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22.02.19 / Wie die Axt im Walde / Brandstiftungen, Graffiti und ein Haufen von Unrat – Im Elbsandsteingebirge breitet sich der Vandalismus aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-19 vom 22. Februar 2019

Wie die Axt im Walde
Brandstiftungen, Graffiti und ein Haufen von Unrat – Im Elbsandsteingebirge breitet sich der Vandalismus aus
Wolfgang Kaufmann

Mancher, der heute in den Wald geht, tut es nicht wegen der Romantik, sondern um dort ein Chaos anzurichten. Respekt vor der Natur ist inzwischen für viele zu einem Fremdwort geworden.

Das Elbsandsteingebirge, auch Sächsische Schweiz genannt, ist das markanteste und formenreichste deutsche Mittelgebirge überhaupt. Deshalb wurden große Teile davon im September 1990 zum Nationalpark erklärt, in dem relativ strenge Regeln gelten, um den Charakter der Landschaft und die oftmals sehr fragile Felsenwelt zu schützen. Allerdings gibt es Besucher, welche sich trotzdem wie die sprichwörtliche Axt im Walde benehmen.

2018 war ein schlechtes Jahr für die Sächsische Schweiz, denn neben extremer Trockenheit litt die Natur hier auch unter dem Treiben von allerlei Vandalen. Einige derselben entzündeten auf dem Höhepunkt der schlimmsten Hitzeperiode seit Langem ein Feuer auf den schwer zugänglichen Bändern 500 Meter elbabwärts vom weltberühmten Aussichtspunkt Bastei. Bis Hunderte Feuerwehrleute aus 15 Ortsfeuerwehren den daraus resultierenden Waldbrand unter Kontrolle bekamen, hatte der selbige bereits 15000 Quadratmeter Wald in der besonders sensiblen Kernzone des Nationalparks vernichtet. Die Verursacher wurden jedoch nie gefasst und bestraft, was analog für die 14 anderen Waldbrände des Sommers 2018 im Nationalpark gilt. 

Ungeschoren davon kam bislang auch eine weitere Gruppe von Personen, denen viele Naturfreunde wohl kurzerhand Prügel verpassen würden, wenn es ihnen denn gelänge, diese zu schnappen: Grafitti-Sprayer. Es gibt tatsächlich Leute, die in die Felsenwelt der Sächsischen Schweiz ziehen, um die pittoresken Sandsteingebilde mit ihren teilweise meterhohen „Kunstwerken“ zu „verzieren“. Bislang traf es unter anderem den Klettergipfel Mönch oberhalb des Kurorts Rathen, das touristisch stark frequentierte Schrammtor bei Bad Schandau sowie die ebenfalls vielbesuchte Gautschgrotte un­weit von Hohnstein und wiederum auch das Bastei-Gebiet – wahrscheinlich, weil da die Fußlahmen unter den Kriminellen bequem mit dem Pkw anreisen können.

Apropos Auto: Eine weitere Unsitte ist es, sein Allradfahrzeug mit Schlafsäcken, reichlich Alkohol und vielleicht auch noch dem Familienhund zu beladen und damit über gesperrte Waldwege bis zu einem einsamen Felsriff zu rollen, wo dann das nächtliche „Naturerlebnis“ genossen wird, während schutzbedürftige seltene Tiere angesichts der grölenden und bellenden Eindringlinge in helle Aufregung geraten.

Noch etwas geistlosere Zeitgenossen wollen unbedingt Bilder von brütenden Wanderfalken schießen. Das geht natürlich am besten mit Fotodrohnen. Und so surren diese technischen Spielzeuge an diversen Felsmassiven hoch, die sich in extra zum Schutz der Tiere gesperrten Partien des Elbsandsteingebirges befinden. Über die Konsequenzen solcher Aktionen gibt jetzt eine Statistik der Zoologen für 2018 Auskunft: In den 16 registrierten Wanderfalken-Nestern kam es zu insgesamt neun Brutverlusten. Das heißt, die Jungvögel starben oder die Eier wurden gar nicht erst ausgebrütet, weil die Eltern wegen der permanenten Störungen die Flucht ergriffen hatten. Das gilt analog für die Uhus: Hier überlebten lediglich zwei Junge, obwohl man fünf brütende Paare zählte.

Weitere Ärgernisse sind der allgegenwärtige Müll der Besucher sowie das verbotene Verlassen von markierten Wegen in der Kernzone. Viele wissen gar nicht, dass es drei Jahre dauert, bis ein weggeworfenes Papiertaschentuch verrottet – von Flaschen und Plastikresten ganz zu schweigen. Genauso wenig Sensibilität ge­genüber der Natur zeigen jene, welche unbedingt neue Wege erschließen oder alte Pfade und Stiegen wieder begehbar machen wollen. Das gilt unter anderem für die Verfasser von Wanderführern, die den Absatz ihrer Bücher dadurch anzukurbeln versuchen, dass sie nach „Geheimtipps“ suchen, die zwar illegal sind, aber eben eine bestimmte abenteuerlustige Klientel ansprechen.

All den geschilderten Auswüchsen Einhalt zu gebieten ist die Aufgabe der Angestellten der Nationalparkwacht beziehungsweise „Naturschutzwarte“, wie sie offiziell heißen. Diese können rein theoretisch Bußgelder von bis zu 55000 Euro gegen ertappte Umweltsünder verhängen. 

Jedoch gibt es kaum noch solche Aufpasser, weil der Freistaat Sachsen vakante Stellen seit einigen Jahren nicht wieder besetzt. Deshalb wird die Sächsische Schweiz nun im Sommer von 

14 und im Winter von zehn Naturschutzwarten „behütet.“ 

Und höchstwahrscheinlich sinkt deren gegenwärtige Zahl im nächsten Jahr noch weiter. Dabei ist der Nationalpark 93,5 Quadratkilometer groß, extrem un­übersichtlich und mit einem Wanderwegenetz von 400 Kilometern versehen, auf dem sich pro Jahr drei Millionen Menschen tummeln. Das macht reichlich 8200 Leute am Tag beziehungsweise 

88 Touristen pro Quadratkilometer innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden.  

Dass so lächerlich wenige Naturparkwächter unterwegs sind, liegt natürlich nicht an fehlenden Bewerbern – davon gäbe es mehr als genug. Vielmehr muss der Freistaat Sachsen an sämtlichen Ecken und Enden sparen. Schließlich hat er ja die finanziellen Zusatzlasten durch den anhaltenden Zustrom von „Flüchtlingen“ zu stemmen: Nach offiziellen Angaben des Finanzministeriums in Dresden entstanden alleine 2016 Asylkosten in Höhe von 915,5 Millionen Euro; 2017 sollen es dann immerhin noch 674,5 Millionen Euro und 2018 rund 650 Millionen gewesen sein. Das macht insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro – wenn die Zahlen tatsächlich so stimmen.

Angesichts dieses ungeplanten Kraftaktes bleibt dann eben auch der Schutz der Natur auf der Strecke. Ja, mehr noch: Um die Staatsfinanzen zu sanieren, wird sogar zur Motorsäge gegriffen und kräftig abgeholzt. Vor allem Fichten „sind bares Geld“, gestand der Naturschutzwart Jan Scheffler kürzlich im Interview mit den Machern des Blogs „Campusrauschen“. Dabei kann sich die Nationalparkverwaltung formell auf die geltende Nationalparkverordnung berufen, in der unter anderem steht, dass derartige „forstwirtschaftliche Maßnahmen“ zulässig sind.