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12.04.19 / Der Mann hinter Haldenwang / Um den Vizechef des Verfassungsschutzes, Sinan Selen, ranken sich Gerüchte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-19 vom 12. April 2019

Der Mann hinter Haldenwang
Um den Vizechef des Verfassungsschutzes, Sinan Selen, ranken sich Gerüchte
Wolfgang Kaufmann

Während Thomas Haldenwang als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) beständig im Blickfeld der Medien und der Öffentlichkeit steht, erscheinen seine beiden neuernannten Stellvertreter Michael Niemeier und Sinan Selen sehr viel seltener im Rampenlicht. 

Dabei handelt es sich zumindest im Falle von Selen um eine durchaus interessante Personalie. 1972 in Istanbul geboren, kam er vier Jahre später mit seinen Eltern, zwei Journalisten, nach Deutschland. Später studierte der Immigrantensohn, der inzwischen keinen türkischen Pass mehr besitzen soll, Rechtswissenschaften. 

Dann machte er ab 2000 Karriere im Bundeskriminalamt (BKA) sowie im Bundespolizeipräsidium (BPOLP) und dem Bundesministerium des Innern (BMI). So bekleidete er unter anderem folgende Posten: Referatsleiter Ausländerterrorismus und -extremismus im BMI (2006–2009), Ständiger Vertreter des Abteilungsleiters Kriminalitätsbekämpfung im BPOLP (2009–2012) und Mitarbeiter in der Abteilung Öffentliche Sicherheit im BMI (2012–2016). Als Chef einer Ermittlergruppe des BKA war Selen 2006 an der Dingfestmachung von zwei radikalen Moslems beteiligt, die Kofferbomben in Regionalzügen platziert hatten, welche aber glücklicherweise nicht explodiert waren. Außerdem gehörte er zur Sonderkommission des BKA zur Untersuchung der Aktivitäten der Todespiloten des 11. September 2001 auf deutschem Boden. 

Insofern scheint Selen tatsächlich der geeignete Mann für den Posten zu sein, den er am 21. Januar 2019 antrat, denn ihm soll das operative Geschäft des Verfassungsschutzes obliegen, während sich Haldenwang vorrangig um politische Fragen kümmert.

Trotzdem aber wurden im Vorfeld seiner Ernennung kritische Stimmen laut. Manche unterstellten ihm sogar, Agent des türkischen Geheimdienstes MIT zu sein und nun als „Trojanisches Pferd“ wichtige Interna des Verfassungsschutzes zu verraten. Für eine solche Maulwurfstätigkeit ist Selens Position freilich viel zu exponiert. 

Aber ein Signal an die Adresse Ankaras könnte seine Ernennung schon darstellen. Immerhin gehörte der türkische Muttersprachler auch zu den Beauftragten der Bundesregierung, die anlässlich der Aushandlung des Asyldeals zwischen der EU und Ankara an Beratungen über Maßnahmen zur gemeinsamen Terrorabwehr teilnahmen – seither kennt und schätzt man Selen in der Türkei. 

Außerdem wäre da noch seine Auszeit vom Verfassungsschutz zwischen 2016 und 2018, in der er als Sicherheitsbeauftragter des weltgrößten Touristikkonzerns TUI fungierte: TUI-Urlauber sind wichtige Devisenbringer für Ankara, wo man mit großer Erleichterung registrierte, dass die Buchungszahlen in jüngster Zeit wieder stark angestiegen sind, weil die Reisenden die Türkei offenkundig für sicherer halten als in den Jahren zuvor.

Jedenfalls jubelte nun die Zeitung „Daily Sabah“, ein Sprachrohr der Erdogan-Partei AKP: „Nach den Skandalen um den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen … wird Selens Ernennung zum Vize als wichtiger Schritt betrachtet.“ Und damit kam ein weiterer entscheidender Punkt zur Sprache:  Maaßen gilt im Gegensatz zu Selen als harscher Kritiker der Türkei – insbesondere geißelte er deren zunehmende Islamisierung, die das Land immer mehr zu einer Basis für diverse Terrororganisationen mache. 

Darüber hinaus ist der frühere BfV-Chef in Ankara verhasst, weil er die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes in der Bundesrepublik aufgedeckt hatte. Ist die Berufung von Selen im Nachgang zu Maaßens Entmachtung also ein Anbiederungsversuch gegenüber dem „Sultan vom Bosporus“?