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29.03.19 / Vertreibung an der Donau – Buch füllt eine Lücke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-19 vom 29. März 2019

Vertreibung an der Donau – Buch füllt eine Lücke
Dirk Klose

Mit der Vertreibung der Deutschen nach Kriegs-ende 1945 endete nicht nur im Osten Europas eine viele Jahrhunderte währende deutsche Kultur. Auch im südöstlichen Europa, im Donaubecken, in den Karpaten und in Siebenbürgen endete 1945 eine fast 300 Jahre dauernde deutsche Geschichte. Die Vertreibungen der Deutschen aus dem Osten sind in der Öffentlichkeit bekannter als die Vorgänge an der Donau, die freilich hinsichtlich der Leidenserfahrungen der Menschen den Ereignissen weiter nördlich nicht nachstehen.

Für die hier beheimateten Deutschen hat sich der Oberbegriff  „Donauschwaben“ eingebürgert, obwohl die deutschen Siedlungsgebiete tatsächlich weit über die an die Donau grenzenden Gebiete hinausreichten. An die Geschichte der Donauschwaben erinnern jetzt die österreichischen Wissenschaftler Gerhard Sewann und Michael Portmann in dem vom Deutschen Kulturforum östliches Europa (Potsdam) und vom Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm herausgegebenen Buch „Donauschwaben – Deutsche Siedler im Osten“.

Nach den siegreichen Türkenkriegen der Habsburger bis Anfang des 18. Jahrhunderts muss-ten sowohl die Krone in Wien als auch die wieder Herr auf eigener Scholle gewordenen ungarischen Magnaten die vielfach entvölkerten Regionen an Donau und Theiß wieder bewohnbar machen. Zu diesem Zweck wurden in geradezu professionell anmutenden Werbeaktionen viele Familien aus dem süddeutschen und rheinischen Raum angeworben, meist Bauern und Handwerker, die sich in der neuen Heimat ein besseres Leben erhofften – und, wie sich zeigte, zu Recht. In mehreren Einwanderungswellen kamen im 18. Jahrhundert über 400000 Menschen ins Land. Für viele begann der Exodus in Ulm, von wo sie auf den sprichwörtlichen „Ulmer Schachteln“ flussabwärts reisten und in Gebiete des heutigen Ungarns, Rumänien, Kroatien und Serbien verteilt wurden.

Die Geschichte der Donau-schwaben bis zum Ersten Weltkrieg, das zeigen die beiden Autoren, ist rundum eine Erfolgsgeschichte. Dank ihres Fleißes, ihrer Sparsamkeit, ihrer toleranten Religiosität gelangten die Deutschen fast überall zu Ansehen und Wohlstand. Diese Erfolgsgeschichte trübte sich erst ein, als aus den Ruinen der Habsburger Monarchie drei neue Staaten entstanden: das fast lebensunfähig amputierte Ungarn, das auf doppelte Größe angeschwollene Rumänien und das neue Königreich Jugoslawien. Aber erst der Zweite Weltkrieg, das NS-Regime mit seinen Verlo-ckungen eines „Herrenvolks“ entzweite viele Deutsche von ihrer Staatsnation. Deren Rache war 1945 furchtbar: Zigtausende deutsche Männer und Frauen wurden zur Zwangsarbeit in sowjetische Erz- und Kohlegruben verschleppt, in Lagern gefangen gehalten, gefoltert und am Ende ausgewiesen, wenn nicht erschossen.

Aus Ungarn wurde die Hälfte der dort lebenden Deutschen vertrieben, aus Jugoslawien nahezu alle. Rumänien behielt den größten Teil seiner Deutschen, die dann aber unter der kommunistischen Herrschaft von sich aus fort wollten, was durch Freikäufe der Bundesrepublik an das Ceausescu-Regime ab den 1960er Jahren möglich wurde.

Heute leben die meisten deutschstämmigen Menschen in Ungarn, wenige Tausend in Rumänien. Sie genießen volle politische Gleichberechtigung und können ihr deutsches Erbe pflegen und bewahren. Unterstützt werden sie dabei von mehreren Einrichtungen in der Bundesrepublik. Das Land Baden-Württemberg, das schon 1954 die Patenschaft für die Donauschwaben übernommen hatte, engagiert sich dabei besonders.

Das Buch füllt eine Lücke: So umfassend, auch so allgemeinverständlich ist lange nicht über die Donauschwaben informiert worden. Ungewöhnlich leserfreundlich ist auch die Aufmachung: zweispaltiger Umbruch, fast auf jeder Seite ein hervorgehobener Kasten mit einem speziellen Stichwort oder Thema, dazu eine reiche Bebilderung, die Glanz und Elend der Deutschen in Südosteuropa zeigt. Man muss nüchtern konstatieren, dass heute das Deutschtum nur noch eine marginale Rolle spielt. Dafür treten aber die großen Kulturleistungen der deutschen Siedler besonders hervor. Das zeigt dieses Buch in anrührender Weise.    


Gerhard Seewann/Michael Portmann: „Donauschwaben. Deutsche Siedler in Südosteuropa“, Donau-schwäbisches Zentralmuseum Ulm und Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam 2018, gebunden, 372 Seiten, 19,80 Euro