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29.03.19 / Der Pragmatiker geht von Bord / Brexit: Wer bremst künftig die Brüsseler Ideologen und Umverteiler?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-19 vom 29. März 2019

Der Pragmatiker geht von Bord
Brexit: Wer bremst künftig die Brüsseler Ideologen und Umverteiler?
Hans Heckel

Der Brexit hat die hässlichen Seiten der EU enthüllt. Und er wirft einen dunklen Schatten auf die Zukunft der Gemeinschaft.

Jenseits pathetischer Beschwörungsformeln und düsterer Drohungen ist im Klein-Klein des Gezerres um den Brexit der Blick für das Wesentliche weithin verloren gegangen. Die beiden wesentlichen Fragen lauten: Was hat der Brexit und sein Verlauf über das Wesen der EU offenbart? Und: Wie wird sich die EU ohne Großbritannien verändern?

Die Brexit-Gegner auf dem Kontinent steuern auf einen schmerzhaften Brexit zu in der Hoffnung, dass die Briten ihren Austrittsbeschluss in einer zweiten Volksabstimmung widerrufen und kein zweites Volk es wagt, ein Verlassen der EU auch nur zu erwägen.

Das enthüllt eine Haltung, die sich an den demokratischen Volkswillen nur bedingt gebunden fühlt. Das Volk, ob das britische oder welches auch immer, soll so abstimmen, wie es der EU-Elite gefällt. Sonst muss die Entscheidung wiederholt oder von oben herab streng bestraft werden. Dieses Bild bestätigt unfreiwillig den Verdacht, dass die EU dabei sei, sich vom gemeinsamen Projekt in ein „Völkergefängnis“ zu verwandeln, dem niemand straflos entfliehen darf.
Wie wird sich die EU ohne die Briten verändern? London stand zu viel Zentralismus stets skeptisch gegenüber, zog den freien Markt politischer Wirtschaftsplanung vor und trat auf die Bremse, wenn Brüssel abermals mehr Geld von den Bürgern in den „reicheren“ Ländern zur „Umverteilung“ abziehen wollte. Diese britische Skepsis wird fehlen, die Zentralisten und Umverteiler, die nur immer noch „mehr Europa“ wollen, haben nur noch wenig Widerstand zu be- fürchten.

Deren nunmehr kaum noch gebremstes Wirken wird indes andernorts weitere Distanz zur EU provozieren. Da sind die Steuerzahler in den Nettogeberländern wie Deutschland, Österreich, den Niederlanden oder Skandinavien. Wie weit reicht ihre Leidensfähigkeit, ihre Zahlungsbereitschaft, wenn sie infolge einer absteigenden Konjunktur plötzlich merken, dass sie gar nicht so „reich“ sind, wie immer behauptet – und wie sie sich möglicherweise selbst gefühlt haben? Hinzu kommen weitere, anders motivierte Fliehkräfte in den mittelosteuropäischen Staaten. Auch sie werden sich von einem ungehemmt fortschreitenden EU-Zentralismus noch mehr herausgefordert fühlen. All das kann die EU am Ende zerreißen.

Was man auch von den Briten und ihrer „Extrawurst-Politik“ halten mag: London hat die EU oftmals in der Balance gehalten, indem es die Gemeinschaft an Übertreibungen hinderte, welche von den eher ideologischen als pragmatischen Köpfen in Paris, Berlin oder Brüssel ersonnen worden waren. Schon den  Irrweg zum Euro gingen die Briten bezeichnenderweise nicht mit. Der Weitblick, den London mit dieser Entscheidung zeigte, wird der EU fehlen.