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12.04.19 / Selbst Müller reicht es / Berlins SPD-Bürgermeister verliert offensichtlich die Geduld mit seinen roten und grünen Koalitionspartnern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-19 vom 12. April 2019

Selbst Müller reicht es
Berlins SPD-Bürgermeister verliert offensichtlich die Geduld mit seinen roten und grünen Koalitionspartnern

Nur wenige Wochen, nachdem das Berliner Regierungsbündnis von SPD, Grünen und Linkspartei zur Halbzeit der Legislaturperiode eine Zwischenbilanz gezogen hat, kracht es in der Koalition.                                          Auf dem Parteitag der Berliner SPD am 30. März ging der SPD-Landeschef und Regierende Bürgermeister der Hauptstadt Michael Müller die beiden Koalitionspartner scharf an und sprach ihnen sogar den gesunden Menschenverstand ab. 

Zuletzt war die SPD wegen der beiden Partner daran gescheitert, das Berliner Polizeigesetz zu modernisieren. Die Sozialdemokraten wollen unter anderem elek­tronische Fußfesseln für Gefährder einführen und für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum auch mehr Videokameras zulassen. Insbesondere die Linkspartei lehnt diese Pläne unter Verweis auf den Koalitionsvertrag ab. Müller kritisierte auf dem Parteitag auch, dass Linkspartei und Grüne den U-Bahnausbau in Berlin blockierten.

Auf dem Parteitag kündigte Müller zudem an, nun seinerseits Vorhaben der Koalitionspartner zu blockieren: „Ich habe jetzt im Senat ein Revanchefoul gemacht. Ich habe im Senat zwei Sachen der Linken und Grünen blockiert.“

Der Parteitag zeigte allerdings nicht nur eine wachsende Entfremdung innerhalb von Rot-Rot-Grün. In wichtigen Fragen wirkt der SPD-Landeschef auch in der eigenen Partei zunehmend isoliert. Müller lehnt etwa die Enteignung großer Wohnungsbestände in Berlin ab. Im stark linksorientierten Berliner SPD-Landesverband gibt es für die Enteignungspläne dagegen deutliche Sympathien. 

Der Regierende Bürgermeister läuft Gefahr, dass er erneut von einer Entwicklung überrollt wird, wie dies schon zweimal der Fall war. 

Noch als Stadtentwicklungssenator hatte sich Müller für eine Bebauung des Tempelhofer Feldes ausgesprochen. Ein Volksentscheid stoppte vor fünf Jahren die Pläne. Als Regierender Bürgermeister kassierte Müller auch in der Frage der Schließung des Flughafens Tegel eine Niederlage. In einem Volksentscheid sprach sich eine knappe Mehrheit für dessen Offenhaltung aus. 

Auf ihrem Parteitag legte sich die Berliner SPD in der Frage der Enteignung von großen Wohnungsunternehmen zunächst noch nicht fest. Das entsprechende Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ist am 6. April gestartet. Deutschlandweit für Aufsehen sorgten die SPD-Genossen mit dem Beschluss, Jugendoffizieren der Bundeswehr Auftritte an den Berliner Schulen zu verbieten. 

Abzuwarten bleibt, wie die Berliner Wähler den Streit in der rot-rot-grünen Koalition und Müllers Agieren bewerten. Zur Halbzeit der Wahlperiode sind die Berliner Sozialdemokraten in der Wählergunst auf den vierten Platz abgerutscht. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der „Berliner Zeitung“ landete die Berliner SPD im März nur noch bei 15 Prozent. Die mitregierenden Grünen stoßen mit 25 Prozent auf deutlich mehr Zustimmung, auch die Linkspartei und die CDU, die jeweils bei 18 Prozent liegen.

Im Umfrageergebnis noch nicht berücksichtigt waren die Ergebnisse des SPD-Parteitags, aber auch nicht die jüngste Entwick­lung in der Berliner CDU. Bei der Union deutet sich nicht nur ein personeller Wechsel an, sondern auch eine Richtungsänderung. Der Spandauer CDU-Politiker Kai Wegner, der im Mai als neuer Landeschef der Berliner CDU kandieren will, kündigte an, er wolle die Partei wieder konservativer ausrichten. Gegenüber dem Sender RBB sagte Wegner, das Angebot der CDU müsse über das einer liberalen Großstadtpartei hinausgehen, die CDU müsse eine Alternative zum rot-rot-grünen Senat aufzeigen.

Nachdem Monika Grütters auf dem Parteitag im Mai nicht mehr als CDU-Landesvorsitzende kandidieren will, ist Wegner bislang der einzige Bewerber für das Amt.   N.H.