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22.03.19 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Propheten und Genossen / Wie die Schülerdemos Pflicht werden, warum die Kommunisten auch mitmachen, und wie Hofreiter im Radio eingebrochen ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-19 vom 22. März 2019

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Propheten und Genossen / Wie die Schülerdemos Pflicht werden, warum die Kommunisten auch mitmachen, und wie Hofreiter im Radio eingebrochen ist

Na also, die Not hat ein Ende: Die freitäglich demonstrierenden Schüler müssen immer weniger den Unterricht schwänzen, weil erste Schulen dazu übergegangen sind, die „Fridays for Future“-Kundgebungen zum offiziellen Schulausflug zu erklären. Damit ist die Teilnahme nicht nur legal, sie ist sogar Pflicht.

Wieso die Schüler demonstrieren, schreien sie laut und lustig heraus. Sie sind sauer. Weshalb? „Weil ihr uns die Zukunft klaut!“ Das schmerzt. Aber wer ist mit „ihr“ eigentlich gemeint? Die Regierung? Kann nicht sein, die Kanzlerin hat sich ja schon solidarisiert mit den Kindern, marschiert im Geiste also mit, „weil ihr uns die Zukunft klaut“. Unser Staatsoberhaupt, der Bundespräsident, war sogar schon persönlich bei einer Freitagsdemo. 

Ja, auf wen sind die Schüler denn also sauer? Gar auf die gesamte ältere Generation? Kann auch nicht hinkommen, denn neuerdings traben selbst die „Grandmas for Future“, („Omis für die Zukunft“) brav mit bei den Schülern. „Älter“ als Omis kann eine Generation per definitionem nicht sein, wenn wir die Ur-Omis da einfach mal druntermischen.

Ihren Lehrern und Eltern sind die Kinder ebenfalls nicht böse, denn die kommen ja auch mit zur Demo und sind richtig stolz auf ihren Nachwuchs. Es muss sich um eine höhere, genauer gesagt, abgrundtief niedere Macht handeln, gegen die da demonstriert wird. Womöglich eine Macht, die nicht von dieser Welt ist?

Kathrin Göring-Eckardt weist uns den Weg zur Erleuchtung: Bei einer Kanzelrede in der evangelischen Salvatorkirche in Duisburg bezeichnete sie die Ikone der Bewegung, die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg, als Prophetin und verglich das Mädel mit dem Propheten Amos, der schon im       8. Jahrhundert vor Christus ein Strafgericht Gottes vorhergesagt habe. Göring-Eckardt lobte dabei das „Wunder des Engagements“ der Schüler.

Freunde, was sind wir in Fahrt! Propheten! Wunder! Göttliche Strafgerichte! Hier direkt bei uns, wir dürfen alle zusehen, live und in Farbe, statt das immer nur in heiligen Schriften oder dröhnenden Kinoschinken zu bewundern. Endlich passiert mal was, endlich wird’s so richtig schön düster apokalyptisch. Und wer von den Schülern jetzt nicht hingeht, wo die Aufläufe zum Schulausflug erklärt wurden, der schwänzt den Sekten-Sabbat und muss hart bestraft werden.

Mit dabei sind jetzt auch die irdischen Menschheits-Erlöser von der dunkelroten Front. Der Jugendverband der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) namens „Rebell“ und die Jugendgruppe der Linkspartei haben sich in Frankfurt am Main an die Spitze der wundersamen Bewegung gesetzt und finden für ihre Forderungen bei den Kindern laut Augenzeugen großen Anklang. 

Die Botschaft der Genossen war zu erwarten: Der Kapitalis­mus zerstört das Klima, nur der Sozialismus kann es retten. Ja, das „Klima“ ist im Sozialismus tatsächlich anders als unter den Bedingungen der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft, wie ich selbst bestätigen kann.

Bei meinem letzten längeren Besuch hinter der Mauer weilte ich im August 1989 rund zwei Wochen in Ost-Berlin. Nach oben schlossen die würzigen Dämpfe aus den Schornsteinen des VEB „Fortschritt“ den Himmel zuverlässig ab, damit von den wertvollen Gasen der Zweitakter nichts verlorenging. Der Himmel, welcher sich zu der Zeit über Hamburg in klimabedrohlichem Blau präsentierte, zeigte sich über Ost-Berlin in beruhigendem Pastell, immer so ein bisschen milchig.

Ich hätte dieses schöne Bild noch viel ausgiebiger genießen können, wären da nur nicht diese grässlichen Kopfschmerzen gewesen. Die kamen bestimmt von den Umtrieben der kapitalistischen Umweltvernichter im nahen West-Berlin.

Immerhin blieb mir ein klares Bild davon, wie es unserer Umwelt und dem „Klima“ ergehen dürfte, wenn wir deren Schutz in die fürsorglichen Hände der Kommunisten legten. Passend dazu lernen die Schüler von heute ganz spielerisch, wie erfüllend es sein kann, von Lehrern und Funktionären zum Demonstrieren für die gute Sache auf die Straße geschickt zu werden, wo Eltern, Großeltern und Medien mit der richtigen Haltung ihnen zujubeln.

Wobei wir die Umdeutung zum offiziellen Schulausflug nicht überbewerten wollen. Eigentlich war das gar nicht mehr nötig. Wozu soll man Kälber an die Leine nehmen, wenn sie freiwillig auf den Wagen springen?

„Regeln“ sind im neuen Deutschland längst reine Ansichtssache. Wer die Macht           hat, braucht sich nicht mehr drum zu scheren. Umso mehr bebte der deutsche Blätterwald vor Entgeisterung über die jüngsten Nachrichten aus Großbritannien.

Dort hat der Parlamentspräsident verboten, dass das Unterhaus noch einmal über den bereits abgelehnten Brexit-Antrag der Regierung abstimmt. Eine Regel, deren Ursprung im 17. Jahrhundert liegen soll und deren Endfassung angeblich von 1844 stammt, untersage solche Mehrfachabstimmungen über ein      und denselben Gegenstand. Besonders pikant: Der Parlamentspräsident gilt selbst als harter Brexit-Gegner, hat mit der Weisung also gegen seine eigenen politischen Interessen gehandelt, nur um die demokratischen Regeln einzuhalten.

Wir Deutsche fassen uns an den Kopf. Regeln? Na und? Von (verbotenen) Euro-Rettungsmaßnahmen über den (vertragsbrüchigen) Atomausstieg nach Fukushima und das Niedermähen unserer Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen seit 2015 bis zum Jubel der Staatsspitze über massenhaftes Schulschwänzen haben wir gezeigt: Regeln sind was für verknöcherte Demokraten, die von „Rechtsstaat“ faseln und nicht begreifen wollen, dass es allein auf die richtige ideologische Linie ankommt, wenn’s drauf ankommt. Regeln und Gesetze ersetzen wir durch unseren festen Glauben an das Gute, an unsere Führer und Propheten und deren „Mission“, die uns zum Licht führt und uns womöglich gerade noch vorm klimatischen Fegefeuer zu erretten vermag. Wir wollen nicht der demokratisch-rechtsstaatlichen Ordnung nach vorgehen, wir wollen „in Panik geraten“, wie Prophetin Greta es uns befohlen hat.

Wie überaus lästig das Herumreiten auf Gesetzen bei der Erfüllung der „Mission“ werden kann, musste Göring-Eckardts grüner Parteifreund Anton Hofreiter im „Deutschlandfunk“ durchleiden. Ein ganz fieser Kollege stellte ihm da die simple Frage: „Herr Hofreiter, was bedeutet Schulpflicht?“ Der Befragte wollte sich hinter den Kindern verschanzen und antwortete: „Wer hier von Schulpflicht spricht, infantilisiert die jungen Menschen, möchte die jungen Menschen reduzieren.“ 

Da Hofreiter die Frage damit aber nicht beantwortet hatte, stellte sie der freche Interviewer drei Mal. Das Gestammel des Politikers wurde dabei von immer längeren „Äääh“-Lauten zerklüftet. Die Schüler hätten das doch „selbst“ entschieden, so Hofreiter. 

„Selbst“? So, so! Nun langte der Rundfunkmann erbarmungslos hin und machte mit ruhiger Stimme den Sack zu. Voller Tücke fragte er Hofreiter, was der denn dazu sagen würde, wenn sich die Schüler „selbstständig“ dazu entschlössen, während der Schulzeit gegen Einwanderung oder gegen die EU zu demonstrieren. An der Stelle war die Unterhaltung zu Ende. 

Ein überaus ärgerliches Gespräch. Offensichtlich war Hofreiter nicht darauf gefasst, dass ihm der Angestellte eines öffentlich-rechtlichen Senders dermaßen unartige Fragen stellt. Trotzdem hätte der Politiker die Attacke weitaus professioneller parieren können. 

Angela Merkel hätte den Radioheini in Sachen Bruch des Gesetzes zur Schulpflicht ganz anders abgefertigt: „Wenn man nicht mal mehr Gesetze brechen darf, dann ist das nicht mein Land!“ Oder „Fridays for Future ist alternativlos!“ Oder auch einfach: „Scheitert Greta, scheitert die Welt!“