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05.04.19 / Tödliche Falle für den »Caudillo del Sur« / Der Film »Vivat Zapata!« mit Marlon Brando in der Titelrolle machte Mexikos gleichnamigen Revolutionshelden auch in Deutschland bekannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-19 vom 05. April 2019

Tödliche Falle für den »Caudillo del Sur«
Der Film »Vivat Zapata!« mit Marlon Brando in der Titelrolle machte Mexikos gleichnamigen Revolutionshelden auch in Deutschland bekannt
Manuel Ruoff

Im Jahre 1952 wurde Marlon Brando bei den Filmfestspielen in Cannes zum besten Darsteller gewählt und im darauffolgenden Jahr erhielt er den British Film Academy Award als bester ausländischer Darsteller und wurde für den Oscar nominiert. Im Gegensatz zu Brando wurde Anthony Quinn 1953 nicht nur für den Oscar nominiert, sondern erhielt ihn sogar als bester Nebendarsteller. Zu verdanken hatten die beiden Schauspieler die Ehrungen ihrem Mitwirken in dem Hollywoodstreifen „Viva Zapata!“ des Regisseurs Elia Kazan aus dem Jahr 1952, der den Titelhelden auch in Deutschland bekannt machte. In Emiliano Zapatas Heimat bedurfte es hierzu nicht des Kinofilms. Noch heute gibt es in Mexiko eine Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN, Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung), die sich den Zielen dieses Führers der mexikanischen Revolution verschrieben hat.

Wie viele Volkshelden entstammte Zapata den Kreisen jener, für deren Rechte er sich stark machte und deren Führer er wurde. Im Gegensatz zu 97 Prozent der Landbevölkerung besaßen seine Eltern zwar eigenen Boden zum Bewirtschaften, aber auch sie waren nicht rein europäischer Abstammung, sondern Mestizen, also Mischlinge indianischer und weißer Herkunft, und lebten auf dem Land. Südlich der Landeshauptstadt Mexiko-Stadt, im Dorf San Miguel Anenecuilco im Bundesstaat Morelos, kam Zapata am 8. August 1879 zur Welt. Im Alter von 30 Jahren wurde er zum Sprecher seines Dorfes gewählt. 

Als 1910 die Mexikanische Revolution ausbrach, schlug Zapata sich auf die Seite von Francisco Madero gegen das Regime des Präsidenten Porfirio Díaz. So wie Zapata, der „Caudillo del Sur“ (Führer des Südens), mit seinen rund 4000 besitzlosen Landarbeitern im Süden, kämpfte Pancho Villa im Norden Mexikos für Madero. Und es gelang, Díaz zu vertreiben. Der Präsident, der sich auf Großgrundbesitzer, Industrielle, Großkaufleute und Bankiers gestützt hatte, trat zurück und ging nach Frankreich ins Exil. Der Weg für Madero war frei. Am 6. November 1911 wurde er Mexikos neuer Präsident. 

Wie in „Viva Zapata!“ zutreffend geschildert, machte Madero jedoch dort weiter, wo Díaz aufgehört hatte. Zapata reagierte darauf mit dem Plan von Ayala, den er am 25. November unterzeichnete und drei Tage später in Ayala-Stadt unweit seines Geburtsortes verkünden ließ. Kernpunkte waren freie Wahlen, die Durchführung einer Bodenreform zugunsten der landlosen Bauern und der Rücktritt Maderos.

Letzterer verlor die Unterstützung jener, die ihn an die Macht gebracht hatten, ohne dabei die Unterstützung jener zu gewinnen, gegen die er an die Macht gelangt war. Victiano Huerta, ein Brigadegeneral aus der Zeit von Díaz, den Madero nicht nur wie die gesamte Elite Díaz’ übernommen, sondern sogar mit dem Oberkommando über die Armee betraut hatte, wandte sich gegen seinen Förderer, putschte 1913 gegen ihn und ließ ihn schließlich sogar töten. 

So wie einst Madero der Hoffnungsträger der Opposition gegen Díaz gewesen war, wurde nun Venustiano Carranza, der Gouverneur von Coahuila, zum Hoffnungsträger gegen Huerta. Wieder kämpften Villa im Norden und Zapata im Süden für den neuen Hoffnungsträger. Wieder war der Aufstand erfolgreich. Wie zuvor schon Díaz ging 1914 auch Huerta nach Europa ins Exil, allerdings mit dem Unterschied, dass er dort nicht blieb, sondern später in die USA reiste, wo er 1916 auch starb.

Wie einst Madero erwies sich auch Carranza für Zapata und Villa als Enttäuschung. Carranza strebte die Alleinherrschaft an und war nicht bereit, die Macht mit seinen einstigen Weggefährten zu teilen. Carranza hatte den Vorteil, dass er mit Álvaro Obregón einen sehr begabten militärischen Befehlshaber hatte. Der Autodi­dakt verstand es, mit dem Einsatz von Schützengräben, Maschinengewehren und Stacheldraht für die Verteidigung Lehren aus dem Ersten Weltkrieg zu ziehen. Von Obregón unterstützt, wandte sich Carranza als erstes gegen Villa im Norden. In der Entscheidungsschlacht um Ciudad Juárez vom 

15. und 16. Juni 1919 gelang es Carranza schließlich, mit US-amerikanischer Hilfe Villas Mannen zu marginalisieren.

Nun konnte sich Carranza ganz auf Zapata im Süden konzentrieren. Zu dessen Ausschaltung bediente sich der Präsident schließlich eines Hinterhalts. Auf seine Anweisung hin signalisierte sein Oberst Jesús Guajardo Zapata den Willen, die Seite zu wechseln. Als Zapata Beweise für Guajardos Sinneswandel forderte, tötete dieser mit Zustimmung Carranzas ungefähr 50 von dessen Männern. 

Auf Unterstützung dringend angewiesen, stimmte Zapata schließlich zu, Guajardo auf dessen Hacienda San Juan bei Chinameca in Morelos am 10. April 1919 zu besuchen. Als er mit einer zehnköpfigen Eskorte die Hacienda erreichte, erklang zur Begrüßung ein Horn. Das war das Signal für die auf den Dächern versteckten Schützen, das Feuer auf ihn zu eröffnen. Zapata hatte keine Chance und starb im Kugelhagel.

Wie er starben später auch Carranza, Guajardo, Villa und Obregón eines unnatürlichen Todes. Carranza, der sich gegen Villa und Zapata erfolgreich durchgesetzt hatte, wurde bereits 1920 von Obregón mit Unterstützung von Zapatisten weggeputscht und geriet auf der Flucht in einen tödlichen Hinterhalt. Mit Carranza fiel auch Guajardo. Dieser wurde noch im selben Jahr erschossen. 1923 wurde Villa Opfer eines tödlichen Attentats. Hinter dem gut organisierten Anschlag wird Obregóns Regierung vermutet, da Obregón und Villa unterschiedliche Männer für die Nachfolge Obregóns im Präsidentenamt favorisierten. Obregón wurde 1928 selbst Opfer eines tödlichen Attentats. Dem Täter, einem römisch-katholischen Priesteramtskandidaten, war Obregóns Politik zu antikirchlich. Im darauffolgenden Jahr wurde der Attentäter hingerichtet. Mexikos Geschichte in der damaligen Zeit ist geprägt von enttäuschten Hoffnungen, wechselnden Fronten und Koalitionen sowie tödlicher Gewalt.