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08.02.19 / Dichtende Netzwerkerin / Wuppertals große Phantastin Else Lasker-Schüler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-19 vom 08. Februar 2019

Dichtende Netzwerkerin
Wuppertals große Phantastin Else Lasker-Schüler
Harald Tews

Auch ohne Facebook oder Twitter ließen sich einst erfolgreich Kontakte knüpfen. Die vor 150 Jahren geborene Else Lasker-Schüler war solch eine engagierte Netzwerkerin, die in der Berliner Bohème des frühen 20. Jahrhunderts Gott und die Welt kannte. Mit Russenkittel und unechten Klunkern in den Kaffeehäusern dichtend, inszenierte sich die in erster Ehe mit dem älteren Bruder des ostpreußischen und bislang einzigen deutschen Schachweltmeisters Emanuel Lasker verheiratete Dichterin als exzentrischer Pausenclown, von dem alle sprachen.

Wer sie persönlich kannte, lobte ihre Werke über den blauen Klee. Gottfried Benn, in den sie verliebt war, bezeichnete sie als „größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“. Franz Kafka, der ihr nie begegnet war, schrieb hingegen: „Ich kann ihre Gedichte nicht leiden, ich fühle bei ihnen nichts als Langweile über ihre Leere und Widerwillen we­gen des künstlichen Aufwandes. Auch ihre Prosa ist mir lästig.“

Die Künstlerfreunde haben Lasker-Schüler, die am 11. Februar 1869 in Wuppertal als Tochter eines jüdischen Bankiers geboren wurde, als bedeutende Vertreterin des literarischen Expressionismus aufs Podest gehoben. Das Netzwerken mit Künstlergrößen wie Karl Kraus, Georg Trakl, Oskar Kokoschka, Alfred Döblin, Ernst Toller oder dem Maler Franz Marc, dessen Tod im Ersten Weltkrieg sie 1919 in dem Briefroman „Der Malik“ in märchenhaft-orientalischer Maskierung thematisierte, hatte, wenn auch nicht zu finanziellen Bucherfolgen, so doch zu dauerhaftem Ruhm ihrer Person geführt. 1932 erhielt sie als letzte Dichterin den Kleist-Preis, ehe dieser von den Nationalsozialisten abgeschafft wurde.

Durch den Kult ihrer Person, den sie durch karnevaleske  Kostümierungen förderte, hat man möglicherweise lange Zeit ihre Werke überschätzt. Heute  kämpfen sie gegen das Vergessen an. Von ihren Gedichten, die sie in Lyrikbänden wie „Styx“ (1902), „Hebräische Balladen“ (1913) oder „Mein blaues Klavier“ (1943) veröffentlichte, ist kaum ein be­kanntes dabei. Von ihren drei Dramen hat sich allenfalls das mundartliche Schauspiel „Die Wupper“ über die Arbeiterwelt ihrer Geburtsstadt in den Theaterrepertoires erhalten.

Trotzdem pflegt Wuppertal tapfer das Erbe der am 22. Januar 1945 in Jerusalem gestorbenen Dichterin. Es gibt dort eine Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft, die dortige Universität gibt eine Kritische Ausgabe ihrer Werke und Briefe heraus (erschienen im Jüdischen Verlag bei Suhrkamp) und seit 1989 erinnert ein Denkmal an die Dichterin. Weiterhin vergibt das Pfalztheater Kaiserslautern den nach Lasker-Schüler benannten höchstdotierten Dramatikerpreis des Landes.

Der Name wird noch lange bleiben. Um aber Werbung für die Werke von Lasker-Schüler zu ma­chen hilft allenfalls eine moderne Netzwerkoffensive via Twitter oder Facebook. Doch danach sieht es nicht aus.