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01.03.19 / Charly und die Schneefabrik / Pitztaler Gletscherbahn fährt seit 35 Jahren Wintersportler ins weiße Glück – Angestoßen wird mit Kaffee

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-19 vom 01. März 2019

Charly und die Schneefabrik
Pitztaler Gletscherbahn fährt seit 35 Jahren Wintersportler ins weiße Glück – Angestoßen wird mit Kaffee

Einfach mal so 27500 Hö­henmeter rauf und runter: für Charly ein ganz normaler Arbeitstag. Der 59-Jährige ist Wagenbegleiter im Pitztaler Gletscherexpress. Seit 35 Jahren, von Anfang an. Das will gefeiert sein.  Vom 23. bis 31. März lassen die Pitztaler Bergbahnen eine große Sause zum Jubiläum der Pitztaler Gletscher­erschließung starten. Höhepunkte sind das Gondeldinner zum Café 3440 (27. März) und Österreichs höchste Kaffeever-kostung (30. März). Zum Auftakt gibt es Live-Musik an der Bergstation des Gletscherexpresses.

Es wird Schnee geben. Ziemlich viel Schnee. Das weiß Charly auch ohne moderne Wetter-App auf dem Smartphone. Das sagt ihm der Tunnel, in dem er jede atmosphärische Änderung spürt. Wenn sich Nebel breitmacht, bedeutet das Niederschlag – je dichter, desto mehr. Gut für die Wintersportler. Charly freut sich mit ihnen, schließlich kennt man sich schon ewig. Charly alias Karl Neururer (59) ist das Gesicht des Pitztaler Gletscherexpresses. Seit 35 Jahren – von Anfang an – ist er als Wagenbegleiter unterwegs. Im März feiern die Pitztaler Bergbahnen die Erschließung des Tiroler Gletscherskigebiets. 

Sein normaler Arbeitstag: 

25 Fahrten, je 1100 Höhenmeter von der Talstation zur Bergstation auf 2840 Metern und wieder runter. Macht 27500 Höhenmeter. Auf nur ein Jahr hochgerechnet sind 5,5 Millionen Meter. „Da kommt was zusammen“, sagt Charly, dem die Höhe nichts ausmacht. 

„Viele kämpfen mit Schwindel und Übelkeit“, weiß Reinhold Streng (59), der technische Be­triebsleiter. Er hat sein Büro auf dem Gletscher, an der Schaltzentrale – und einen grandiosen Blick übers ewige Eis und die Gipfelwelt: „Unsere Angestellten müssen nicht nur fachlich gut sein, sondern auch extreme körperliche Belastungen aushalten.“

Die Pitztaler Bergbahnen haben 100 Mitarbeiter – von der Kellnerin bis zum Mechaniker – und sind der größte Arbeitgeber im Tal. Ähnlich prominent wie Charly ist Sepp Eiter (59), der die Gäste im Café 3440 empfängt. Wenn Sepp am höchsten Punkt im Gletscherskigebiet charmant Sachertorte und Apfelstrudel offeriert, fühlt man sich sofort heimisch. „Ich bin ein einfacher Hüttenwirt“, sagt er, der für seine lässig Tiroler Gastfreundschaft an diesem Ort geliebt wird. Hier kommt alles frisch aus der Gletscherbäckerei, die höchstgelegene Konditorei Österreichs.

Reinhold Streng kommt zurück zur Technik. Im 3,8 Kilometer langen Tunnel, der bis zu 600 Meter unterm Fels des Mittagskogels verläuft, sind zwei Bahnen über ein Zugseil verbunden. Sie treffen sich auf halber Strecke. Beim Start ist eine Bahn oben, die andere unten. „Wir schlafen abwechselnd am Berg“, sagt Charly. Schon einige Male war er für späte Wanderer Retter in der Not. „Sie bekommen Asyl oder auch mal einen Extra-Transfer hinunter“, sagt er.

Der Tunnel steht für Sicherheit. Unabhängig von Wetterunbilden ist er die allzeit funktionierende Anbindung ins Tal. Durch den Schacht laufen alle Versorgungsleitungen – Wasser, Abwasser, Strom, Datenstränge. „Unsere unterirdische Lebensader wurde vorausschauend ge­plant“, so Betriebsleiter Streng. 

Stolz ist Streng auch auf die Wildspitzbahn, mit der die Gäste weitere 600 Meter hinauf ins Café 3440 schweben. Skier werden nicht außen verstaut, sondern in der Gondel in den Boden ge­steckt. „Wir haben diesen Typ entwickeln lassen, inzwischen gibt es Nachahmer“, sagt Streng und weist auf weitere Superlative hin: Die höchstgelegene Fotovoltaikanlage Europas deckt ein Drittel des Energiebedarfs auf dem Gletscher, die Sunna Alm im verbundenen Skigebiet Rifflsee war das erste Passivenergiehaus im ganzen Alpenraum.

Demgegenüber wirkt der Gletscherexpress nostalgisch. Aber nur äußerlich. „Technisch sind wir absolut auf der sicheren Seite“, betont Streng – dank Nachrüstungen und regelmäßiger Kontrollen. 

Charly ist die persönliche Note wichtig. Er schmückt sein Führerhaus, in der Weihnachtszeit mit Tannengrün und roten Glocken. Und immer baumelt der Rosenkranz herunter. „Der begleitet mich seit 35 Jahren.“ Da kann nichts schiefgehen.Judith Kunz

Das Skigebiet: Der Pitztaler Gletscher und das verbundene Skigebiet Rifflsee bieten 40 Pistenkilometer. Der Tagesskipass kostet 

51 Euro für Erwachsene beziehungsweise 30 Euro für Kinder in der Hauptsaison. Weitere Infos: Tourismusverband Pitztal, Unterdorf 18, A-6473 Wenns, Telefon 0043(0)541486999, Internet:  www.pitztal.com