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29.03.19 / Insektenkiller Windkraft / Rotorblätter als tödliches Verhängnis – Forscher machen Windräder für das Sterben von Fluginsekten aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-19 vom 29. März 2019

Insektenkiller Windkraft
Rotorblätter als tödliches Verhängnis – Forscher machen Windräder für das Sterben von Fluginsekten aus
Dagmar Jestrzemski

Als Ursache des Insektensterbens gilt gemeinhin der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft. Ein gravierender Faktor soll aber auch die Windenergie sein. Das geht aus einer Modellanalyse des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) hervor.

Es dürfte niemanden wundern, dass die Propeller der Windräder jedes Jahr nicht allein Hunderttausende Vögel und Fledermäuse töten, sondern in erheblichem Umfang auch Fluginsekten. Der DLR-Studie liegt die Schätzung zugrunde, dass im Sommer
5,3 Milliarden Fluginsekten mit einer Biomasse von insgesamt 24000 Tonnen die deutschen Windparks passieren. Fünf Prozent beziehungsweise 1200 Tonnen davon könnten den Windrädern zum Opfer fallen. Bei 25000 Windrädern in Deutschland ergibt sich daraus pro Windanlage der Wert von 50 Kilogramm getöteter Insekten in einem Jahr.
Aufgrund dieser Größenordnung sehen die Autoren der Studie eine akute Gefahr für die bereits stark geschrumpfte Population der Fluginsekten. Laut einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift „Biological Conservation“ beträgt der Schwund der Fluginsekten weltweit im Mittel 50 Prozent. Für Deutschland ist aufgrund von Langzeitbeobachtungen sogar ein Einbruch um bis zu 80 Prozent innerhalb der letzten 30 Jahre zu verzeichnen.
Der höhere Verlust in einem Land wie Deutschland mit Zehntausenden Windrädern könnte in direktem Zusammenhang mit der immer weiter ausgebauten Windenergie stehen. Das betonen auch die Urheber der Studie und empfehlen weitere Forschungen. Bislang galten als Hauptverursacher des Insektensterbens der Verlust von Lebensraum durch intensive Landwirtschaft, Überdüngung und Pestizide, die Urbanisierung sowie die sogenannte Lichtverschmutzung.

Aufgrund von Untersuchungen zur Wechselwirkung zwischen Windkraft und Insektenmigration folgern die DLR-Wissenschaftler, dass ausgewachsene flugfähige Insekten kurz vor der Eiablage in großen Schwärmen hohe und schnelle Luftströmungen aufsuchen, um sich vom Wind zu oftmals weit entfernten Brutplätzen tragen zu lassen. Fotos belegen, dass sich Insekten tatsächlich in Höhen bis zu 100 Meter fortbewegen. Ihre Flugwege kreuzen sich mit den Rotorblättern der Windräder, die die Luft in 20 bis 135 Meter Höhe mit Spitzengeschwindigkeiten von mehreren Hundert Kilometern in der Stunde durchschneiden.
Die Forscher betonen, dass der seit 1990 vorangetriebene Ausbau der Windenergie ohne Verträglichkeitsnachweis mit dem Insektenflug ein Fehler gewesen sei. Anfang der 2000er Jahre wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit bedeutenden Fördermitteln für die Windkraft vorbereitet. Insofern war bei der damaligen rot-grünen Bundesregierung jegliches Störfeuer unerwünscht. Jetzt erreicht die Verantwortlichen die beunruhigende Nachricht, dass eine Erholung der Insektenpopulation bei gleichbleibender Stärke oder weiterem Ausbau der Windkraft unmöglich sei: Mehr Insekten würden auch mehr Insektenschlag zur Folge haben.
Bereits 2001 hatte eine holländisch-dänische Wissenschaftlergruppe im britischen Fachmagazin „Nature“ unter dem Titel „Insects can halve wind-turbine power“ die These veröffentlicht, dass der Insektenschlag auf den Rotorblättern den Wirkungsgrad der Anlagen um bis zu 50 Prozent verschlechtern könnte. Für die Leistungsschwankungen von Wind­rädern werden inzwischen Verwirbelungen oder Wirbelschleppen hinter den Windrädern verantwortlich gemacht. Dass diese Wirbelschleppen auch Insektenpopulationen reduzieren, war bislang ein gut gehütetes Geheimnis mancher Hersteller von Windkraftanlagen.
2017 wies ein Forschungsverbund unter Beteiligung der Universität Tübingen mit einem Flugzeug in der Deutschen Bucht erstmals kilometerlange, V-förmige Wirbelschleppen (Nachläufe) hinter den Offshore-Windanlagen nach. Sie entstehen, sobald der Wind mit Barrieren wie Windrädern oder rauem Gelände in Kontakt kommt. Die vorher gleichförmige Strömung verlangsamt sich und verwirbelt. Es kommt zu Turbulenzen, in denen wiederum kleinräumige Verwirbelungen auftreten.

Auch an Land bilden sich gigantische Nachläufe hinter jeder Windmühle. Je nach den meteorologischen Verhältnissen bremsen sie den Wind und entziehen der Windkraftanlage Energie. Insekten, die Duftspuren folgen, wählen Transitstrecken in 100 Meter Höhe, um natürliche Hindernisse wie Bäume oder Hügel zu vermeiden. Wenn sie die Rotorblätter unbeschadet passiert haben, verfliegen sie sich anschließend in den Wirbelschleppen, bis sie vor Erschöpfung sterben.

Die Windbranche mit ihren rund 150000 Beschäftigten hat bereits mit Abwehr reagiert. Vermutlich werden sich Umweltverbände und Politiker weiter an das Dogma „Windenergie ist aktiver Umwelt- und Naturschutz“ klammern.