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15.03.19 / Ein Entenflügler mit vier Herstellernationen / Vor 25 Jahren startete der erste Prototyp des Mehrzweckkampfflugzeugs »Eurofighter« zum Erstflug

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-19 vom 15. März 2019

Ein Entenflügler mit vier Herstellernationen
Vor 25 Jahren startete der erste Prototyp des Mehrzweckkampfflugzeugs »Eurofighter« zum Erstflug
Friedrich List

Zurzeit fliegen drei Luftwaffengeschwader den „Eurofighter“. Zwei davon sind reine Jagdverbände, während das dritte Geschwader auf die Jagdbomber-Rolle spezialisiert ist. Neben Deutschland fliegen Italien, Großbritannien, Spanien, Österreich, Saudi-Arabien, Katar, Kuwait und Oman den Mach 2 schnellen Jet.

Der „Eurofighter“ ist ein zweistrahliges Mehrzweckkampfflugzeug in Canard-Delta-Konfiguration, das bei der deutschen Luftwaffe ältere Jagdflugzeuge wie die McDonnell Douglas F-4F „Phantom II“ und die Mikojan-Gurewitsch MiG-29 sowie einen Teil der „Tornado“-Jagdbomber ersetzt hat. Der erste Prototyp startete am 27. März 1994 in Manching bei München zum Erstflug. Hunderte von Kilometern entfernt, in Warton, Großbritannien, hob bereits wenige Tage später, am 6. April 1994, ein zweiter Prototyp von einem British-Aerospace-Werksflugplatz zu seinem ersten Flug ab. Es handelt sich eben um einen Eurofighter, ein Kampfflugzeug, an dem gleich mehrere europäische Länder beteiligt sind, die sich alle in diesem Flugzeug wiederfinden wollen und sollen.

Begonnen hatte die Entwick­lung der Militärmaschine bereits über ein Jahrzehnt zuvor. 1983 verständigten sich Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien auf die gemeinsame Entwicklung eines neuen Jägers. Damals hieß das Flugzeug noch „European Fighter Aircraft“ (EFA). Anfangs war auch der französische Dassault-Konzern beteiligt.

Ursprünglich wurde der „Eurofighter“ als reiner Luftüberlegenheitsjäger entwickelt. Er sollte der damals neuen Generation sowjetischer Jäger vom Typ MiG-29 und Sukhoi Su-27 entgegentreten. In dieser frühen Phase Anfang der 1980er Jahre lagen die Vorstellungen der Partnerländer noch weit auseinander. Großbritannien suchte einen Luftüberlegenheitsjäger, der auch als Jagdbomber eingesetzt werden konnte. Frankreich war vorrangig an einem Jagdbomber interessiert, während die Jägerrolle nur eine zweitrangige Aufgabe sein sollte. Deutschland hatte die anspruchsvollsten Anforderungen, denen der Entwurf für das Taktische Kampfflugzeug 90 (TKF 90) Rechnung trug. Das TKF 90 sollte zu hohen Beschleunigungen in allen Höhen fähig sein, gute Überschall-Fähigkeiten in der Anfangsphase des Luftkampfes und extreme Manövrierfähigkeit im nahen Luftkampf besitzen sowie über eine für Luftüberwachungsmissionen und Begleitschutzaufgaben geeignete große Reichweite verfügen. Die extreme Manövrierfähigkeit sollte durch Schubvektorsteuerung, also eine in drei Achsen schwenkbare Heckdüse verstärkt werden. 

Das Programm hing einige Zeit in der Schwebe, bis sich British Aerospace und Aeritalia für den deutschen Entwurf aussprachen. Obwohl die deutsche Luftwaffe die Technologie als nicht ausgereift ablehnte, testeten die USA und Deutschland die Schubvektorsteuerung. Die Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB) baute und testete gemeinsam mit dem US-Unternehmen Rockwell in den 1990er Jahren die X-31, ein einstrahliges Experimentalflugzeug, das über eine Schubvektorsteuerung verfügte. Allerdings war die Heckdüse selbst nicht beweglich. Zur Kontrolle des Schubstrahls verfügte das Flugzeug über drei bewegliche Paddel am Heck. Trotz der beeindruckenden Manövrierfähigkeit der X-31 blieb es bei zwei Versuchsmaschinen. 

1986 gründeten Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien in München die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, um das neue Kampfflugzeug zu produzieren. Jeweils 33 Prozent der Anteile übernahmen die Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, die 1989 von der Deutschen Aerospace AG (DASA) übernommen wurde, und British Aerospace. Alenia Aeronautica aus Italien beteiligte sich mit 21 Prozent und die spanische Construcciones Aeronáuticas S.A. (CASA) mit 13 Prozent. 

Damals planten die Partnerländer die Beschaffung von 765 Maschinen. Deutschland und Großbritannien wollten jeweils 250 „Eurofighter“ in Dienst stellen, Italien 165 und Spanien 100. Allerdings sorgten das Ende des Kalten Krieges und die ständigen Kostensteigerungen dafür, dass diese Zahlen drastisch verkleinert wurden. 1992 kündigte die damalige Regierung Kohl sogar an, wegen der hohen Kosten der deutschen Vereinigung aus dem Programm auszusteigen. Verteidigungsminister Volker Rühe warb für eine preiswertere Version und brachte sogar die MiG-29 ins Spiel, welche die Bundeswehr von der NVA übernommen hatte.

1992 einigten sich die Partnerländer dann auf leicht reduzierte Anforderungen an das Flugzeug, was am Ende aber zu keiner Preissenkung führte. Verteidigungsexperten wie der Brite Paul Beaver gehen davon aus, dass die Verzögerungen und Umkonstruktionen zu Preissteigerungen von 40 bis 50 Prozent geführt haben. Auch die Entwicklung eines neuen Radars und eines neuen Triebwerks trieben die Kosten in die Höhe. Dabei hatte die deutsche Luftwaffe ursprünglich vorgehabt, das Radar aus der McDonnell Douglas F/A-18 „Hornet“ und ein bereits auf dem Markt befindliches Jägertriebwerk zu verwenden. 1997 senkten die Partnerländer die geplanten Produktionszahlen und verteilten die Anteile neu. Großbritannien wollte nun 232 Maschinen kaufen, Deutschland 180, Italien 121 und Spanien 87. Großbritannien hielt mit 37,42 Prozent den größten Anteil und übernahm nun die Systemführerschaft. 2003 erhielt die Luftwaffe ihre ersten „Eurofighter“ und rüstete als ersten Verband das damalige Jagdgeschwader 73 „Steinhoff“ mit dem neuen Jet aus. 

Die Stückzahlen sanken weiter. Die deutsche Luftwaffe kaufte nur noch 143 Maschinen. Ausgeliefert sind 138 Flugzeuge, von denen zwölf an Österreich abgegeben wurden. Die Flugzeuge wurden in drei leicht unterschiedlichen Tranchen ausgeliefert. Tranche 1 waren zunächst reine Jäger. Erst das fünfte und letzte Los kann auch Luftangriffe fliegen und das volle Waffenspektrum einsetzen. In Tranche 2 baute man Systeme ein, die für die erste Tranche noch nicht verfügbar gewesen waren. Außerdem wurden ältere Flugzeuge auf den neuen Standard gebracht. Tranche 3 ist nicht vollständig ausgeliefert und zerfällt in drei verschiedene Baulose. Hier ist die Struktur verstärkt und die Elektronik verbessert worden. Außerdem können die Flugzeuge Marschflugkörper verschießen und zusätzliche Außentanks tragen. Über das letzte Los von Tranche 3 wird noch verhandelt. Es soll auch feindliche Flugabwehrsysteme bekämpfen können und ersetzt möglicherweise bei der deutschen Luftwaffe die „Tornados“ mit dieser Aufgabe.