Kontrahenten Friedrich Merz gemacht und beeilt sich nun, der neuen Vorsitzeden seine Loyalität zu versichern. „Ihr Start ist gelungen“, sagte er kürzlich. 

Langjährige Weggefährten bescheinigen der Saarländerin eine ähnliche Fähigkeit wie Merkel. Aus der Position der permanent Unterschätzten ziehe sie ihre Stärke. Sie könne Leute einbinden und ausgleichend wirken. Und so geht sie auch das Thema Asylsucher an, mit dem die Kanzlerin fast die Partei gespalten hat. Dabei schickt sie ihren Generalsekretär Paul Ziemiak vor, der im Ruf steht, eher konservative Positionen zu vertreten. 

Ein Werkstattgespräch, auf dem das Thema Asylsucher bilanziert werden soll, soll am 10. und 11. Februar in Berlin stattfinden 

– wohl ohne Merkel. „Dort wollen wir uns vergewissern: Was ist genau bisher passiert? Wo stehen wir heute? Was müssen wir tun oder verändern“, erläuterte Ziemiak, der ankündigte, dass man „mit Experten, aber auch ganz normalen Parteimitgliedern“ sprechen wolle. Auf diesem Weg soll verhindert werden, dass der CDU das Thema derart anhängt wie der SPD die Agenda 2010. 

Kramp-Karrenbauer stammt aus dem traditionell eher linken saarländischen Verband. Der Sozialpolitik hat sie stets einen großen Raum gegeben, in gesellschaftspolitischen Fragen stand sie bisher eher auf Seiten der Konservativen. Und mit Blick auf die Wahlen in Mitteldeutschland lädt die neue Vorsitzende unter dem Stichwort „30 Jahre Mauerfall“ zu einer Tagung ein. Dort soll das Thema der Grundsicherung auf der Agenda stehen. 

Gerade in Mitteldeutschland, wo viele nach der Vereinigung kurz- oder längerfristig  arbeitslos waren, „lässt sich damit Altersarmut vermeiden“, sagte Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Lebensleistung wird damit besser gewürdigt: Man bekommt nicht nur Geld vom Staat, sondern hat es selbst verdient.“ Senftleben, der im Herbst gerne Ministerpräsident werden würde, hat sich bereits Rückendeckung aus dem Konrad-Adenauer-Haus geholt: „Die Vorsitzende sieht das ähnlich.“ 

Bei der Frage nach möglichen Koalitionen gibt sich Kramp-Karrenbauer flexibel. Zu Dreierbündnissen hat sie sich zwar kritisch geäußert, lässt aber ansonsten keine Präferenz erkennen. Man müsse dies von Fall zu Fall entscheiden, sagt sie. Und solange sie nicht in der Verantwortung ist, kann sie sich ja auch alle Türen offenhalten. Als Ministerpräsidentin ließ sie 2012 die bis dato bundesweit erste Jamaika-Koalition platzen. Dabei lobte sie die Grünen und strafte die FDP ab.