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08.02.19 / Unumstrittenes Symbol der Franzosen / Vor 225 Jahren wurde die blau-weiß-rote Trikolore zur französischen Nationalflagge

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-19 vom 08. Februar 2019

Unumstrittenes Symbol der Franzosen
Vor 225 Jahren wurde die blau-weiß-rote Trikolore zur französischen Nationalflagge
Manuel Ruoff

Im Gegensatz zu mancher anderen Nation haben die Franzosen eine weitgehend unumstrittene Nationalflagge. Die Trikolore wirkte sogar stilbildend über Frankreichs Grenzen hinweg. Mittlerweile haben viele Flaggen drei Streifen, manche sogar in senkrechter Anordnung.

Es gibt kaum einen Staat ohne Staatslogo. Staatslogos mit langer Tradition sind in der Regel Wappen. Wappen haben in der Regel ihre Form von den Schilden des Mittelalters und sind meist zweifarbig. In der einen Farbe ist das Motiv, in der anderen der Untergrund.

Viele Staatsflaggen leiten sich von dem entsprechenden Staatswappen ab. Manchmal ist auf den Flaggen das Motiv des zugehörigen Wappens zu sehen, doch ist das technisch aufwendig. So gibt es viele Bikoloren, die einfach nur aus einem Streifen in der Farbe des Motivs und einem in der Farbe des Untergrunds bestehen. Die Farbe des Motivs ist in der Regel die obere, die des Untergrunds die untere. Preußens Flagge ist ein gutes Beispiel. Das Wappen zeigt einen schwarzen Adler auf weißem/silbernem Grund, die dazugehörige Flagge besteht aus einem oberen schwarzen und einem unteren weißen Streifen. 

Die Farben über- statt nebeneinander zu platzieren bietet eine Reihe von Vorteilen. In der Regel wird keine Farbe für sich genommen als Staatssymbol empfunden, erst die Mischung macht es. Bei Streifen übereinander sind die Grenznähte ungleich länger, tritt die Mischung viel mehr hervor. Einen weiteren Vorteil haben die Längsstreifen. Bei ihnen ist es egal, von welcher Seite der Wind weht. Bei senkrechten Streifen hingegen sieht der Betrachter die Flagge spiegelverkehrt, wenn der Wind von ihm aus betrachtet von rechts kommt und die Flagge links vom Mast weht. 

Ein weiteres Problem bei senkrechten Streifen besteht darin, dass sie in bestimmten Situationen nicht gleich breit aussehen, obwohl sie gleich breit sind. Dieses Phänomen hat die französische Marine zu dem Trick greifen lassen, mit unterschiedlich breiten Streifen zu arbeiten, um den Eindruck gleich breiter Streifen zu erzielen. So ist bei der Marinetrikolore der weiße Streifen 1,1-mal so breit wie der blaue und der rote noch einmal gut 1,1-mal so breit wie der weiße.

Trotz der genannten Nachteile senkrechter Streifen entschied sich das revolutionäre Frankreich für die heute noch gültige Trikolore. Revolutionen unterscheiden sich halt von Reformen dadurch, dass die Umwälzung total ist. Mittlerweile enthalten die Flaggen diverser Staaten senkrechte Streifen, so die von Andorra, Belgien, Haiti, Irland, Italien, Mali, Mexiko oder Rumänien. Nicht selten sind diese Flaggen auf französischen Einfluss zurückzuführen. Gegenüber den Flaggen mit Querstreifen sind die mit Längsstreifen jedoch nach wie vor in der Mehrheit. 

Als prägender denn die senkrechte Anordnung erwies sich die von den französischen Revolutionären vorgenommene Erhöhung der Streifenzahl von den üblichen zwei auf drei. Viele nach der französischen Revolution entstandene Flaggen haben wie die französische drei Streifen, wenn auch in der klassischen waagerechten Anordnung. Man denke nur an die schwarz-rot-goldene Flagge der 48er-Revolution, der Weimarer Republik und der Bundesrepublik.

Die Frage, warum die französischen Revolutionäre eine dritte Farbe hinzunahmen, drängt sich auf. Die Französische Revolution ging von Paris aus. Die Farben von Paris waren damals und sind es auch noch heute Blau und Rot. Weiß war die Farbe des französischen Herrscherhauses der Bourbonen. Die drei Farben wurden gemischt. Wie es konkret dazu kam, darüber gehen die Meinungen auseinander. Mal heißt es, König Ludwig XVI. habe aus Angst oder Respekt vor den Parisern in deren Farben gehaltene Bänder an die in der Farbe seines Hauses gehaltene Feder oder Kokarde seines Hutes gesteckt. 

Folgen wir der Darstellung des Generals Marie-Joseph Motier, Marquis de La Fayette, dann war er selbst der Vater der Farbkombination. Laut den Memoiren des Kommandanten der Nationalgarde hat er eine der in den Farben von Paris gehaltenen Kokarde seiner Soldaten um das bourbonische Weiß ergänzt und sie dem König angeboten. Ludwig XVI. habe sich dann dem Volk zum Zeichen der Versöhnung mit der blau-weiß-roten Kokarde gezeigt. 

Die drei Farben, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, waren und sind auch noch heute gleichfalls die Farben der Vereinigten Staaten von Amerika. Als einer der Gründe für die Französische Revolution wird die Beteiligung französischer Truppen am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf Seiten der Gegner Großbritanniens genannt. Zum einen hat dieses militärische Engagement den französischen Etat zusätzlich belastet. Zum anderen brachten die heimkehrenden Franzosen die Ideale der Unabhängigkeitskämpfer mit. Der berühmteste dieser Franzosen war La Fayette.

Nachdem sie vorher schon als Seekriegsflagge und Gösch (Bugflagge) genutzt worden war, wurde die französische Trikolore in der heutigen Form am 15. Februar 1794 zur offiziellen Nationalflagge der Ersten Republik erklärt. 

Kaiser Napoleon, Totengräber, aber auch Kind der Französischen Revolution, behielt die Trikolore bei. Im Zuge der sogenannten Restauration nach Bonapartes Niederlage 1814 wurde in Frankreich mit der Wiederherstellung der Bour­bonen­herr­schaft auch deren Lilienbanner, die weiße Fahne der Bourbonen mit drei heraldisch stilisierten goldenen Schwertlilien, wieder Landesfahne. Nach der französischen Julirevolution von 1830 wurde das Königtum zwar beibehalten, die Restauration jedoch teilweise wieder zurückgenommen. Im Zuge dessen wurde die Trikolore wieder Nationalflagge. 

Dass sie in der französischen Februarrevolution von 1849 nicht dem roten Banner der Arbeiterbewegung weichen musste, wird auf eine flammende Rede Alphonse de Lamartines zurückgeführt, in welcher der Schriftsteller und Politiker die Trikolore verteidigte. Sein offenkundiges rhetorisches Talent verhalf ihm jedoch nicht in das Ende 1848 geschaffene neue Amt des Präsidenten der Zweiten Republik. Bei der Wahl verlor er mit klarem Abstand gegen Napoleons Enkel Louis Napoleon. Dieser behielt die Trikolore auch bei, nachdem er sich analog zu seinem Oheim zum Kaiser gemacht hatte. Das Zweite Kaiserreich (Second Empire) endete nach der Gefangennahme des Kaisers Napoleons III. durch die Preußen im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. 

Erneut stellte sich die Frage nach der Staatsform. Restauration der Bourbonenherrschaft oder Dritte Republik. Das Rennen machte die Republik. Ein Grund war, dass zwar Preußens Konservative eine Restauration des bourbonischen Königtums analog zu 1814 nach dem Sieg über Napoleon anstrebten, der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck – hier knallharter Realpolitiker – eine französische Republik jedoch vorzog in der Hoffnung, dass diese sich in einer Welt voller Monarchien leichter isolieren lasse. Ein weiterer Grund für das Scheitern der Bourbonen war, dass Henri d’Artois, auf den sie sich schließlich als gemeinsamen Kandidaten geeinigt hatten, sich weigerte, die Trikolore als Frankreichs Nationalflagge anzuerkennen und eine Verfassung mit der Nationalversammlung zu vereinbaren. 

So viel Restaurationswillen war zu viel. Die Trikolore hatte sich immer mehr eingebürgert, über politische Gräben hinweg. Das zeigt sehr schön das Verhalten der Franzosen nach der Niederlage gegen Deutschland 1940. Philippe Pétain und Charles de Gaulle trennten Welten, aber für beide war die Flagge Frankreichs die Trikolore.