20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.03.19 / Auch wir werden bluten / Ungeordneter Brexit: Deutsche Industrie bereitet sich auf Schreckensszenario vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-19 vom 08. März 2019

Auch wir werden bluten
Ungeordneter Brexit: Deutsche Industrie bereitet sich auf Schreckensszenario vor
Peter Entinger

Innerhalb der deutschen Industrie wächst die Angst vor den Folgen des Brexits. Dennoch lehnt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Neuverhandlungen mit Großbritannien ab und bereitet sich auf einen ungeordneten Brexit vor.

„Die britische Politik darf Entscheidungen nicht länger vertagen. Die Optionen liegen auf dem Tisch. Es wäre absurd, wenn das Vereinigte Königreich in einen harten Brexit schlittert, den selbst eine Mehrheit im Parlament in London ablehnt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des BDI, Joachim Lang. Die Frage nach Neuverhandlungen steht laut Lang bei den Unternehmen nicht mehr auf der Tagesordnung – dafür sei die Zeit jetzt einfach zu knapp. Für sie sei es ohne Alternative, sich auf ein ungeordnetes Ausscheiden des Vereinigten Königreiches vorzubereiten.

Auch an Deutschland würde ein harter Brexit nicht spurlos vorrübergehen. „Wenn es ganz dick kommt, rechnen wir mit einem Rückschlag für die deutsche Wirtschaft in der Größenordnung von mindestens einem halben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschafts- kraft allein in diesem Jahr“, sagte Lang.

Der Präsident des Wirtschaftsforschungs-Instituts Ifo, Clemens Fuest, rechnet im Falle eines ungeregelten Brexit mit „riesigen Kosten“. Außenhandels-Präsident Holger Bingmann erklärte gegenüber der Nachrichten-Agentur Reuters ebenfalls, die Zeit vor dem eigentlich für Ende März vorgesehenen EU-Ausstieg sei zu knapp, um sich in erforderlicher Weise auf einen harten Brexit vorzubereiten. Für den Fall eines ungeordneten Ausscheidens sagt er „eine unmittelbar durchschlagende Rezession in der britischen Wirtschaft“ voraus, die auch „an Deutschland nicht unbemerkt vorüberziehen“ würde. „Beim Brexit drohen massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft“, sagte auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer: „Das kann zum Verlust von Jobs und von Wohlstand führen.“

Es gibt allerdings auch andere Stimmen. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, erklärte in einem Interview mit der „Welt“, die „rein wirtschaftlichen Kosten“ eines ungeordneten Brexits würden überschätzt: „Tatsächlich weiß niemand, wie der Brexit sich wirtschaftlich auswirken würde. Diese Unsicherheit macht den Menschen Angst und verleitet sie dazu, großen Pessimismus an den Tag zu legen.“ Die EU solle Großbritannien eine „Verlängerung des Austrittsdatums“ anbieten, „einmalig und maximal drei Monate lang“. Hierbei müsse die EU weiterhin geschlossen auftreten, wie sie es bisher sehr gut getan habe.

BMW sieht eine mögliche Verschiebung des Brexits dagegen skeptisch. „Ein scheibchenweise verschobener Starttermin wäre für uns kein gutes Szenario“, sagte Einkaufsvorstand Andreas Wendt gegenüber der „Automobilwoche“. BMW habe sich mit seinen vier Werken in Großbritannien auf den EU-Austritt am 29. März vorbereitet und die jährliche Wartung deshalb von Juli auf April vorgezogen. „Das gibt uns Spielraum für einen geordneten Übergang“, sagte Wendt.