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15.02.19 / Plädoyer einer Muslimin für die Bundeswehr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-19 vom 15. Februar 2019

Plädoyer einer Muslimin für die Bundeswehr
F.-W. Schlomann

Nariman Hammouti-Reinke wurde als Kind marokkanischer Eltern in Deutschland geboren, ist muslimischen Glaubens, wurde Bundeswehrsoldatin und war zwei Mal viele Monate für die Truppe Elektronischer Kampf im Afghanistan-Einsatz. Seit Jahresbeginn ist die 40-Jährige Leutnant zur See und Mitglied in der Kommission für Integration des Niedersächsischen Landtags. Deutschland  nennt sie ihre Heimat. Ihr Ziel ist, „dass die Deutschen ihre Streitkräfte als das wahrnehmen, was sie sind: Eine Parlamentsarmee mit dem klar definierten Auftrag, den Frieden und die Freiheit für alle Menschen in Deutschland zu sichern“.

Leidenschaftlich wehrt sie sich gegen das recht verbreitete Negativ-Bild vieler Bundesbürger von der Bundeswehr. Dabei räumt sie  ein, es gebe „sehr schlimme Dinge“, doch diese seien Ausnahmen, die ein Zerrbild schufen. Zu Recht beklagt sie, viele Deutsche stünden der Bundeswehr gleichgültig gegenüber. Gegen die Bun­deswehr im Allgemeinen seien die Grünen und die Linkspartei. Die Autorin schildert ihren Einstieg in die Truppe und gewährt einen tiefen Einblick in deren Leben. Ausbildung bestehe nicht darin, Kameraden zu demütigen, „Führen durch Vorbild“ solle deren Grundlage sein. Seit Aussetzen der Wehrpflicht habe die Bundeswehr weniger Personal, dennoch mehr Aufgaben wie etwa durch Auslandseinsätze. 

„Das militärische Gerät und vieles andere ist in beklagenswertem Zustand“ – das gelte selbst bei den Kriegseinsätzen in Afghanistan. 

Erwartungsgemäß ist ein Großteil des Buches der Integration gewidmet und der umstrittenen Kernfrage, ob der Islam zu Deutschland gehöre. Rund 15 Prozent der Bundeswehrsoldaten hätten einen Immigrationshintergrund, durch das Tragen einer einheitlichen Uniform und die Kameradschaft gelänge die Integration in der Bundeswehr indes sogar besser als in der Gesamtbevölkerung. Ihre Sorge ist, dass der Spalt zwischen den „alten“ und den „neuen“ Deutschen breiter wird. Es drohten parallele Subgesellschaften. Für sich selbst betont die Autorin, sie esse nicht das übliche Schweinefleisch und habe keinen muslimischen Mi­litär-geistlichen. Indirekt fordert sie eine größere Berücksichtigung der muslimischen Soldaten. 

Andererseits stellt die Verfasserin fest, dass sie die oft behaupteten sexuellen Belästigungen nirgendwo erlebt habe. Für nicht repräsentativ erachtet sie den Skandal 2017 im Ausbildungszentrum Paffendorf, wo man nackte Männer und Frauen mobbte, ohne dass Vorgesetzte einschritten und „sogar gedeckelt würden, auch von der Führung“. Merkwürdig erscheint dem Leser ein Vorfall an der Bundeswehr-Universität Helmut Schmidt in Hamburg, wo ein Bild des früheren Bundeskanzlers mit der Zeile „Leutnant Helmut Schmidt – 1940“ in Wehrmachtsuniform hing: „Alle waren verunsichert und keiner wusste mehr, was er machen sollte oder tun durfte“. 

Zu Recht beklagt Hammouti-Reinke, dass bei Einheiten mit 48 Kampfpanzern nur neun, von neun U-Booten keines einsatzbereit seien. Oft habe sie neue Geräte für den Ernstfall erstmals im Kriegseinsatz gesehen. Bei allem müsse die Kardinalfrage sein, ob die Deutschen sich zu ihren Streitkräften bekennen. Doch wer Nationalstolz habe, werde sofort in die Nazi-Ecke gestellt. 

In ihrer Wunschliste an die Bundeswehr schreibt sie: „Ich wünsche mir mehr Anerkennung für das, was meine Kameraden und ich leisten. Ich wünsche mir auch, dass mehr Deutsche unserer Heimat größere Wertschätzung entgegenbringen. Wir leben in einem wunderbaren Land in Frieden und Sicherheit. Die Bundestagsabgeordneten sollten uns nicht für ihre persönliche oder parteiliche Profilierung missbrauchen, sonst verlieren wir das Vertrauen in unsere politische Führung. Dringend wünsche ich mir von den Abgeordneten, dass sie nicht das Leben von uns Soldaten gefährden, indem sie uns mit unzulänglicher Ausstattung in den Einsatz schicken, sondern rechtzeitig und sachgerecht entscheiden. Wir brauchen eine gute Ausrüstung, Bildungspolitik gegen Verteidigungspolitik aufzurechnen, ist Schwachsinn. Ich wünsche mir eine effizientere Beschaffung, dass der Erwerb von manchem Gerät sich über Jahrzehnte hinzieht, ist doch absurd: Es wäre sehr gut, wenn Regierung und Bundestag den Auftrag der Bundeswehr deutlicher darstellen würden, dass wir uns nicht für Dinge rechtfertigen müssen, die andere zu verantworten haben“. 

Ein Buch, das der Leser sehr nachdenklich aus der Hand legen  sollte.

Nariman Hammouti-Reinke: „Ich diene Deutschland“, RowohltVerlag, Reinbek 2019, broschiert, 255 Seiten, 14,99 Euro