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08.03.19 / Adrette Gastarbeiter / Willkommenskultur der 50er Jahre – ZDF lässt die Italiener rein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-19 vom 08. März 2019

Adrette Gastarbeiter
Willkommenskultur der 50er Jahre – ZDF lässt die Italiener rein
Anne Martin

Da stehen sie nun auf einem Rollfeld in Mailand, die stolzen italienischen Auto-Konstrukteure, und müssen sich ausgerechnet von einem deutschen Ingenieur erklären lassen, wie man ihre Isetta exporttauglich macht. Wobei: Der Deutsche spricht natürlich kein Wort Italienisch und lässt seine Vorschläge deshalb von einer bildhübschen Sekretärin übersetzen.

Schon diese Einstiegsszene aus den 50er Jahren belegt die Anziehungskraft beider Nationen: Hier die Ingenieurskunst, dort der Sinn für smartes Design. Hier teutonische Redlichkeit, auf der anderen Seite Charme und Eleganz. Kein Wunder, dass sich der BMW-Abgesandte Alexander und seine Dolmetscherin Giulietta unsterblich ineinander verlieben. Und logisch, dass der Drehbuchautor ihnen zahlreiche Hindernisse in den Weg legt, an denen sich eine turbulente Familiengeschichte über drei Generationen entfalten kann. 

Der ZDF-Dreiteiler „Bella Germania“ nach dem Buch von Daniel Speck – Sendertermine sind am 10., 11., und 13. März, 20.15 Uhr. Dokumentation am 10. März, 21.45 Uhr – beleuchtet ein Kapitel deutscher Immigrationsgeschichte, das hinter dem aktuellen Flüchtlings-Ansturm fast verblasst ist. Italiener waren es, die in den 50er Jahren in das Wirtschaftswunderland kamen, um hier zu arbeiten. Die Gastarbeiter wurden gebraucht, aber nicht ak­zeptiert. „Itaker“, „Spaghettifresser“ wurden die Fremden ge­nannt, nach ihrer Ankunft muss­ten sie körperliche Inspektionen über sich ergehen lassen. 

Dieser Gesundheitstest fand vielfach in einem ehemaligen Bunker unter dem Gleis 11 des Münchener Hauptbahnhofs statt – dort wurde auch gedreht. Von solch realistischen Szenen abgesehen, greift Regisseur Gregor Schnitzler allerdings beherzt in die Klischeekiste. Wenn Italiener speisen, dann an rot-weiß eingedeckten Tischen, wenn sie sprechen, dann stets mit ausladenden Gesten. Giulietta erscheint zudem adrett wie aus einem Modekatalog entstiegen, genau wie später auch ihre Enkelin Julia, die es in München bis zur Modedesignerin bringt. 

Gelegentlich verwirrend sind die Zeitsprünge sowie die Mehrfachbesetzung einzelner Figuren. Vicenzo etwa, einem etwas konstruiert wirkenden Liebesrausch zwischen Alexander und Giulietta entsprungen, wird von vier Schauspielern, darunter Kostja Ullmann und Stefan Kurt, verkörpert. 

Trotzdem macht der Dreiteiler auf unterhaltsame Weise deutlich, wie die deutsche Einwanderungsgeschichte einst begann, mit welchen Ressentiments die ersten Gastarbeiter zu kämpfen hatten und wie ihre Geschichte sich dann doch noch zum Erfolg wendete – vor allem auf kulinarischem Gebiet. 

Beispiel München: In den 50er Jahren gab es in der bayerischen Metropole gerade einmal vier italienische Restaurants, heute sind es Hunderte. Rund 643000 Italiener leben heute in Deutschland – vornehmlich im Süden und Südwesten der Republik, wo die Sommer um einige Grade wärmer sind. Die größte ausländische Bevölkerungsgruppe sind längst die Türken, gefolgt von Polen und Syrern.

Und die Isetta? Von 1955 bis 1962 wurde der putzige Vorläufer des Smart von BMW produziert, danach wurde die Produktion dieses Zwitters von Motorrad und Auto eingestellt. Heute hat das Gefährt Sammlerwert und er­innert an gemächlichere Zeiten, als die „Knutschkugel“ auf Deutschlands Straßen „bella figura“ machte.