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25.01.19 / Gegenwind / Sinn und Zweck der »Integrity Initiative«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-19 vom 25. Januar 2019

Gegenwind
Sinn und Zweck der »Integrity Initiative«
Florian Stumfall

Großbritannien scheint entschlossen, sich im Propagandakrieg gegen Russland mehr noch als bislang hervorzutun. Das hat in jüngerer Zeit die Skripal-Affäre gezeigt, die gleichzeitig einen gewissen Mangel an finaler Professionalität offenbarte. Mängel dieser und anderer Art sollen nun offenbar getilgt werden. Unter anderem hierzu wird eine neue Institution dienen, die den Namen „Integrity Initiative“ (II) trägt. Im Zusammenhang mit der Skripal-Affäre war erst kürzlich von dieser Institution die Rede (siehe Seite 2). 

Eigentlich ist diese Initiative geheim, und dass überhaupt in der Öffentlichkeit von ihr die Rede ist, stellt abermals eine Panne dar. Ende des vergangenen Jahres nämlich rückte die überaus aktive und erfolgreiche Hackergruppe „Anonymous“ umfangreiche interne Dokumente der Aktion ins Netz, darunter Informationen über die Finanzierung, die Bildung regionaler Zentren und die politische Zielsetzung. Daraufhin hat sich sofort eine Gruppe von britischen Wissenschaftlern unter der Führung des Journalistikprofessors Piers Robinson daran gemacht, das Material zu ordnen und zu analysieren.

Aber egal. Die tragenden Kräfte werden dafür sorgen, dass sich die Kunde nicht allzu weit verbreitet. Diese tragenden Kräfte sind das britische Außenministerium, die NATO und das elektronische Netzwerk Facebook. Diese drei, die ein britischer Vorstoß zusammengeführt hat, haben es sich zur Aufgabe gemacht, schwerpunktmäßig in Europa, aber grundsätzlich überall, wo es sich anbietet, weltweit einflussreiche Persönlichkeiten zu gewinnen, die sich der antirussischen Propaganda anschließen. Natürlich nennt man das nicht so, sondern „Kampf gegen russische Desinformation“. Man nennt „Desinformation“, was man nicht gerne hört, unabhängig vom Wahrheitsgehalt. 

Was nun die Finanzierung der Initiative angeht, so beläuft sich der Haushalt auf 2,6 Millionen Britische Pfund pro Jahr, das sind etwa drei Millionen Euro. Der Großteil kommt vom Ideengeber, dem Londoner Außenamt. Mitbeteiligt sind die 

NATO, das State Department in Washington und skurrilerweise auch das litauische Außenministerium. Der Beitrag von 100000 Pfund Sterling, den Facebook leistet, steht unter der Rubrik „Forschung und Bildung“. 

Mit diesen 100000 Pfund ist indes die Rolle von Facebook nicht zur Gänze beschrieben. Das Netzwerk arbeitet nämlich eng mit einem „Digital Forensic Research Lab“ zusammen. Das ist eine digitale Analyseabteilung des „Atlantic Council“, einer US-Denkfabrik. Der klar umrissene Auftrag lautet: „die Förderung von konstruktiver US-Führung und -Engagement in internationalen Angelegenheiten auf Basis der zentralen Rolle der atlantischen Gemeinschaft bei der Bewältigung der internationalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“. 

Russland stört dabei natürlich, wie ein aktuelles Beispiel zeigt. Allein am 17. Januar hat Facebook nach Angaben des „Atlantic Council“ in Armenien, Georgien und den baltischen Staaten 289 Seiten und 75 Accounts gesperrt. Zur Begründung wurde angegeben, die Autoren der inkriminierten Seiten hätten sich über Gebühr auf Quellen der international tätigen russischen Agentur „Sputnik“ gestützt. Wie schon gesagt – vom Wahrheitsgehalt ist hier nicht die Rede, nur davon, dass eine Quelle russisch ist. Auch die II hat auf einem der geleakten Dokumente nach eigenem Bekunden selbst eine „forensische Plattform zum Verfolgen russischen Einflusses“ eingerichtet, die noch schneller arbeiten soll als jenes Research Lab des „Atlantic Council“. 

Die Initiative ist derzeit dabei, nicht nur missliebige Nachrichten aus dem Netz zu tilgen, sondern mehr noch außer dem britischen Zentrum andere in weiteren europäischen Ländern wie etwa Spanien aufzubauen. Selbstverständlich darf dabei Deutschland nicht fehlen. Hier wurde als Chef der Filiale Hannes Adomeit erkoren, Politikwissenschaftler von Profession. Die notwendige Nähe zur angelsächsischen Welt kann er nachweisen. Er promovierte in den USA an der Columbia University und unterrichtete unter anderem an der Tufts University, an der seinerzeit die CIA gerne Nachwuchs rekrutierte. Er ist aufs engste verbunden mit dem „Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel“, das eine klare Ausrichtung hat, an der NATO, den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich orientiert ist – und das immer im Sinne des Militärs und der Rüstung.

Es scheint so zu sein, dass Adomeit erst vergangenen Juni in London in die Arbeit der II eingewiesen worden ist. Seither wird er als Kopf des „German Cluster“ der II geführt. Als solcher stellt er bedauernd fest, dass es in Deutschland zu viel Verständnis für die russische Lesart gebe, wonach die USA nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion den alten Feind durch den neuen, nämlich Russland, ersetzt hätten und mithilfe der NATO tief in die russischen Interessensgebiete vorgedrungen seien. Allerdings entspricht diese „Lesart“ dem historischen Ablauf, wie jeder wissen muss, der die 90er Jahre bewusst erlebt hat. Dem Professor Adomeit steht ein britischer „Führungsoffizier“ mit Namen Harold Elleston zur Seite. Von diesem berichtet der britische „Observer“, er sei früher als Agent des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 in Osteuropa und auf dem Balkan tätig gewesen. 

Während aber die Systemmedien in Großbritannien wie Deutschland zur II und dem Entstehen ihres deutschen Zweiges schweigen, sah sich der deutsche Fähnleinführer Adomeit veranlasst, der Agentur „Sputnik“ gegenüber das Visier ein wenig zu lüften. Es ging ihm dabei aber keineswegs darum, Tatsachenbehauptungen über die II des „Sputnik“ in Abrede zu stellen, sondern lediglich um das Problem, auf welche Weise die Agentur zu den geheimen Unterlagen gekommen sei. Dabei haben sowohl „Anonymous“ als auch das unabhängige Portal „Nachdenkseiten“ das Material längst ins Netz gestellt. 

Darunter gibt es einen Zwischenbericht zum Aufbau der deutschen Zelle und dazu, nach welchen Kriterien dabei vorgegangen wird. „In Übereinstimmung mit den Richtlinien für Koordinatoren“, so schreibt Adomeit, „wird die Zelle aus gut informierten Personen aus Politik, Militär, Wissenschaft, Journalismus und dem Bereich der Denkfabriken bestehen, die nach Beispielen von Desinformation in ihrem Land suchen und diese analysieren und entsprechend Entscheidungsträger und andere interessierte Personen darüber informieren … auch werden sie solche Informationen in Form von Forschungsberichten, Artikeln, Präsentationen sowie in individuellen Gesprächen und über persönliche Kontakte verbreiten.“

Zwar ist der Start der deutschen II-Zelle durch das Nachrichtenleck, aus dem „Anonymous“ und „Nachdenkseiten“ geschöpft haben, zunächst merklich ins Stocken geraten, doch auf mittlere Sicht wird der Aufbau mit Sicherheit weitergehen. Das Herkommen der Initiative teils aus Geheimdienstkreisen wird die Arbeitsweise prägen, die an nachrichtendienstliche Beschaffung von Informationen erinnert. Die ohnehin russlandfeindliche Berichterstattung und Kommentierung der Systemmedien nicht nur in Deutschland wird noch konsequenter werden. Doch die gravierendste Frage ist eine andere: Dürfen die politisch interessierten Bürger in Deutschland damit rechnen, dass ihnen die Systemmedien jemals von der Existenz der II berichten? Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil man auch durch Verschweigen lügen kann.