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22.02.19 / Die Kollaborateure / Ein Autor soll nicht mehr unterhalten dürfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-19 vom 22. Februar 2019

Die Kollaborateure
Ein Autor soll nicht mehr unterhalten dürfen
H. Tews

Eine blonde Jüdin, die mit den Nationalsozialisten kollaboriert? Das geht natürlich gar nicht in einer Zeit, wo man es als Widerspruch in sich begreift, wenn Juden in der AfD sind. Und es geht schon gar nicht in Buchform. Der Journalist Takis Würger hat genau das gewagt und wird dafür jetzt öffentlich hingerichtet.

In dem Roman „Stella“ schildert Würger die wahre Geschichte der Stella Goldschlag, die im Berlin der 40er Jahre Juden denunzierte, die sich vor der SS versteckten. Als das Buch im Januar erschien, hagelte es wie auf Kommando Verrisse, die wie abgesprochen schienen und in dieser Form noch nie zu lesen waren. Die „Süddeutsche Zeitung“ sprach von einem Ärgernis, die „Zeit“ von „Histotainment voller Klischees“, und die „Frankfurter Allgemeine“ griff sogar den Verlag an: „Hanser blamiert sich mit einem kitschigen Roman über die jüdische Nazi-Kollaborateurin Stella Goldschlag. Der Verlag hat dafür sehr viel Geld ausgegeben, doch wer braucht diesen Schund, der nicht mal als Parodie durchginge?“

Es klang wie eine konzertierte Aktion der Leitmedien, die sich gegen einen Genossen aus den eigenen Reihen und einen renommierten Verlag richtet, der es wagte, dieses Tabuthema zu veröffentlichen. Unter dem Vorwand mangelnden Stils – Trivialliteratur, Kitsch – wurde der Inhalt an­gegriffen. Darf sich Unterhaltungskunst jetzt nicht mehr an solche historischen Stoffe wagen?

Dabei lief seit 2016 in der Oper von Berlin-Neukölln sogar ein  Musical über die jüdische „Greiferin“, ohne dass sich groß je­mand darüber empörte. Bis jetzt. Denn mit der Skandalisierung von Würgers Buch sind nun auch Stella Goldschlags Erben aufgewacht. Wegen „kulturindustrieller Unterhaltung“ wollen sie juristisch gegen den Roman und die Neuköllner Oper vorgehen. 

Ein Anwalt der Erben teilte mit, zu Lebzeiten sei Stella Goldschlag besonders daran gelegen gewesen, dass ihre Biografie in verantwortungsvoller Weise dargestellt wird: „Sie wollte unter keinen Umständen, dass einzelne Ab­schnitte ihres tragischen Lebens aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und damit verfälscht dargestellt werden.“

Kommt es zum Prozess, könnte sich dieser zum Lehrstück über Kunstfreiheit entwickeln. Ein Verbot des Romans steht im Raum. Würger wird sich bedanken. Eine bessere Werbung für diesen „Schund“ hätte er sich gar nicht wünschen können. Der Roman verkauft sich prächtig.