Am Sonntag wird in gewohnter Feierlaune der Goldene Bär der Berlinale vergeben. Doch die Person, die bei der Abschlussvorstellung des Filmfestivals im Mittelpunkt stehen wird, ist diesmal kein Filmstar, sondern Dieter Kosslick. Der Festivalleiter nimmt nach 18 Jahren seinen Hut – und seinen roten Schal.
Die Ära Kosslick zog sich nicht nur durch die bisherige Ära Merkel, sie verkörperte auch den Geist dieser durch bunte Vielfalt, Gendergerechtigkeit und Ausgrenzung nichtkonformer Themen geprägten Zeit. Mainstream-Filme hat Kosslick weitgehend aus der Berlinale verbannt. Das Hollywood-Kino ist eher in Cannes präsent, weshalb die Berlinale nur die zweite Geige spielt. Den politischen Mainstream hat Kosslick hingegen sehr wohl bedient.
So war auch diese Berlinale geprägt vom Bestreben um mehr Diversität und Geschlechtergerech- tigkeit in der immer noch männerdominierten Filmszene. Beim Blättern im zeitgeistgemäß angepass- ten Programmheft kam man sich wie im Gendersternhimmel vor: „Besucher*innen“, „Filmkünstler*innen“, „Mitarbeiter*innen“.
Kosslick hat sich zweifellos große Verdienste um das deutsche Kino erworben. Er hat deutschen Filmschaffenden ein wichtiges Forum geboten. Doch der Anspruch, das größte Publikumsfestival der Welt zu sein, hatte ihn von den ihn geförderten Filmleuten auch Kritik eingebracht: zu viel Masse statt Klasse. Dazu bediente er den herrschenden politischen Geschmack mit seinem penetranten Eintreten für Filme über Minderheiten wie Schwule, Lesben, Ausländer.
Merkel hatte in Kosslick ihren Bruder im Geiste. Wenn beider Ära beendet ist, kann man darauf hoffen, dass wieder mehr Ernsthaftigkeit ins Land weht.
(siehe auch Seite 9)