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08.02.19 / Geldmaschine Wohnungsmarkt / Deutsche Immobilien gelten in aller Welt als sichere und lukrative Kapitalanlage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-19 vom 08. Februar 2019

Geldmaschine Wohnungsmarkt
Deutsche Immobilien gelten in aller Welt als sichere und lukrative Kapitalanlage
Dagmar Jestrzemski

Im Jahr 2012 nahm hierzulande das Geschäft mit Wohn- und Gewerbeimmobilien Fahrt auf wie nie zuvor. Niemand schien aus den Fehlern der Nullerjahre gelernt zu haben. 

Ende der 1990er Jahre startete die Privatisierung großer Wohnungsportfolios der öffentlichen Hand, meist ehemalige Sozialwohnungen. Sie wurden größtenteils an globale Hedgefonds verkauft. Ab 2008 stagnierte die Kauf- und Preisentwicklung auf dem Immobiliensektor einige Jahre infolge der Finanzkrise. 

Für den Zeitraum ab 2012 zeigt der Mietpreisindex einen steilen Anstieg der Kurve. Der Kauf- und Bauboom an den begehrten Standorten Berlin, Frankfurt, Hamburg, München und in vielen Universitätsstädten ist vordergründig auf die Niedrigzinsphase und den für Deutschland unterbewerteten Euro zurückzuführen, hat aber auch weiterreichende Ursachen. Auf der Suche nach Rendite wollen immer mehr Menschen von den explodierenden Preisen auf dem Immobilienmarkt profitieren, was die Verdrängungs- und Gentrifizierungsproblematik in den Ballungszentren weiter verschärft hat. 

Mit der Professionalisierung in der Wohnungswirtschaft ging die Verflechtung von internationalen Finanzinvestoren und Wohnungsunternehmen einher. So profitierte beispielsweise die australische Investmentbank Babcock & Brown 2009 von der Erhöhung der Mieten für die ehemaligen Postwohnungen in Husum. Maximale Wertabschöpfung setzt sich auch in Berlin durch. Hier wurden zwischen 2006 und 2015 fast 75000 Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt. Gebäudemodernisierungen dürfen landesweit mit 

elf Prozent auf den Mieter umgelegt werden. Der Gesetzgeber erlaubt eine jährliche Erhöhung der Bestandsmieten um fünf Prozent bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmieten. 

Nach Angaben des Internetportals „finanztrends“ flossen 2017 59,4 Milliarden Euro in den Kauf deutscher Gebäude, gegenüber 20,5 Milliarden im Jahr 2010. 30,2 Milliarden und damit mehr als die Hälfte kamen von ausländischen Kapitalgebern. Nach Schätzungen des Bundeskriminalamts werden jährlich 250 Milliarden Euro im deutschen Immobiliensektor umgesetzt. Rund zehn Prozent davon sollen aus Geldwäschegeschäften stammen. Große Immobilienbestände gehören heute Anlegern aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada und anderen Teilen des Auslands. Auch immer mehr Anleger aus Russland und China mit kleinem Budget gehen auf Einkaufstour in Berlin und anderen Orten mit „Zukunftspotenzial“. Deutsche Agenten werben in Shanghai und Shenzhen Kunden.

Beispiel Vonovia: 2001 stieg die Londoner Private-Equity-Gesellschaft Terra als größter Kapitalgeber bei der gerade neu gegründeten Deutschen Annington Immobilien AG (DAIG) ein. Als größter Vermieter in Deutschland übernahm die DAIG 2015 das Konkurrenzunternehmen Gagfah und nennt sich seither „Vonovia“. In Deutschland besitzt der Konzern knapp 400000 Wohnungen und ist mit einem Umsatz von 3,6 Milliarden Euro ein börsennotiertes Dax-Unternehmen. Unter anderem wegen gravierender Miet­erhöhungen nach Modernisierungen geriet die Vonovia immer wieder in die Schlagzeilen.

Vergangenes Jahr kaufte der dänische Pensionsfonds PFA für mehr als eine Milliarde Euro von der Industria Wohnen ein Immobilien-Paket mit 3700 Wohnungen in Deutschland, die meisten davon in München und Berlin. Es war der vorläufig letzte große Deal auf dem deutschen Wohnungsmarkt.

Inzwischen wurden einige rechtliche Instrumente zum Schutz vor überzogenen Wohnkosten und Verdrängung eingesetzt: die Umwandlungsverordnung, die kooperative Baulandentwicklung, der Milieuschutz, das Zweckentfremdungsverbot und Änderungen im Mietrecht. Städtische Wohnungsunternehmen bauen seit Jahren wieder mehr sogenannte bezahlbare Wohnungen, um die Lage am Wohnungsmarkt zu entspannen.