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08.03.19 / Streit mit Griechenland / Wer der legitime Erbe des antiken Makedoniens ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-19 vom 08. März 2019

Streit mit Griechenland
Wer der legitime Erbe des antiken Makedoniens ist
Thomas W. Wyrwoll

Seit fast drei Jahrzehnten tobt zwischen Griechenland und Makedonien ein erbittert ausgefochtener Streit um das Erbe des antiken Makedoniens. 

Diese Erbstreitigkeiten wären allen Beteiligten erspart geblieben, hätten es die Griechen bei der Haltung ihrer Vorfahren belassen. Die Makedonen des Altertums galten ihren griechischen Zeitgenossen als „Barbaren“, die alles andere als einen Teil der griechischen Kulturwelt bildeten. Erst um 500 v. Chr. gelang es den makedonischen Königen, von den Griechen bei deren Olympischen Spielen zugelassen zu werden, indem sie für ihre Familie eine griechische Abstammung konstruierten – den gemeinen Makedonen wurde dieses Recht freilich nicht zuteil. 

Die antiken Quellen besagen, dass die nördlichen Nachbarn der Hellenen „kein Griechisch“ sprachen, also keine Griechen waren. Die vereinnahmungsfreudige griechische Forschung von heute macht daraus großzügig eine „unzulängliche Beherrschung des Griechischen“, obwohl die altgriechischen Dialekte damals stark ausgeprägt waren und dennoch niemand wegen seines Zungenschlags aus dem Griechentum ausgeschlossen wurde. Die wenigen Sprachzeugnisse des Makedonischen legen hingegen nüchtern betrachtet nahe, dass es sich bei ihm um eine eigenständige, wohl aber mit dem Griechischen verwandte und von griechischen Einflüssen durchsetzte Balkansprache gehandelt hat. Mit der unter Philipp II. und seinem Sohn Alexander dem Großen einsetzenden Verbindung Makedoniens mit den griechischen Staaten und nicht zuletzt infolge des gemeinsamen Feldzuges von Angehörigen beider Völker tief hinein nach Asien und Afrika kam es dann wohl erstmals zu größeren Vermischungen.

Ob die Alt-Makedonen dabei ganz im Griechentum aufgegangen sind oder ob es ein längeres eigenständiges Überleben makedonischer Volksteile gab, ist mangels Quellen schwer zu klären. Durch die Einwanderung von Slawen und deren Vermischung mit der Vorbevölkerung kam es jedenfalls später zur Herausbildung der heutigen Slawischsprachigen, zu denen auch die Makedonier zählen. Dabei dürften im Umfeld Makedoniens sicher auch Nachfahren von Makedonen einbezogen worden sein. Wenn Griechen letzteres in Abrede stellen, so kann man dies getrost als politische Esoterik bezeichnen. Umgekehrt ist es ebensowenig haltbar, wenn makedonische Autoren die slawische Einwanderung leugnen oder allenthalben das Überleben „makedonischer“ Traditionen beziehungsweise die Existenz archäologischer und kunstgeschichtlicher Quellen für den ungebrochenen Gebrauch altmakedonischer Symbole bis in die Gegenwart behaupten, ohne dass ihre Belege dann später für eine Untersuchung zugänglich sind.

Der Name „Makedonien“ geriet unter den Osmanen in Vergessenheit – die von ihnen unterjochten Ostsüdslawen sahen sich als Bulgaren. Wiedereingeführt wurde er von den Griechen, die mit einer ausgedehnten Makedonien-Propaganda die benachbarten Slawen für das Griechentum zu gewinnen trachteten. Bald wollten Serben den Topos zur Schwächung ihrer bulgarischen Konkurrenten nutzen, während pro-bulgarische makedonische Kämpfer gegen die Türken ihn aus taktischen Gründen zur Verschleierung ihrer politischen Verortung wählten. Bulgarisch gesinnte Makedonier errichteten schließlich am Ende des Zweiten Weltkriegs mit deutscher Hilfe den ersten makedonischen Staat der Neuzeit. Wirklich populär wurde die Bezeichnung aber erst im Jugoslawien Josip Broz Titos, als man die Eigenständigkeit der Makedonier gegenüber den Bulgaren, im Rahmen eines innerstaatlichen ethnischen Ausgleichs aber auch gegen die Serben betonte und ein neues Makedoniertum auf allen Ebenen planmäßig ausbaute.