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12.04.19 / Überschätzte Ikonen / Gropius und Co. als überbewertete Meister des modernen Bauens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-19 vom 12. April 2019

Überschätzte Ikonen
Gropius und Co. als überbewertete Meister des modernen Bauens

Nirgendwo sonst gibt es so viel Bauhaus-Architektur wie in Dessau. Zwölf Bauwerke sind öffentlich zugänglich. Die Gebäude sind Prototypen der Moderne mit unterschiedlichen Funktionen: Villa, Reihenhaus, Arbeitsamt oder Ausflugslokal. Weltberühmt ist das von Walter Gropius entworfene Schulgebäude mit seiner Glasvorhangfassade. Ebenso gehören die aus Kuben zusammengesetzten Meisterhäuser nach dem Entwurf von Gropius und die von Hannes Meyer entwickelten, dem sozialen Wohnungsbau angehörenden Laubenganghäuser zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Im bei Hirmer erschienenen Band „Bauhaus Architektur Dessau“ schreibt Florian Strob: „Das Bauhaus setzte sich nichts Geringeres zum Ziel, als durch moderne Gestaltung die Lebensverhältnisse der Menschen zu verändern und zu verbessern.“

Die Gebäude zeichnen sich durch Konstruktionen in Stahlguss und industriell vorgefertigte Bauteile aus. Meist sind sie kubisch rechtwinklig. Das Flachdach ist ihr Erkennungszeichen. Schmucklose Zweckmäßigkeit und kostensenkende Beschränkung auf das Wesentliche sind Trumpf. Da ist die Gefahr der Eintönigkeit groß. So lassen sich die von Gropius entworfenen 314 Reihenhäuser der Siedlung Dessau-Törten auf nur drei Grundtypen zurückführen. Doch von Anfang an setzten sich die Hausbesitzer gegen die Einheitlichkeit des Massenwohnungsbaus mit ausgeprägter Eigenwilligkeit zur Wehr. An- und Umbauten haben die ursprüngliche Monotonie beseitigt.

Durch eifrige Publikationstätigkeit sorgten Gropius und die Bauhäusler dafür, dass die Dessauer Bauten als Ikonen der Moderne angesehen werden. Das sind sie auch. Aber sie haben diese Bauweise weder erfunden noch gibt es einen unverwechselbaren „Bauhausstil“. Ihre Architektur reiht sich in die Bewegung des „Neuen Bauens“ ein. 

Martin Kieren lästert in dem Buch „Bauhaus – Das Standardwerk“, es sei ein Missverständnis, „das Bild der Architektur der 20er Jahre sei wesentlich vom Bauhaus erzeugt oder geprägt worden. Das Bauhaus bekam wesentliche Impulse von außen, die man im ,Institut‘ allerdings gerne für sich reklamierte.“V.M. Thiede