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29.03.19 / Ideenreicher Menschheitsbeglücker / »Es lebe die alte Zeit« – Brandenburg rüstet sich zum 200. Geburtstag Theodor Fontanes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-19 vom 29. März 2019

Ideenreicher Menschheitsbeglücker
»Es lebe die alte Zeit« – Brandenburg rüstet sich zum 200. Geburtstag Theodor Fontanes
Veit-Mario Thiede

Eigentlich ist es bis zu Theodor Fontanes 200. Geburtstag am
30. Dezember noch lange hin. Die Feierlichkeiten nehmen jedoch schon neun Monate vorher Fahrt auf. Bereits am 30. März startet im Museum Neuruppin die zentrale Ausstellung zu Ehren des preußischen Journalisten und Schriftstellers. Auch Karwe und Potsdam haben vielversprechende Ausstellungen angekündigt.

In Neuruppin steht Fontanes Geburtshaus mit der „Löwen-Apotheke“ im Erdgeschoss noch. Er sollte wie sein Vater Apotheker werden. Nebenher entwickelte Fontane jedoch schriftstellerische Ambitionen, die er mehr und mehr zu seinem eigentlichen Beruf erhob. Fontane verzeichnete 1849 mit „Männer und Helden. Acht Preußenlieder“ seine erste Buchveröffentlichung, war ein Jahrzehnt Redakteur bei der „Kreuzzeitung“ und verfasste später Theater- und Kunstkritiken für die „Vossische Zeitung“. Berühmtheit erlangte er mit den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ und seinen Romanen. Auf den 1878 herausgegebenen Erstling „Vor dem Sturm“ ließ der in Berlin ansässige Schriftsteller bis zu seinem Tod 1898 zahlreiche weitere literarische Werke folgen.

Drei Jahre vor Fontanes Tod erschien sein erfolgreichster Ro­man: „Effi Briest“. Am Beispiel dieses Romans legt die Schau im Museum Neuruppin dar, wie der Schriftsteller seine Texte erarbeitet hat. Auch den „Fontane-Sound“ will sie uns nahe bringen. Was das ist, erklärt Ausstellungsmitkuratorin Katharina J. Schneider: „Der Fontane-Sound ist die charakteristische Sprache Fontanes, die sich durch genaue Beobachtungsgabe, Freude am Klang von Buchstaben sowie an der Konstruktion von Wörtern auszeichnet – und durch Humor und Ironie.“ Peer Trilcke wirkte an den Stil- und Textanalysen mit. Er leitet das für jeden zugängliche Potsdamer Theodor-Fontane-Archiv, das einen großen Teil seines schriftlichen Nachlasses hütet.

Zu den wichtigsten Exponaten gehören Fontanes Notizbuchaufzeichnungen. Er hat 67 Notizbücher hinterlassen. Sie geben entscheidende Aufschlüsse über die Entstehungsgeschichte seiner Werke. Um die Entzifferung der nur schwer zu lesenden Handschrift sowie die Kommentierung und Veröffentlichung der Notizen in digitaler und gedruckter Form macht sich Gabriele Radecke verdient. Sie ist Leiterin der Theodor-Fontane-Arbeitsstelle der Universität Göttingen und bereichert mit ihren Forschungsergebnissen die Fontane-Ausstellung in Neuruppin, Potsdam und Karwe.
Schneider macht darauf aufmerksam, dass Fontane ein Faible für die Konstruktion zusammengesetzter Substantive hatte: „Man kann sogar sagen, diese Wörter
– und das, was Fontane in seinen Texten daraus macht – sind die eigentlichen Exponate der Ausstellung.“ Als Beispiele nennt sie „Flüsterunterhaltung“, „Gespensterbedürfnis“ und „Menschheitsbeglückungsideen“. In Neuruppin werden 200 dieser Wortkonstruktionen aufgeboten. So gesellt sich zu Fontanes in der Dauerausstellung des Museums tickender Standuhr die Wort-Installation „Dunkelstunde“.

Weitere sind über die Stadt verteilt, denn in seinen „Wanderungen“ erzählte Fontane ausführlich von Neuruppin und seinen Persönlichkeiten, etwa den späteren König Friedrich II., der 1732 bis 1736 als Kommandeur des Regiments Kronprinz in der Stadt wohnte. Im Garten am Wall ließ Friedrich ein Tempelchen errichten, das in umgebauter Form noch heute da steht. Bei seinem Besuch des Tempelchens fantasierte Fontane sich in die Gesellschaft des Kronprinzen: „Und dort ist er selbst ... Unsere Gläser klingen zusammen. ,Es lebe die alte Zeit‘. Aber draußen schlugen die Nachtigallen, und ihr schlagen klang wie ein Protest gegen die ,alte Zeit‘ und war ein Loblied auf Leben und Liebe.“
Inzwischen ist Fontane selbst zur Neuruppiner „Sehenswürdigkeit“ aus alter Zeit geworden. Und zwar in Form eines Denkmals, das ihn als rastenden Wanderer mit Stift und Notizbuch in den Händen zeigt.

Mit den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ befasst sich die vom 7. Juni an im Potsdamer Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte laufende Ausstellung. Sie will uns in Fontanes „Schreibwerkstatt“ einführen und veranschaulichen, wie er seine Notizen, die er auf den Ausflügen in die Mark und beim Studium von Geschichts- und Kirchenbüchern sowie Adelschroniken machte, effektvoll arrangierte und immer wieder bearbeitete.

Im Vorwort der 1861 erschienenen ersten Auflage der Wanderungen, die der Grafschaft Ruppin gewidmet sind, schreibt Fontane: „Es ist ein Buntes, Mannigfaches, das ich zusammengestellt habe: Landschaftliches und Historisches, Sitten- und Charakterschilderung – verschieden wie die Dinge, so verschieden ist auch die Behandlung, die sie gefunden.“

Dem bei Neuruppin gelegenen Gut Karwe und seinen Besitzern – der Familie von dem Knesebeck – sind in den „Wanderungen“ zwei Kapitel gewidmet. Im Alten Pferdestall des Gutes, von dem nur die Wirtschaftsgebäude erhalten sind, beginnt am 11. Mai die Ausstellung „Fontane trifft Knesebeck“. Sie präsentiert Notizbuchaufzeichnungen und Objekte, über die Fontane geschrieben hat.

Krafft Freiherr von dem Knesebeck weist uns auf wichtige Stücke hin: Einen Tisch vom Tabakskollegium König Friedrich Wilhelms I. und einen Brief König Friedrich Wilhelms IV. an Feldmarschall Karl Friedrich von dem Knesebeck, mit dem er ihm zur Geburt des ersten Enkels gratulierte und sein Fernbleiben von der Taufe entschuldigte. Zum Brief merkt Krafft Freiherr von dem Knesebeck an: „Ein Vergleich mit dem Text Fontanes zeigt einige interessante Differenzen. Er­lauben sie Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt seiner sonstigen Beschreibungen?“
   

Informationen zu den Ausstellungen: www.fontane-200.de, zum Theodor-Fontane-Archiv: www. fontanearchiv.de, zur Theodor Fontane-Arbeitsstelle: www.uni-goettingen.de/de/154180.html