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12.04.19 / 100 Jahre Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-19 vom 12. April 2019

100 Jahre Europa
W. Kaufmann

Zwischen der Schlacht von Belle Alliance (Waterloo) 1815 und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 war Europa die Weltmacht schlechthin. Das resultierte aus den enormen Veränderungen beziehungsweise Fortschritten in Kultur, Politik und Technik. Hierüber erzählt der renommierte britische Historiker Richard J. Evans in seinem monumentalen 1000-Seiten-Werk „Das europäische Jahrhundert. Ein Kontinent im Umbruch.“

Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die zahlreichen Revolutionen nach dem Ende der Napoleonischen Kriege sowie den Aufstieg des Nationalismus und die daraus resultierenden Staatengründungen. Offensichtlich stellte der Nationalstaat ein Erfolgsmodell ersten Ranges dar. Das lässt das Treiben der geschichtsvergessenen EU-Bürokraten und Zentralisierungsfetischisten in einem ziemlich düsteren Licht erscheinen und erklärt die heutige Existenzkrise der Europäischen Union. 

Und auch sonst taugt das „europäische Jahrhundert“, wie Evans es höchst kenntnisreich und detailliert in acht umfangreichen Kapiteln beschreibt, durchaus als Vorbild für die heutige Zeit: Europas Fortschritt und Machtentfaltung basierte zwischen 1815 und 1914 neben dem Nationalismus gleichermaßen auf dem Wegfall anachronistisch gewordener Denkverbote und gesellschaftlicher Hemmnisse, der konsequenten Verfolgung berechtigter Eigeninteressen gegenüber jedweder äußeren Konkurrenz, der Bereitschaft und Fähigkeit zu umfassender Modernisierung und Mobilität sowie dem Tun von Menschen, welche den Mut hatten, ihre Visionen zu verwirklichen. Dagegen verblassen die Schattenseiten dieser ereignisreichen 100 Jahre, auf denen vielfach so masochistisch herumgeritten wird.

Richard J. Evans: „Das europäische Jahrhundert. Ein Kontinent im Umbruch – 1815-1914“, Deutsche-Verlags-Anstalt, München 2018, gebunden, 1023 Seiten, 48 Euro