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22.02.19 / »Retter aus Pommern« / Partei des linken Hoffnungsträgers Biedron tritt gegen PiS an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-19 vom 22. Februar 2019

»Retter aus Pommern«
Partei des linken Hoffnungsträgers Biedron tritt gegen PiS an
Bodo Bost

Der sogenannte Retter aus Pommern, Robert Biedron, ist einer der populärsten Politiker Polens. Mit 60 Prozent der Stimmen wurde er als Parteiloser 2014 zum Bürgermeister der pommerschen Stadt Stolp gewählt. Jetzt hat er seine eigene Partei „Frühling“ in Warschau gegründet. Der Hoffnungsträger der polnischen Linken will mit der Bewegung „Frühling“ bei den Europawahlen die Dominanz der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) beenden. Der 42-Jährige verwies bei der Parteigründung  auf die Ermordung des Danziger Bürgermeisters Pawel Adamowicz vor vier Wochen. Er möchte das Erbe von Adamowicz antreten. 

Das Programm seiner neuen Partei basiert auf drei Säulen: dem Menschen, der Gemeinschaft und einem Staat, dem die Bürger vertrauen. Biedronnwill für das Recht auf Abtreibung, den Zuzug von Asylsuchern und den Ausstieg aus dem Kohlebergbau bis 2035 sowie gegen die Abholzung der Wälder kämpfen. 

Der bekennende Homosexuelle  ist, seitdem er als Bürgermeister  von Stolp in nur vier Jahren ein Modellprojekt der Sanierung umgesetzt hat, einer der beliebtesten Oppositionspolitiker. 2018 kehrte er der Lokalpolitik den Rücken, um auf die nationale Bühne zu wechseln. 

Biedronn wurde 2011 in den Sejm, das polnische Unterhaus, gewählt. Er stand auf der Liste von „Ruch“, einer antiklerikalen Protestpartei, die nur eine Legislaturperiode im polnischen Parlament blieb und dann in der Versenkung verschwand. Als Mitglied des Justizausschusses erwarb sich Biedronnim Parlament Ansehen. 

Bis zu Biedrons Wahl zum „Stadtpräsidenten“ war die drittgrößte Stadt Hinterpommerns selbst vielen Polen kein Begriff. Die Gemeinde ist 20 Minuten mit dem Auto von der Ostseeküste entfernt. Deshalb hat es für einen Badeort und viel Tourismus nicht gereicht. Stolp gehörte damals zu den am höchsten verschuldeten Städten in der Republik Polen. Biedronn konnte in kurzer Zeit das Haushaltsdefizit beseitigen, er führte im Rathaus gleiche Löhne für Männer und Frauen ein, senkte die Arbeitslosigkeit und besetzte offene Stellen mit ukrainischen Gastarbeitern. Sein Rathaus stammte aus dem Jahr 1901, als seine Stadt noch zum deutschen Kaiserreich gehörte. Wie das Rathaus, in dem er residierte, wirkt auch Biedron ziemlich deutsch für polnische Verhältnisse. Als Alternative zu Korruption und Misswirtschaft  hat er die Stadtverwaltung effizienter gemacht und durch ein Sparprogramm saniert. Sein eigenes Gehalt hatte er reduziert. 

PiS hat seit der Machtübernahme Ende 2015 die Arbeit regierungskritischer Journalisten sehr erschwert.  Tausende von Frauen und Homosexuellen gehen regelmäßig auf die Straße, um gegen eine Verschärfung des Abtreibungsverbots und Diskriminierungen von Homosexuellen zu demonstrieren.

Der liberale Biedron ist bei diesen Protesten das Gesicht der außerparlamentarischen  Opposition geworden, weil seit den letzten Wahlen keine linke Partei mehr im Parlament sitzt. Biedronn wurde bereits mehrfach auf offener Straße körperlich angegriffen.

Einer nach der Parteigründung veröffentlichten Umfrage zufolge käme „Frühling“ bei den Europawahlen jedoch nur auf Platz drei, mit nur 6,4 Prozent weit abgeschlagen hinter der liberalen Bürgerplattform (PO) mit 30 Prozent und der Regierungspartei PiS mit 36 Prozent.