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12.04.19 / »Uns trägt kein Volk« / Vor 100 Jahren löste das Bauhaus von Weimar aus eine Architektur-Revolution aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-19 vom 12. April 2019

»Uns trägt kein Volk«
Vor 100 Jahren löste das Bauhaus von Weimar aus eine Architektur-Revolution aus
Veit-Mario Thiede

Am 12. April 1919 gab die Regierung des Freistaates Sachsen-Weimar-Eisenach dem Antrag statt, der Vereinigung aus der ehemaligen Großherzoglichen Hochschule für bildende Kunst und der ehemaligen Großherzoglichen Kunstgewerbeschule den Namen „Staatliches Bauhaus in Weimar“ zu verleihen.

Den Namen „Bauhaus“ hatte sich Gründungsdirektor Walter Gropius ausgedacht. Sein Institut stieg zur weltweit berühmtesten Lehranstalt für Gestaltung, Architektur und Kunst auf.

Das Phänomen „Bauhaus“ weist, vom Namen abgesehen, keine Konstanten auf. Zunächst verkündete Gropius die neue Einheit von Kunst und Handwerk. Nach dem „Vorkurs“ genannten Probesemester schlossen sich die Schüler beiderlei Geschlechts einer der jeweils von einem für die handwerkliche Ausbildung sorgenden Werkmeister und einem für die künstlerische Seite zuständigen Formmeister geführten Werkstätten an, etwa der Tischlerei, der Weberei oder der Metallwerkstatt. Gropius berief namhafte Künstler wie Wassily Kandinsky und Paul Klee als Formmeister. Er überließ ihnen, was und wie sie lehrten. Zentrale Figur der frühen Jahre war Johannes Itten, Erfinder und Leiter des Vorkurses. Seine Ära wird das „expressionistische“ Bauhaus genannt.

Ungebeten sorgte ein Zugereister für eine Kurskorrektur am Bauhaus: der Niederländer Theo van Doesburg. Er war Propagandist der von Malern, Designern und Architekten begründeten De-Stijl-Bewegung, welche die Welt auf der Grundlage des Quadrates und der Primärfarben neu gestalten wollte. Doesburg veranstaltete 1921 und 1922 in Weimar Kurse, welche die Grundlagen funktionalen Gestaltens vermittelten und sich damit gegen Ittens „irrationale“ Lehre richteten. Die Kurse erfreuten sich regen Zulaufs von Seiten der jungen Bauhäusler.

Wegen zunehmender Unstimmigkeiten mit Gropius verließ Itten 1923 das Institut. Sein Nachfolger war László Moholy-Nagy. Er und Gropius sorgten mit Blick auf industrielle Fertigung für eine Neuorientierung unter dem Motto „Kunst und Technik – eine neue Einheit“. Dieses demonstrierte das Bauhaus auf seiner 1923 veranstalteten Leistungsschau. Sie machte die Lehranstalt international bekannt. Aber Klee konstatierte ernüchtert: „Uns trägt kein Volk.“ Und ebenso wenig tat das die neue konservative Landesregierung. Im September 1924 kündigte sie die Verträge des Direktors und der Meister zum 31. März 1925.

Auf Initiative des der SPD angehörenden Oberbürgermeisters Fritz Hesse zog das Bauhaus 1925 nach Dessau um und erhielt im Jahr darauf den Status einer Hochschule. Um nicht vollständig von städtischen Geldern abhängig zu sein, gründete Gropius die Bauhaus GmbH. Sie sorgte für den Vertrieb und die Lizenzvergabe der in den Werkstätten entwickelten Möbel, Lampen, Tapeten- und Stoffmuster. So entstand ein merkwürdiger Hybrid: das Bauhaus war Schule und Wirtschaftsunternehmen zugleich. 

Auf Vorschlag des 1928 zurück­getretenen Gropius übernahm Hannes Meyer die Bauhaus-Leitung. Er gab die Losung „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ aus. Meyer und eine Gruppe von Studenten bekannten sich zum Kommunismus. Aus dem Kreis der Bauhauslehrer wurde Meyer deswegen beim Oberbürgermeister angeschwärzt, was 1930 zur Entlassung des Direktors führte.

Sein Amt übernahm Ludwig Mies van der Rohe. Der schaffte den Vorkurs ab, schloss die Produktionswerkstätten und beschränkte das Bauhaus auf die Ausbildung von Architekten. Das hielt jedoch die inzwischen zur stärksten Kraft im Gemeinderat aufgestiegene NSDAP nicht davon ab, 1932 für die Schließung des Bauhauses zu sorgen. 

Mies führte das Bauhaus in einer ehemaligen Berliner Telefonfabrik als Privatinstitut weiter. Am 11. April 1933 durchsuchte die Gestapo das Gebäude und nahm vorübergehend 32 Studenten fest. Am 20. Juli beschlossen die Lehrkräfte, das Bauhaus aufzulösen.

(siehe Kommentar Seite 8)