20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
15.02.19 / »Eine riesengroße Geldverschwendung« / Die »Concorde« startete vor einem halben Jahrhundert vom Flughafen Toulouse-Blagnac zu ihrem Jungfernflug

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-19 vom 15. Februar 2019

»Eine riesengroße Geldverschwendung«
Die »Concorde« startete vor einem halben Jahrhundert vom Flughafen Toulouse-Blagnac zu ihrem Jungfernflug
Manuel Ruoff

Der Krieg ist bekanntlich der Vater aller Dinge. Nachdem es den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges mit freiwilliger und unfreiwilliger Hilfe der deutschen Verlierer gelungen war, Militärmaschinen zu entwickeln, die schneller waren als der Schall, verfolgten sie den Gedanken, die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch zivil für die Entwicklung eines Überschallverkehrsflugzeuges zu nutzen. In den USA wurde mit staatlicher Unterstützung an einem SST (Supersonic Transport) gearbeitet. In der Sowjetunion entstand die Tupolew Tu-144. In Großbritannien wurde ein Supersonic Transport Aircraft Committee (STAC) gegründet. Und in Frankreich wurde 1959 ein Pflichtenheft für einen Überschalljet erstellt. Die Entwick­lungskosten für eine derartige Hochleistungsmaschine erwiesen sich als recht hoch. Deshalb nahm in den USA der Staat die Sache in die Hand, um die nationalen Kräfte zu bündeln, und taten sich in Europa die beiden kleinsten Siegermächte zusammen. 

1962 vereinbarten der britische Verkehrsminister Julian Amery und der französische Botschafter in Großbritannien Geoffroy Chodron de Courcel den Bau eines gemeinsamen Flugzeugs. Symbolträchtig sollte der Name Eintracht, Einigkeit lauten. Die jeweiligen Begriffe im Französischen und Englischen waren zwar ähnlich, aber nicht identisch. Die Grande Nation setzte sich durch. Bis 1967 nannten die Engländer das projektierte Flugzeug zwar „Concord“, aber bis zu seiner Fertigstellung hatten die Franzosen „Concorde“ durchgesetzt.

Ursprünglich sollte das Projekt 150 Millionen britische Pfund kosten. Es wurden schließlich 1,2 Mil­liarden. Frühzeitig erwogen die Briten, die Reißleine zu ziehen, aber sie unterließen es schließlich. Da war zum einen der Knebelvertrag von 1962 und zum anderen die Rücksichtnahme auf französische Befindlichkeiten während des erst 1972 abgeschlossenen eigenen Beitrittsprozesses zur französisch dominierten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. 

Wie bei politisch sensiblen bi- oder multilateralen Projekten üblich, wurde auf Parität geachtet. Der Erstflug erfolgte am 2. März 1969 vom französischen Flughafen Toulouse-Blagnac mit einem französischen Piloten. Einen guten Monat später, am 9. April des Jahres, folgte der Erstflug des zweiten Prototyps vom englischen Flughafen Filton mit einem britischen Flugzeugführer. Noch im selben Jahr erreichte die „Concorde“ einfache und dann auch zweifache Schallgeschwindigkeit. Mach 2,23, sprich 2405 Kilometer in der Stunde, erreichte die „Concorde“ in 18 Kilometer Höhe. Am 21. Januar 1976 starteten je eine „Concorde“ von einem französischen und einem britischen Flughafen zu den ersten kommerziellen Flügen.

Wenn die Höchstgeschwindigkeit auch imponierend ist, so hielt sich doch der ökonomische Erfolg gelinde gesagt in Grenzen. Der britische Schatzkanzler von 1974 bis 1979, Denis Healey, sprach rück­blickend weniger diplomatisch von „einer riesengroßen Geldverschwendung“. Zwei Probleme seien hier genannt. Da war zum einen der Verzicht der USA auf ein eigenes Überschallverkehrsflugzeug. Das bedeute zwar für die „Concorde“ den Wegfall eines Konkurrenten, verminderte jedoch die Toleranz der USA gegenüber den Überschallknällen von Verkehrsflugzeugen spürbar, und die interkontinentalen Verbindungen waren für die „Concorde“ lebensnotwendig, da sie nur dort mit ihrer hohen Reisegeschwindigkeit bei den Fluggästen punkten konnte. 

Das andere Problem war der hohe Treibstoffverbrauch in Kombination mit der Ölkrise von 1973, der das Fliegen mit der „Con­corde“ zusätzlich verteuerte. Für den Transport eines Fluggastes brauchte die „Concorde“ doppelt so viel Treibstoff wie eine Boeing 707 und dreimal so viel wie eine Boeing 747. Auch das schlug sich im Preis nieder, abgesehen vom großen technischen Aufwand. Es gab an Bord nur eine Klasse, und für die waren die Tickets noch einmal um ein Fünftel teurer als die für die First Class gewöhnlicher Flugzeuge. Das war vielen Fluggästen einfach zu teuer.

Freiwillig kaufte die „Concorde“ keiner. Fast alle Fluggesellschaften stornierten ihre Kaufoptionen. Es blieben nur die, die nicht anders konnten, die staatsnahen französischen und britischen Fluggesellschaften Air France und British Airways. Von den zwei Prototypen, zwei Vorserienmodellen und 16 Serienmaschinen, die insgesamt bis 1976 gebaut wurden, übernahmen beide Fluggesellschaften je die Hälfte.

Der Anfang vom Ende der „Concorde“ kam mit dem Absturz einer Maschine am 25. Juli 2000 kurz nach dem Start vom Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle, der allen Flugpassagieren das Leben kostete. Die Luftaufsichtsbehörden Frankreichs und Großbritanniens reagierten erst einmal mit dem Entzug der Typenzulassung. Erst eineinhalb Jahre später, am 16. Januar 2002, wurden die Ermittlungen abgeschlossen. Im Ergebnis wurde die „Concorde“ zwar entlastet, aber der Ruf war mittlerweile ange­knackst. Das Fliegen mit ihr war schon vor dem Unglück sehr teuer gewesen, aber nach dem Unglück hatte es auch noch als gefährlich gegolten. Da half dann auch die Wiedererteilung der Typenzulassung am 5. September 2001 nur wenig. Kaum wieder auf dem Markt, führten die Anschläge vom 11. September zu einem schweren Einbruch bei den weltweiten Flugzahlen. 

Am 27. Juni 2003 erfolgte der letzte kommerzielle Flug der Air France, vier Monate später, am 24. Oktober, der letzte von British Airways. Am 26. November 2003 flog Chefpilot Mike Bannister eine „Concorde“ vom Flughafen London Heathrow nach Filton zur dortigen Verwendung als Luftfahrtmuseumsexponat. Es war der letzte „Concorde“-Flug.

(siehe Kommentar Seite 8)