26.04.2024

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15.02.19 / Berlin von oben – damals und heute

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-19 vom 15. Februar 2019

Berlin von oben – damals und heute
Silvia Friedrich

Für „Berlin. Luftaufnahmen gestern und heute“ mussten sich die Autoren in die Luft begeben. Als Vorlage dienten alte Aufnahmen Berlins. Diese möglichst im genauen Winkel aus heutiger Sicht zu fotografieren, war Aufgabe Dirk Laubners, der seit vielen Jahren als Luftbildfotograf arbeitet. Zusammen mit Dirk Palm entstand ein sehenswertes Werk über die Architektur Berlins im Laufe seiner jüngeren Geschichte. Etwa 50 Bildpaare zeigen jeweils in einer Art Gegenüberstellung, wie einschneidend sich Berlin in den vergangenen 100 Jahren verändert hat, und das nicht nur aufgrund bautechnischer Neuerungen, sondern wegen historischer Gegebenheiten. Abgesehen von Krieg, Zerstörung und Teilung durch eine 28 Jahre bestehende Mauer habe das Ablehnen althergebrachter Architektur in Berlin eine lange Tradition, so Palm. Diese sei teils aus demografischen Notwendigkeiten, teils auch aus ästhetischen und gesellschaftlichen Vorstellungen erwachsen. 

So sei die nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ausgebaute Festungsstadt schon wenige Jahrzehnte später überlebt gewesen und wurde durch die im 17. Jahrhundert entstandenen Vorstädte Dorotheenstadt und Fried-richstadt ergänzt mit schnurgeraden, schachbrettartig angelegten Straßen und Plätzen. Auch das 19. Jahrhundert bot der gewachsenen Architektur wenig Raum: Mittelalterliche und barocke Gebäude mussten weichen. Das setzte sich fort in der Weimarer Zeit als „abgelebte Traditionen“ nun auch in der Architektur überwunden werden sollten. Jeder kennt die Größenwahnideen eines Adolf Hitlers bezüglich der „Welthauptstadt Germania“. In dieser Zeit wurden ganze Stadtteile zerstört und architektonische Umstrukturierungen durchgeführt wie noch niemals zuvor. Den Rest besorgte dann der Bombenkrieg im Zweiten Weltkrieg. 

Auf den entstandenen Brachflächen und auch der Wohnraumnot geschuldet, tobten sich nun die Stadtplaner zweier politischer Systeme aus. Im Westteil Berlins blieb vieles vorläufig, hofften doch die meisten auf eine Wiedervereinigung. Im Ostteil entstand „auf Teufel komm raus“ eine neue Hauptstadt, und wehe dem Westbesucher, wenn er Ostberlin vor den Grenzbeamten nicht genau so bezeichnete. 1990 gab es wieder einen Bruch, und die Verantwortlichen strebten nun an, aus der Vergangenheit zu lernen. Da die Stadt immer größer und sicher in gar nicht ferner Zukunft die Vier-Millionen-Einwohner-Grenze erreichen wird, ist Wohnraumbeschaffung die größte Herausforderung. Zur Ruhe kommt Berlin nie. „Berlin ist eine Stadt, verdammt dazu, ewig zu werden, niemals zu sein“, sagte schon der Kunstkritiker und Publizist Karl Scheffler (1869–1951). Das Buch ist eine anschauliche, aufschlussreiche Manifestation dieser äußerst wahren Aussage. Sehenswert und packend für Architekturinteressierte und vor allem Berlinliebhaber.

Dirk Laubner/Dirk Palm: „Berlin. Luftaufnahmen gestern und heute“, Elsengold Verlag, Berlin 2019, gebunden, 112 Seiten, 25 Euro