26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
15.02.19 / Guaidó wird sich durchsetzen / Maduro hat sich durch seinen Starrsinn in eine ausweglose Lage manövriert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-19 vom 15. Februar 2019

Guaidó wird sich durchsetzen
Maduro hat sich durch seinen Starrsinn in eine ausweglose Lage manövriert
Markus Matthes

Das seit Langem krisengeschüttelte Venezuela hat seit vergangenem Monat gleich zwei Männer, die das Amt des Staatspräsidenten für sich beanspruchen, den bisherigen Amtsinhaber Nicolás Maduro und den Parlamentspräsidenten Juan Guaidó, der sich am 23. Januar zum Interimspräsidenten erklärt hat.

Ersterer verteidigt das ideologische Erbe seines 2013 verstorbenen Mentors Hugo Chávez und eine sozialistische Wirtschaftspolitik mit verheerenden Folgen. Letzterer dagegen ist ein konservativer Nachwuchspolitiker aus der Provinz, der aus Mangel an verfügbaren Alternativen Ende 2018 als 35-jähriger Abgeordneter zum Präsidenten der Nationalversammlung gewählt worden war. 

Wie schon die im Mai 2018 unter dubiosen Umständen erfolgte Wiederwahl Maduros, hat der Schachzug des bis dahin unbekannten Guaidó die internationale Gemeinschaft gespalten. Während Guaidó mittlerweile von der Hälfte der Mitglieder der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), darunter die USA und Kanada, aber nicht Mexiko, und einem Großteil der EU sowie Australien und Israel anerkannt wurde, stehen China, der Iran, Syrien, die Türkei und Russland weiter zu Maduro. Mos­kau betrachtet das plötzliche Erscheinen Guaidós gar als einen vom Weißen Haus unterstützten Staatsstreich. 

Der am 24. Januar verkündete Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Washington und Caracas fand indessen nicht statt, denn man einigte sich zunächst auf die Eröffnung von mit dem ursprünglichen Personal ausgestatteten Vertretungen, die innerhalb von 30 Tagen das völlige Zerwürfnis zwischen beiden Seiten und eine nicht auszuschließende Militärintervention verhindern sollen. Währenddessen ließ Maduro am 4. Februar das von ihm als inakzeptabel bezeichnete Ultimatum der EU-Staaten zur Ausrufung von Neuwahlen für das Präsidentenamt verstreichen.

Mittlerweile haben Hyperinflation, chronische Unterernährung, eklatante Versorgungsmängel, Polizeiwillkür und der Zusammenbruch des Gesundheitssystems ungefähr zehn Prozent der knapp 32 Millionen Einwohner zu Flüchtlingen gemacht. Seit 2015 gilt Caracas als gefährlichste Hauptstadt der Welt. Der unaufhaltsame Abstieg Venezuelas, 1950 gemessen am Bruttoinlandsprodukt das viertreichste Land der Welt und zur Jahrtausendwende immerhin noch der finanzstärkste Staat Lateinamerikas, hängt eng mit dem Erdöl zusammen, das sich erst als Segen und dann als Fluch entpuppte. 

In den üppigen Jahrzehnten versäumte man eine Diversifizierung der Wirtschaft. So stammen weiterhin mindestens 95 Prozent der für Nahrungsmittelimporte dringend benötigten Deviseneinnahmen aus der 1914 begonnenen kommerziellen Erdöl­för­de­rung. Fast 90 Prozent der Exporte gehen in die USA sowie nach China und Indien, wobei die Produktion seit 1998 trotz gegen­tei­li­ger An­kün­di­gun­gen um fast 65 Prozent gesunken ist. Die USA nehmen Venezuela heutzutage lediglich ein Drittel der damaligen Menge ab und zahlen seit Kurzem bis auf Weiteres nur noch auf ein Treuhandkonto. 

Maduro hat sich durch seinen Starrsinn nach und nach in eine ausweglose Lage manövriert. Für Guaidó, der letztendlich siegreich aus diesem Machtkampf hervorgehen sollte, dürfte die Verringerung dieser extremen wirtschaftlichen Einseitigkeit eine der schwierigsten Aufgaben für die Zukunft sein.