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12.04.19 / Widerspruchslösung? / Jens Spahns Plan für mehr Organspenden stößt auf Widerstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-19 vom 12. April 2019

Widerspruchslösung?
Jens Spahns Plan für mehr Organspenden stößt auf Widerstand

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) möchte beim Thema Organspende die Widerspruchslösung auf den Weg bringen. Dafür hat er jetzt den ersten Gesetzentwurf vorgestellt. Der Widerspruch hat nicht lange auf sich warten lassen. 

Deutschland hinkt in Sachen Organspende im europäischen Vergleich weit hinterher. In der Bundesrepublik stehen derzeit etwa 10450 Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan, viele werden vergebens warten. Im vergangenen Jahr wurden nur 3599 Transplantationen vorgenommen, statistisch gesehen kommen neun Spender auf eine Million Einwohner. In Kroatien oder Spanien sind es dagegen zwischen 30 und 40. 

Geht es nach dem Bundesgesundheitsminister, soll nun jeder Bürger automatisch zum Organspender erklärt werden – es sei denn, er legt Widerspruch ein. Eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2018 hat nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur ergeben, dass 84 Prozent Organspenden positiv gegenüberstehen – einen Organspendeausweis haben aber nur 36 Prozent. Auf die Frage nach dem Warum sagte die Mehrheit: Ich habe mich noch nicht oder zu wenig damit beschäftigt.

Die Opposition in Berlin hält nichts von Spahns Zwang, automatisch zum Spender zu werden. „In der deutschen Verfassung ist, auch aufgrund unserer Geschichte, ganz klar verankert, dass man nicht einfach in den Körper eines Menschen eingreifen darf. Deshalb gibt es gegen Ihren Vorschlag auch große verfassungsrechtliche Bedenken. Es ist ja nicht einmal geklärt, ob das gesetzlich so umgesetzt werden kann“, sagte Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende der Grünen. Man müsse die Menschen mitnehmen und ihnen keine Angst machen. „Wenn wir wissen, dass laut Umfragen 84 Prozent der Menschen spenden wollen, dann müssen wir einen Ort finden, wo wir sie direkt darauf ansprechen können. Dann gibt es eben zusätzlich zur Beantragung des Personalausweises in Zukunft die Frage: ‚Möchten Sie Organspender sein, ja oder nein?“

Das Thema Organspende wird teilweise sehr emotional geführt. Experten warnten davor, dass es einen Wettlauf um Organe geben könnte. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland beklagt schon jetzt einen wachsenden Druck zur Organspende in deutschen Kliniken. Im Rahmen des am 1. April in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der Abläufe in der Transplantationsmedizin werde das Klinikpersonal verpflichtet, alles dafür zu tun, um eine Organspende zu ermöglichen, erklärte das Vorstandsmitglied Wolfgang Wodarg. Ärzte und Pflegekräfte müssten aber zuallererst ihren Patienten verpflichtet sein. Spahns Vorstoß könnte einen regelrechten Organhandel auslösen. Die Entscheidung zur Organspende müsse vom Gesetzgeber so geregelt werden, dass die Prinzipien ärztlichen und pflegerischen Handelns nicht zweitrangig würden. „Das Klinikpersonal darf hierbei nicht unter Druck gesetzt werden – auch nicht durch eine wachstumsorientierte Transplantationsbranche“, erklärte Wodarg.P.E.