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08.02.19 / Rot-Rot im Endstadium / Brandenburgs Koalition wenige Monate vor den Landtagswahlen vollkommen zerrüttet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-19 vom 08. Februar 2019

Rot-Rot im Endstadium
Brandenburgs Koalition wenige Monate vor den Landtagswahlen vollkommen zerrüttet
Norman Hanert

Wenige Monate vor den Landtagswahlen in Brandenburg ist das Verhältnis zwischen den Regierungspartnern SPD und Linkspartei dermaßen zerrüttet, dass nicht einmal ein vorzeitiger Bruch der Koalition ausgeschlossen erscheint. Statt einer Neuauflage von Rot-Rot wird es immer wahrscheinlicher, dass ab September ein Dreierbündnis regiert, das es so in Potsdam noch nicht gegeben hat.

Den Anlass für den aktuellen Streit in der rot-roten Koalition lieferte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). Ohne Abstimmung mit dem dunkelroten Koalitionspartner, aber mit Rückendeckung durch Ministerpräsident Dietmar      Woidke (SPD), gab Schröter eher beiläufig auf einer Personalversammlung eine sensible Entscheidung bekannt: Der Minister will das Personal beim brandenburgischen Verfassungsschutz um 27 auf 120 Mitarbeiter aufstocken. Schröter will dafür nicht besetzte Polizeistellen umschichten und sieht sich dazu als Fachminister auch berechtigt. In Brandenburg ist der Verfassungsschutz keine eigenständige Behörde, sondern eine Abteilung des Innenministeriums.

Zur Begründung für seinen Schritt sagte Schröter im Landtag: „Ich habe einen Amtseid geschworen, Schaden von den Menschen des Landes Brandenburg abzuwenden.“ Und weiter: „Ich will mir nicht vorwerfen lassen, nicht rechtzeitig gehandelt zu haben.“ Der SPD-Politiker machte die Linkspartei dafür verantwortlich, die Personalaufstockung beim Verfassungsschutz jahrelang blockiert zu haben. SPD-Fraktionschef Mike Bischoff sprach davon, dass die „innere Sicherheit nicht verhandelbar“ sei und verwies darauf, dass auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz das Personal mittlerweile massiv aufgestockt worden sei.

Schröters Vorgehen hat beim Koalitionspartner, aber auch bei der Opposition im Landtag gleich mehrere Fragen aufgeworfen. Erstaunlich ist zum einen der Zeitpunkt. Erst im Dezember hatte die CDU im Landtag den Antrag gestellt, Brandenburgs Verfassungsschutz 30 zusätzliche Stellen zu genehmigen. Der Antrag war im Parlament gescheitert. Wenige Wochen später prescht Schröter nun vor, und erhöht die Zahl der Verfassungsschützer um 27 Stellen.

Die Linkspartei fühlt sich durch die Entscheidung gleich aus mehreren Gründen düpiert. Zum einen muss sich Finanzminister Christian Görke (Linke) in seiner Haushaltshoheit  durch den Kabinettskollegen Schröter übergangen fühlen. Doch auch die CDU-Landtagsfraktion ist nach eigener Prüfung zu den Schluss gekommen, dass eine Umschichtung des Personals zugunsten des Verfassungsschutzes zwar durchaus möglich ist; haushaltsrechtlich müsse dies aber der Finanzminister regeln. 

Möglicherweise hat mit dem Schritt aber auch die Glaubwürdigkeit der märkischen SPD als ein künftiger Koalitionspartner Schaden genommen. Ralf Christoffers, der Vorsitzende der Linkspartei-Fraktion im Landtag, kommentierte das Vorgehen des Innenministers: „Ich kann mich nicht erinnern, dass einer unserer Minister jemals so mit dem Koalitionspartner umgesprungen ist. Keiner unserer Minister würde so agieren.“

Tatsächlich könnte die jüngste Entwick­lung bei Teilen der Linkspartei die Neigung wachsen lassen, nach den Landtagswahlen lieber in die Opposition zu gehen. Von den Sozialdemokraten ist wiederum zu hören, man habe inzwischen zu oft dem Koalitionspartner nachgegeben.

Sehr skeptische Töne sind auch von führenden Vertretern der Grünen zu hören: „Wir erschrecken immer wieder über die SPD“, so Alexander Vogel. Aus Sicht des Grünen-Fraktionschefs könne man so nicht mit seinem Koalitionspartner umgehen. Als Lehre leitet Vogel ab, dass die Grünen bei den Landtagswahlen so stark werden   müssten, dass sie der SPD Paroli bieten könnten. Zum Koalitionskrach sagte Vogel: „Die Landesregierung scheint in den ,Jeder-kämpf-für-sich-allein-Modus‘ gewechselt zu sein.“ 

Aus der CDU-Fraktion heißt es            sogar, die Regierung Woidke habe ihr „sicherheitspolitisches Endstadium“ erreicht. Steeven Bretz, der Generalsekretär der märkischen CDU, sieht in Brandenburg selbst Kernbereiche des Rechtsstaats in Gefahr. Tatsächlich steht auch Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linkspartei) unter anhaltender Kritik, weil inzwischen mehrmals verurteilte Straftäter wieder aus der Haft entlassen werden muss­ten. AfD und CDU werfen dem Justizminister vor, Brandenburgs Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht mit ausreichend Personal ausgestattet zu haben. 

Mit dem jüngsten Krach zwischen SPD und Linkspartei könnte das Klima in der Koalition so weit abrutschen, dass eine Fortsetzung des Bündnisses nach den Landtagswahlen im September nur noch schwer vorstellbar ist. Die jüngsten Umfragewerte sprechen ohnehin dafür, dass die Schwäche der SPD dazu führen könnte, dass nach den Wahlen nur noch eine Dreierkoalition eine Mehrheit im Landtag hätte. Mit der zunehmenden Zerrüttung im Bündnis zwischen SPD und Linkspartei steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ab September erstmalig eine rot-schwarz-grüne Koalition in Potsdam regiert.