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05.04.19 / Der Rächer aller Muslime / Türkeis Präsident Erdogan verkalkulierte sich bei den Kommunalwahlen – Ärger zudem mit Neuseeland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-19 vom 05. April 2019

Der Rächer aller Muslime
Türkeis Präsident Erdogan verkalkulierte sich bei den Kommunalwahlen – Ärger zudem mit Neuseeland
Bodo Bost

Bei den Kommunalwahlen in der Türkei machte Präsident Recep Tayyip Erdogan Wahlkampf mit dem Christchurch-Massaker. Er forderte offen die Todesstrafe für den Attentäter und drohte mit Lynchjustiz. Der Schuss ging besonders in den Großstädten nach hinten los. Dort verlor die Erdogan-Partei AKP dramatisch.

Der erste ausländische Staatschef, der die Massaker in Neuseeland verurteilt hatte, war der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der sich mitten im Kommunalwahlkampf befand, in dem  seine Partei eine historische Schlappe und den Verlust fast aller Großstädte des Landes hinnehmen musste. Er hatte im türkischen Wahlkampf aus den Anschlägen auf zwei Moscheen in Neuseeland „Angriffe auf den Islam und auch auf die Türkei“ gemacht und gleich darauf, wie üblich bei ihm, mit Rache gedroht. 

Um den „wachsenden Rassismus und die Islamphobie des Westens“ zu belegen, ließ er mehrmals kurze Ausschnitte des Massakers aus den Videoaufnahmen des Attentäters laufen. Und das, während die übrige Welt mit viel Mühe versuchte, das Gewaltvideo des Täters aus Internetseiten wie Facebook oder Youtube zu entfernen. 

Erdogan zeigte einen Ausschnitt des Videos auf einer Großleinwand bei einer live vom türkischen Staatsfernsehen übertra­genen Kundgebung in Eskisehir. Zudem ließ er Ausschnitte aus dem Manifest des Attentäters zeigen, in denen dieser der Türkei und Erdogan droht, und lieferte damit dem Attentäter ein unverhofftes Forum. 

Bereits am Montag hatte Neuseelands Außenminister Winston Peters die Verwendung des Videos im Wahlkampf verurteilt. Eine solche Politisierung des Massakers gefährde „die Sicherheit der neuseeländischen Bevölkerung“, kritisierte Peters. Neuseeland macht sich jetzt mit Recht Sorge um die Sicherheit seiner Landsleute in der Türkei, jeder Moslem kann sich jetzt dort auf Erdogan berufen, wenn er losballert.

Erdogan forderte für den Attentäter zudem die Todesstrafe, die es in Neuseeland gar nicht gibt und in der Türkei auch noch nicht. Er sagte: „Wenn Neuseeland ihn nicht zur Rechenschaft zieht, werden wir dies tun – auf eine andere Weise.“ Zugleich drohte er noch allen anderen Australiern mit antimuslimischer Gesinnung dasselbe Schicksal an, wie es den Truppen der Entente-Mächte aus Großbritannien, Australien, Neuseeland sowie Frankreich im Ersten Weltkrieg bei der Schlacht von Gallipoli gegen die osmanische Streitmacht unter Befehl des deutschen Generals Otto Liman von Sanders widerfahren sei. 

Der Täter von Christchurch hatte die australische Staatsangehörigkeit. Bei der Schlacht von Gallipoli zwischen Februar 1915 und Januar 1916 starben mehr als 8000 Australier und mehr als 2000 Neuseeländer. Insgesamt kamen auf beiden Seiten mehr als 100000 Soldaten ums Leben. Gallipoli war der letzte Sieg der osmanischen Truppen vor ihrem Untergang.

Auch Australiens Regierungschef Scott Morrison zeigte sich sehr verärgert über Erdogans Äußerungen und Einmischungen. Er bestellte den türkischen Botschafter in Canberra ein. Die Äußerungen Erdogans bezeichnete er als „sehr beleidigend“. Morrison weigerte sich auch, eine Entschuldigung anzunehmen. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern gab bekannt, dass Außenminister Peters in die Türkei reisen werde, um Erdogan mit dessen Aussagen zu „konfrontieren“.

Erdogan führt sich seit einigen Jahren immer mehr als Oberhaupt aller Muslime auf, wie es der einstige osmanische Sultan tat, der jedoch auch den religiösen Titel „Kalif aller Gläubigen“ trug. Erdogan hat bislang noch keinen religiösen Titel. 

Für die 301 getöteten muslimischen Bergleute beim Grubenunglück von Soma vor fünf Jahren zeigte ihr damaliger Ministerpräsident Erdogan weniger Empathie, als für die getöteten Moscheebesucher in Christchurch. Die Angehörigen der 301 getöteten Bergleute von Soma hätten allerdings gerade diese Empathie erwartet. Denn ihre Angehörigen mussten sterben, weil der Betreiber die Grubengase nicht richtig kontrolliert hatte und die Anlage von der staatlichen Grubenaufsicht nicht genug kontrolliert worden war.

Erdogan sagte damals bei einem Besuch in Soma: „Solche Dinge kommen ständig vor, das liegt in der Natur der Dinge.“ Diese kaltblütige Stellungnahme hatte die Angehörigen und betroffenen Kumpel derart erzürnt, dass noch während Erdogans Besuch Bergarbeiter versuchten, den Wagen des Ministerpräsidenten anzugreifen. Einige der erzürnten Angehörigen wurden später wegen Erdogan-Beleidigung belangt und verurteilt, allerdings keiner der Verantwortlichen für das Grubenunglück. Bei allen handelte es sich um Muslime.