18.04.2024

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01.02.19 / Keine Science-Fiction / Selbstlernende Programme und Computersysteme sind längst Realität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-19 vom 01. Februar 2019

Keine Science-Fiction
Selbstlernende Programme und Computersysteme sind längst Realität
Friedrich List

Viele Menschen rechnen Künstliche Intelligenz (KI) immer noch der Science-Fiction zu und verbinden damit Androiden mit Bewusstsein oder große Robotergehirne, die ganze Planeten steuern. Dabei sind selbstlernende Programme und Computersysteme längst Realität. 

Bereits heute können Rechner selbstständig Fahrzeuge und Flugzeuge steuern. Sogenannte smarte oder kluge Häuser können ihren Besitzern das Garagentor öffnen, gleichzeitig das Licht einschalten und das auf dem Herd bereitstehende Essen aufwärmen. Allerdings hat die neue Technologie noch ihre Probleme. Autonome Autos in den USA sind immer wieder in Unfälle verwickelt, weil entweder die Technik selber oder die angeblich selbstlernenden Steuerprogramme Fehler aufweisen. So überfuhr bei einer Testfahrt im US-Bundesstaat Arizona ein autonomes Auto eine junge Frau, als diese die Straße überquerte. Die Bordcomputer hatten zu lange gebraucht, um die Person auf der Straße als Person einzustufen, und die Sicherheitsfahrerin im Pkw hatte auf ihrem Handy einen Film angesehen.

Aber die Entwicklung geht weiter. Unternehmen wie Forschungsinstitute in der gesamten entwickelten Welt arbeiten an Lösungen, die im Banken- und Versicherungswesen, in der industriellen Produktion, im Verkehr, aber auch in Pflege und Medizin zum Einsatz kommen sollen. China und die USA haben eine starke Position in der Grundlagenforschung und bei Anwendungen etwa im Bereich der Unterhaltungs- und Gebrauchselektronik. In Europa, und speziell in Deutschland, liegen die Stärken eher in der industriellen Anwendung. Wirklich helfen kann Künstliche Intelligenz beim Auswerten großer Datenmengen und dem Erkennen von Mustern und verborgenen Zusammenhängen. Es bleibt also nicht bei fürsorglichen intelligenten Häusern und autonomen Autos. Auch in der Steuerung von Industrieanlagen und in der Logistik spielt KI eine immer wichtigere Rolle. 

Im Marketing dient Künstliche Intelligenz bereits heute dazu, elektronische Werbenachrichten zu verschicken oder Kundenanfragen zu sortieren und zu beantworten. Sie führt zudem Marktanalysen und Prognosen durch. Der Online-Händler Zalando gab im März 2018 bekannt, dass 250 Arbeitsplätze im Marketingbereich am Standort Berlin wegfallen, weil KI-Lösungen diese Aufgaben übernehmen sollen. 

Eine Mitte des Jahres veröffentlichte Studie des Weltwirtschaftsforums und des britischen Wirtschaftsberatungsunternehmens Deloitte zeigt KI-Anwendungen in der Finanzindustrie auf, warnt aber auch vor neuen Risiken, die durch die neue technologische Abhängigkeit entstehen. Große Unternehmen beginnen, genau wie Software-Dienstleister, ihre Produkte in Form von Dienstleistungen über vernetzte Computer-Plattformen anzubieten. In den USA bietet 

Blackrock, der größte Vermögensverwalter der Welt, die Dienste seiner KI „Aladdin“ zur Risikobewertung und zum Portfoliomanagement Versicherern und anderen Vermögensverwaltern an. Black­rock erwartet, 2022 auf diese Weise etwa 30 Prozent seiner Erträge zu erzielen. In China vermarktet der Versicherungskonzern Ping An KI-gestützte Dienstleistungen in Bereichen wie Kreditbewilligung und Schadensregulierung an Hunderte von kleinen und mittelgroßen Banken. So können Kredite zügig online vergeben oder Versicherungsfälle bearbeitet werden, ohne dass ein kleines Heer menschlicher Berater mitwirken muss.

In der Medizin würde KI nicht nur die bereits verschiedentlich als Prototypen vorgestellten Pflegeroboter steuern. Heutige Programme für medizinische Anwendungen sind bereits sehr zuverlässig, wenn es darum geht, aus großen Datenmengen korrekte Schlüsse zu ziehen. So erreichte das im Herbst 2018 von Google vorgestellte Programm LYNA eine Trefferquote von 99 Prozent bei der Früherkennung von Brustkrebsmetastasen. Menschliche Ärzte, die unter Zeitdruck arbeiten, erreichen nur 40 Prozent. Allerdings eignet sich LYNA auch nur zu diesem einen Zweck. Für die Diagnose anderer Krankheiten müsste Google ein neues Programm schreiben.