28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.03.19 / Unverwüstliches Theater / Das Hansa-Theater ist eine Hamburger Institution – Wo sonst klingelt man noch nach dem Kellner?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-19 vom 01. März 2019

Unverwüstliches Theater
Das Hansa-Theater ist eine Hamburger Institution – Wo sonst klingelt man noch nach dem Kellner?
Andreas Guballa

Das legendäre Hansa-Theater im Hamburger Stadtteil St. Georg feiert am 5. März sein 125-jähriges Bestehen. In einer Jubiläums­show führen gefeierte und preisgekrönte Artisten und Akrobaten und die erstklassigen Musiker der „Hansa Boy“-Band eine Welt voller magischer Momente vor.

Deutschlands ältestes und sicher bekanntestes Varieté-Theater feiert in dieser Saison sein 125-jähriges Bestehen. Seit 1894 haben über 30 Millionen Zu­schauer diese Institution der Unterhaltungskultur besucht und fast jeder verbindet eine schöne persönliche Erinnerung mit dem Aufenthalt: an das erste Rendezvous, an die Verlobung, den runden Geburtstag oder den besonderen Hochzeitstag.

Genaugenommen steckt das jetzige Hansa-Theater am Steindamm unweit vom Hauptbahnhof noch in den Kinderschuhen. Erst 2009 haben die Direktoren Thomas Collien und Ulrich Waller das lange Zeit unbespielte Theater übernommen. Und so erwartet das Publikum in der elften Spielzeit noch bis zum 31. März atemberaubendes Varieté, Stars und faszinierende Artistik – moderiert von wechselnden Kabarettisten, Schauspielern und Musikern wie Horst Schroth, Robert Kreis, Arnulf Rating, Dirk Bielefeldt alias Herr Holm, dem „deutschgewordenen“ Franzosen Alfons sowie Matthias Brodowy, Rolf Claussen und Marcus Jeroch.

Acht internationale Künstler entführen die Zuschauer in dem nostalgischen Ambiente dieser Hamburger Legende auf eine fesselnde Zeitreise in die glamouröse Welt des Varietés – live begleitet von den Hansa-Boys und kulinarisch abgerundet mit dem legendären Theaterteller. Wie Schlangenfrau Maria Sarach sich in ihrer Artistik-Nummer in ungeahnte Höhen windet, ist atemberaubend. Weltklasse auch das Akrobaten-Duo Kvas, das Kopf auf Kopf balancierend die Grenzen der Schwerkraft auslotet. Als Herrin der Ringe fasziniert Yulia Ras­shivkina, die sich scheinbar spielend umkreisen lässt – von 55 Hula-Hoop-Reifen. Gebannt und gerührt sitzt man da, wenn „Strippenzieher“ Alex eine flirtfreudige kleine Puppe zum Leben erweckt oder Illusionist Hans Davis seine flinken Finger spielen lässt, um ins Schattenreich exotischer Tiere zu entführen. 

Und dann ist da noch Alana, die als erste Frau überhaupt als Magierin des Jahres ausgezeichnet wurde. Wie ihre Eltern vor vielen Jahren tritt sie als Lokalmatadorin auf und zaubert auf der Bühne tonnenweise bunte Ohrringe in ständigem Wechsel an ihre Ohrläppchen – eine sehr weibliche Seite der Magie. 

Begonnen hat die glorreiche Geschichte des Hansa-Theaters am 5. März 1894, als der Brauereibesitzer Paul Wilhelm Grell sich entschloss, den „Hansa-Concert-Saal“ zu kaufen. Grell hatte die richtige Nase und das richtige Händchen bei der Wahl seiner Künstler. Internationale Stars, wie die damals sogar von gekrönten Häuptern umschwärmten Tänzerinnen Cléo de Mérode, La Belle Otéro oder Lola Montez verzauberten das Publikum um die Jahrhundertwende. 

In den 1920er Jahren geriet das Publikum außer Atem, als sie Jo­sephine Baker, nur mit einem Ba­nanenröckchen bekleidet, auf der Bühne des Hansa-Theaters sahen. Die Liste der Künstler, die dem Haus die Ehre gaben oder ihre Karriere hier begannen, ist lang und beeindruckend. Berühmtheiten der damaligen Zeit wie Fritzi Massary und Asta Nielsen wurden bejubelt, und Hans Albers, der nur eine Straße weiter in der „Langen Reihe“ das Licht der Welt erblickte, begann hier seine Karriere. Die Gebrüder Wolf und Charly Wittong sorgten mit ihren Hamburger Liedern und Couplets für Stimmung und luden zum Mitsingen ein ebenso wie die Comedian Harmonists, deren frivole Lieder damals jeder kannte.

Varietéstars wie der Entfesselungskünstler Houdini, der Hellseher Hanussen oder der Jongleur Enrico Rastelli versetzten das Publikum in Erstaunen. Zu den Publikumslieblingen, für die die Hamburger stundenlang Schlange standen, um Karten zu bekommen, gehörte Charlie Rivel, dessen „Akrobat schööön!“ zu einem geflügelten Wort wurde.

Kurt Grell, der Sohn von Paul Wilhelm, trat 1919 in das florierende Unternehmen ein und übernahm 1924 die Geschäfte. Doch im Juli 1943 wartete ein schwerer Schicksalsschlag auf ihn. Während schwerer Luftangriffe, die weite Teile Hamburgs in Schutt und Asche legten, erhielt auch das Hansa-Theater einen Volltreffer und wurde völlig zerstört. Offensichtlich hatte Kurt Grell jedoch das Erfolgs-Gen seines Vater geerbt, denn er ließ sich nicht entmutigen und baute aus den vormaligen Stallungen und Teilen des alten Foyers ein neues Theater mit 330 Plätzen. 

1953 ließ Grell Junior sein geliebtes Haus erneut umbauen 

– er machte das Hansa-Theater zu einer Showbühne mit integriertem Restaurant und 491 Plätzen. Seitdem wurde diese wunderbare Hamburgensie nicht mehr verändert, und die Besucher erfreuen sich noch heute an dieser rotgoldenen Pracht. Wenn auch nicht mehr so groß wie vor dem Krieg – den vorzüglichen Ruf unter den Artisten hatte das Hansa behalten.

Und so sah man hier wieder beste Artistik und große Namen. Charlie Rivel trat wieder auf, ei­ner der populärsten Kabarettisten im Nachkriegs-Deutschland, „Der Mann mit der Pauke“ Wolfgang Neuss gab im Wirtschaftswunderdeutschland hier den Takt an, der Kinderstar Cornelia Froboess sang hier „Pack die Badehose ein“ und Caterina Valente, die seit Jahren mit der ganzen Familie, allen voran Mutter Maria, hier auf der Bühne stand, zeigte, welches Talent in ihr schlummerte. 

Doch jede Zeit hat ihre Gaukler, und zur Jahrtausendwende war das Genre aus der Mode gekommen. Am 31. Dezember 2001 fiel nach 108 Spielzeiten mit 51188 Vorstellungen der vorübergehend letzte Vorhang. Glücklicherweise wurde das Haus jedoch nicht abgerissen, sondern nur eingemottet. Nichts wurde verkauft, das gesamte Inventar blieb an seinem Platz. Bis im Januar 2009 die Impresarios des St. Pauli Theaters Thomas Collien und Ulrich Waller den Musentempel aus seinem Dornröschenschlaf erweckten.

Seitdem erfreut sich das Hansa Theater ungebrochener Beliebtheit. Und so ist die Geschichte des Hauses noch lange nicht zu Ende. Zum Jubiläum am 5. März 2019 wird es eine Gala-Vorstellung mit besonderen Gästen geben.

Vorstellungen: bis 31. März, Dienstag bis Freitag, jeweils 19.30 Uhr, Sonnabend 16 und 20 Uhr, Sonnatg 15 und 19 Uhr. Preise: 39,90 bis 66,90 Euro. Vorverkauf: Karten-Hotline (040) 47110644, in den bekannten Vorverkaufsstellen und unter www.hansa-theater.de