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15.03.19 / Rückgratloser »Reaktionär« / François-Xavier Bellamy, der Retter von Frankreichs Bürgerlichen?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-19 vom 15. März 2019

Rückgratloser »Reaktionär«
François-Xavier Bellamy, der Retter von Frankreichs Bürgerlichen?
Eva-Maria Michels

Der Chef der bürgerlichen Republikaner (LR), Laurent Wauquiez, schickt den Versailler Philosophen Fran­çois-Xavier Bellamy als Spitzenkandidat der Partei in den Europawahlkampf. Der erst 33-jährige Bellamy, der seit 2008 stellvertretender Bürgermeister von Versailles ist, gilt als wertkonservativ und soll die traditionellen rechten Wähler zurückgewinnen, die die Republikaner in den letzten Jahren aufgrund ihrer zeitgeistigen, ideologisch unklaren Positionen an den Rassemblement National (RN), Debout la France oder die Nichtwähler verloren.

In den Mainstream-Medien wird Bellamy, dessen politischer Aufstieg mit der „Manif pour tous“ gegen die Homo-Ehe begann, als ultrakonservativer, katholischer Reaktionär dargestellt, denn in zahlreichen Zeitungsbeiträgen setzt er sich kritisch mit der gleichgeschlechtlichen Ehe und der künstlichen Befruchtung für alleinstehende Frauen oder lesbische Paare auseinander.

Doch dies ist nur eine Facette des begnadeten Redners und Autors. Die Sitzungsprotokolle aus dem Versailler Rathaus belegen vielmehr eine erstaunliche Diskrepanz zwischen Bellamys öffentlichen Erklärungen und seinen konkreten Handlungen: Als Verantwortlicher für Jugendangelegenheiten sorgte er weder dafür, dass das Unternehmen JC Decaux Werbeplakate aus dem Stadtbild entfernte, die zu homosexuellen Handlungen anstifteten, noch verhinderte er, dass ein sich prostituierender Transvestit in einer Versailler Grundschule auftrat. Im Gegenteil, er erklärte öffentlich, dass es sich um einen Dichter handle und dass sich die Eltern keine Sorgen machen sollten.

Kürzlich sorgte Bellamy für Aufregung in progressiven Kreisen, als er erklärte „persönlich gegen Abtreibung zu sein“. Doch er schwächte seine Aussage gleich wieder mit den Worten ab, dass er „verstehe, dass diese Überzeugung nicht geteilt werde, und dass er sich niemals verletzend oder wertend äußern“ werde. 

Seit er gegenüber Reuters zur Europafrage äußerte: „Zwischen der Vision von Emmanuel Macron und der von Marine Le Pen wäre ich ganz klar eher auf der Seite von Emmanuel Macron“, dürfte klar sein, dass Bellamy nicht der Erneuerer der Republikaner, sondern ein typischer Vertreter der „rückgratlosen Rechten“ ist, wie man in Frankreich sagt.

Diese Tendenz beweisen auch die Listenplätze 2 und 3, auf denen sich Agnès Evren und der bisherige EU-Abgeordnete Arnaud Danjean befinden – beide nicht gerade für authentisch rechte Positionen bekannt. Der Niedergang der LR dürfte sich somit fortsetzen, denn aufgrund fehlender ideologischer Kohärenz ist die Partei inzwischen überflüssig.